Night Team. Michael Connelly. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Connelly
Издательство: Bookwire
Серия: Red Eye
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783311702191
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in ihren Kisten durchgesehen. Bosch ging auf den Flur hinaus und brachte eine neue Kiste für Ballard herein. Dann holte er auch für sich eine.

      »Wie lang können Sie das machen?«, fragte Ballard.

      »Heute Nacht, meinen Sie?«, sagte Bosch. »Bis halb sechs. Um sechs muss ich im Valley oben sein. Könnte sein, dass sich das den ganzen Tag zieht. Wenn dem so ist, komme ich morgen Abend wieder her.«

      »Wann schlafen Sie?«

      »Wenn ich kann.«

      Sie hatten sich etwa zehn Minuten lang die neuen Kisten vorgenommen, als Ballards Funkgerät zu rauschen begann. Ballard meldete sich, und Munroe teilte ihr mit, dass wegen eines Einbruchs in einem bewohnten Haus im Sunset Boulevard ein Detective benötigt wurde.

      Ballard schaute auf den Kartenstapel vor ihr und antwortete über Funk: »Brauchen Sie dafür wirklich einen Detective, L.T.?«

      »Sie haben einen angefordert. Wieso? Sind Sie gerade mit was anderem beschäftigt?«

      »Nein, ich bin schon unterwegs.«

      »Alles klar. Sagen Sie mir Bescheid, was dort los ist.«

      Ballard stand auf und sah Bosch an.

      »Ich muss weg und kann Sie nicht hierlassen.«

      »Wirklich nicht? Ich bleibe hier und hacke weiter Holz.«

      »Sie sind aber nicht beim LAPD. Ich darf Sie nicht unbeaufsichtigt lassen. Wenn jemand reinkommt und Sie hier sieht, machen sie mir die Hölle heiß.«

      »Na schön. Und was soll ich jetzt machen? Mit Ihnen mitkommen?«

      Ballard überlegte kurz. Das ginge.

      »Sie könnten Folgendes tun«, schlug sie ihm vor. »Nehmen Sie einfach einen Stapel Karten mit. Die können Sie dann im Auto weiter durchgehen, während ich am Tatort nach dem Rechten sehe. Hoffentlich brauche ich nicht lange.«

      Bosch bückte sich und nahm einen dicken Packen Karten aus der Kiste neben seinem Schreibtisch.

      »Dann mal los«, sagte er.

      Der Einbruch war nicht einmal fünf Minuten von der Station entfernt erfolgt. Ballard kam die Adresse bekannt vor, aber zuordnen konnte sie sie erst, als sie dort eintrafen und sahen, dass es das Sirens on Sunset war, ein Stripclub. Da er noch aufhatte, wunderte sich Ballard ein wenig, dass es dort zu einem Einbruch gekommen war.

      Die Valet-Zone wurde von einem Streifenwagen blockiert. Ballard hielt hinter ihm an. Da sie wusste, dass zwei Funkstreifen am Tatort waren, nahm sie an, dass das andere Auto in der Einfahrt hinter dem Club stand.

      »Das könnte interessant werden«, bemerkte Bosch.

      »Nicht für Sie«, sagte Ballard. »Sie warten hier.«

      »Jawohl, Ma’am.«

      »Ich hoffe mal, dass es nichts Größeres ist und ich gleich wieder zurück bin. Sie können sich ja schon mal wegen Code 7 Gedanken machen.«

      »Haben Sie Hunger?«

      »Im Moment noch nicht, aber ich brauche eine Mittagspause.«

      Ballard nahm ihr Funkgerät aus der Ladestation in der Mittelkonsole und stieg aus.

      »Wo haben sie um diese Zeit noch auf?«, fragte Bosch.

      »Fast nirgendwo.«

      Sie schloss die Tür und ging auf den Eingang des Sirens zu.

      Der innere Eingangsbereich war in gedämpftes Rotlicht getaucht. Es gab eine Kasse mit einem Türsteher und einem Kassierer und einen von roten Samtseilen flankierten Zugang, der durch einen Bogendurchgang in den Club führte. Ballard konnte drei kleine rot eingefasste Bühnen unter Deckenschirmen im Pseudo-Tiffany-Stil erkennen. Auf den Bühnen standen Frauen in unterschiedlichen Stadien der Entkleidung, aber die Zahl der Besucher hielt sich in Grenzen. Ballard sah auf die Uhr. Zwanzig vor drei, und der Club war bis vier geöffnet. Ballard zeigte dem Türsteher ihre Dienstmarke.

      »Wo sind die Officers?«, fragte sie.

      »Ich bringe Sie nach hinten«, sagte der Mann.

