2. Frage.
[Forts.] Welches Bekenntniß müssen die von einander fordern, welche auf eine Gott wohlgefällige Weise mit einander leben wollen?
Antwort. Das von dem Herrn Jedem, der zu uns kommt, vorgeschriebene Bekenntniß, welches heißt: „Wenn mir Jemand nachfolgen will, so verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“38 Was ein jedes dieser Worte bedeute, ist in der Frage hierüber (ausführliche Regeln n. 8) gesagt worden.
3. Frage.
Wie ist der Sünder zu bekehren oder wie, wenn er sich nicht bekehrt, zu behandeln?
Antwort. Wie uns vom Herrn geboten ist, der sagt: „Hat dein Bruder gesündigt, so gehe hin und verweise es ihm zwischen dir und ihm allein. Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder gewonnen; hört er nicht auf dich, so nimm noch Einen oder Zwei mit dir, damit die ganze Sache aus dem Munde zweier oder dreier Zeugen beruhe. Hört er aber auch auf diese nicht, so sage es der Kirche; hört er aber auf diese nicht, so sei er dir wie ein Heide und öffentlicher Sünder.“39 Wenn Dieses nun freilich geschieht, so ist für einen Solchen diese Bestrafung durch Viele hinreichend,40 zumal der Apostel schreibt: „Überführe, strafe, bitte mit aller Geduld und Belehrung;“41 und wiederum: „Wenn aber Jemand unserm Worte nicht gehorcht, so bezeichnet Diesen in euerem Briefe und habet keine Gemeinschaft mit ihm, auf daß er sich bekehre.“42
4. Frage.
Wenn Jemand auch wegen geringer Sünden die Brüder beängstigt, indem er sagt: Ihr müßt euch belehren; ist ein Solcher nicht unbarmherzig und verletzt die Liebe?
Antwort. Da der Herr behauptet, kein Jota oder kein Punkt werde von dem Gesetze vergehen, bis Alles geschehen sei43 und da er erklärt, die Menschen würden über jedes müßige Wort, das sie reden, am Tage des Gerichts Rechenschaft geben,44 so dürfen wir Nichts als gering verachten; „denn wer eine Sache verachtet,“ sagt Salomon, „der wird ihretwegen verachtet.“45 Und anderseits, welche Sünde wird Jemand gering zu nennen wagen, da der Apostel ausdrücklich sagt, daß „du durch die Übertretung des Gesetzes Gott entehrst“?46 Ist aber die Sünde der Stachel des Todes, nicht diese oder jene, sondern jede Sünde ohne Unterschied, so ist Der unbarmherzig, welcher dazu schweigt, nicht welcher sie tadelt, wie Derjenige, welcher dem von einer giftigen Schlange Gebissenen das Gift läßt, nicht wer es fortschafft. Ein Solcher zerstört auch die Liebe; denn es steht geschrieben: „Wer die Ruthe schont, der haßt seinen eigenen Sohn; wer ihn aber liebt, der hält ihn fleissig in Zucht.“47
5. Frage.
Wie soll man für jede Sünde Buße suchen, und welche würdige Früchte der Buße soll man zeigen?
Antwort. Er soll die Gesinnung dessen annehmen, der sagt: „Ich hasse die Ungerechtigkeit und verabscheue sie“,48 und thun, was im sechsten Psalm und in vielen anderen gesagt ist, und was nach dem Zeugnisse des Apostels die gethan haben, die eines Sünders wegen in gottgefällige Traurigkeit versetzt wurden. „Denn siehe,“ sagt er, „eben Dieses, daß ihr in gottgefällige Traurigkeit versetzt wurdet, welche Bereitwilligkeit hat Das bei euch bewirkt, ja welche Entschuldigung, Unwillen, Furcht, ja welches Verlangen, welche Ahndung, welchen Straf-Eifer in Allem habt ihr bewiesen, daß ihr rein seid in der Sache?“49 Ferner soll er oftmals die entgegengesetzte Tugend üben.
6. Frage.
Was ist von Dem zu halten, der mit dem Munde Buße thut, aber die Sünde nicht ablegt?
Antwort. Von einem Solchen gilt, was geschrieben steht: „Wenn dich der Feind mit lauter Stimme bittet, so traue ihm nicht; denn sieben Bosheiten sind in seiner Seele.“50 Und an einer anderen Stelle: „Wie der Hund, wenn er zurückkehrt zu Dem, was er ausgespieen, häßlich wird, ebenso ist der Mensch, der durch seine eigene Bosheit zur Sünde zurückkehrt.51
7. Frage.
Welches Gericht kommt über Die, welche die Sünder in Schutz nehmen?
Antwort. Ein schwereres, glaube ich, als über Den, welchem gesagt ist: „Es wäre besser für ihn, wenn ein Mühlstein an seinen Hals gehängt und er in’s Meer versenkt würde, als daß er eines von diesen Kleinen ärgert.“52 Denn Der, welcher gesündigt hat, wird dann nicht mehr bestraft zur Besserung, sondern entschuldigt zur Bestärkung in der Sünde, auch verleitet er Andere zu ähnlichen Vergehen. Daher paßt auf Den, der die Sünder in Schutz nimmt, wenn er nicht würdige Früchte der Buße aufweist, Das, was der Herr sagt: „Wenn dich dein rechtes Auge ärgert, so reisse es aus und wirf es von dir; denn es ist besser für dich, daß eines deiner Glieder verloren geht, als daß dein ganzer Leib in die Hölle geworfen werde.“53
8. Frage.
Wie hat man sich gegen einen aufrichtig Büssenden zu beweisen?
Antwort. Wie der Herr lehrte, indem er sagt: Er ruft seine Freunde und Nachbarn zusammen und spricht zu ihnen: „Freuet euch mit mir, denn ich habe mein Schaf gefunden, das verloren war.“54
9. Frage.
Wie hat man sich gegen einen unbußfertigen Sünder zu benehmen?
Antwort. Wie der Herr befohlen hat, da er sagte: „Wenn er aber auch die Kirche nicht hört, so sei er dir wie ein Heide und öffentlicher Sünder,“55 und wie der Apostel gelehrt hat, indem er schrieb: „Entziehet euch jedem Bruder, der unredlich wandelt und nicht nach der Überlieferung, die er von uns empfangen hat.“56
10. Frage.