      Er öffnete eine Tür, die wie die Wände mit paisleygemustertem rotem Samt bespannt war, und führte sie einen dunklen Gang hinunter zu der offenen Tür eines hell beleuchteten Büros. Dann kehrte er wieder nach vorn zurück.

      In dem kleinen Raum drängten sich drei Streifenpolizisten um einen an einem Schreibtisch sitzenden Mann. Ballard nickte ihnen zu. Es waren Dvorek, der das Kommando hatte, sowie Herrera und Dyson, die Ballard gut kannte, weil sie eins der wenigen rein weiblichen Teams in der Late Show waren und Ballard sich oft für Code 7 mit ihnen traf. Herrera, die Ranghöhere von beiden, hatte vier Streifen am Ärmel. Ihre Partnerin hatte nur einen. Beide Frauen trugen ihr Haar kurz, damit es im Nahkampf keine Angriffsfläche bot. Ballard wusste, dass die beiden nach ihrer Schicht regelmäßig im Fitnessstudio trainierten, was sich an ihren Schultern und Oberarmen zeigte. Sie wussten sich bei Handgreiflichkeiten zu behaupten, und von Dyson hieß es, dass sie es geradezu darauf anlegte.

      »Detective Ballard, gut, dass Sie kommen«, sagte Dvorek. »Das ist Mr. Peralta, der Geschäftsführer dieses schönen Etablissements. Er hat um Ihr Erscheinen gebeten.«

      Ballard sah den Mann hinter dem Schreibtisch an. Er war Mitte fünfzig, übergewichtig, mit nach hinten geklatschtem schwarzem Haar und scharf konturierten Koteletten. Er trug eine grellrote Weste über einem schwarzen Hemd. An der Wand hinter seinem Stuhl hing ein gerahmtes Poster einer nackten Frau an einer Poledance-Stange, die ihr Geschlecht nur so weit verdeckte, dass noch zu erkennen war, dass ihre Schambehaarung in Form eines kleinen Herzens gestutzt war. Rechts von ihm stand ein Videomonitor, auf dessen sechzehn Bildausschnitten Bühnen, Bars und Ausgänge des Clubs zu sehen waren. In einem dieser Segmente sah Ballard sich selbst aus dem Blickwinkel einer über ihrer rechten Schulter angebrachten Kamera.

      »Was kann ich für Sie tun, Sir?«, fragte sie.

      »Ich glaub’s nicht, ein Traum ist wahr geworden«, sagte Peralta. »Besteht das LAPD neuerdings nur noch aus Frauen? Möchten Sie einen Nebenjob?«

      »Sir, haben Sie ein Problem, das ein Eingreifen der Polizei erfordert oder nicht?«, erwiderte Ballard.

      »Allerdings«, sagte Peralta. »Ich habe tatsächlich ein Problem – jemand will bei uns einbrechen.«

      »Jemand will bei Ihnen einbrechen? Warum sollte jemand bei Ihnen einbrechen wollen, wenn er nur zur Tür reinzugehen braucht?«

      »Das frage ich mich auch. Tatsache ist jedenfalls, dass dem so ist. Sehen Sie sich das mal an.«

      Er drehte sich zum Monitor und zog einen Tastaturauszug hervor. Er gab kurz etwas ein, worauf die Bildausschnitte einem Grundriss des Clubs wichen.

      »Ich überwache alle Zugänge zum Gebäude«, erklärte Peralta. »Jemand war auf dem Dach und hat sich an den Oberlichtern zu schaffen gemacht. Anscheinend wollen sie von dort einsteigen.«

      Ballard beugte sich zum Monitor vor, auf dem zu sehen war, dass an zwei der Oberlichter eine kleine Öffnung klaffte.

      »Wann ist das passiert?«, fragte sie.

      »Heute Abend«, sagte Peralta. »Vor etwa einer Stunde.«

      »Warum könnte hier jemand einbrechen wollen?«

      »Na, warum wohl. Bei uns wird fast ausschließlich bar bezahlt, und ich bin nicht so blöd, hier um halb fünf morgens mit einem Sack Bargeld unterm Arm rauszumarschieren. Erst mal schließe ich die Tageseinnahmen im Safe ein, und dann komme ich ein-, zweimal die Woche – tagsüber – her, um das Geld auf die Bank zu bringen, und zwar immer zusammen mit zwei Typen, denen lieber keiner dumm kommen sollte und die mich keine Sekunde aus den Augen lassen.«

      »Wo ist der Safe?«

      »Sie stehen drauf.«

      Ballard blickte nach unten. Die Streifenpolizisten wichen an die Wände des Büros zurück. In den Dielenboden