Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch). William Shakespeare. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Shakespeare
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075833631
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nichts böses zu bedeuten.

      Othello.

       Warum zu deiner eignen Befriedigung?

      Jago.

       Ich glaubte nicht, daß er etwas davon gewußt habe.

      Othello.

       Oh, ja, das hat er, und er war oft die Mittels-Person zwischen uns beyden.

      Jago.

       In der That!

      Othello.

       In der That? Ja, in der That! Siehst du was hierinn? Ist er nicht ein rechtschaffner Mann?

      Jago.

       Rechtschaffen, Gnädiger Herr?

      Othello.

       Rechtschaffen? Ja, rechtschaffen!

      Jago.

       Gnädiger Herr, so viel ich weiß.

      Othello.

       Was denkst du?

      Jago.

       Denken, Gnädiger Herr!

      Othello.

       Denken, Gnädiger Herr! Wie, beym Himmel! Was meynst du damit, daß du mir immer nachhallest, gleich als ob irgend ein Ungeheuer, zu gräßlich um gezeigt zu werden, in deinen Gedanken verborgen läge? Du meynst etwas damit; vor einer kleinen Weile hört' ich dich sagen, das gefalle dir nicht wie Cassio von meinem Weibe weggieng. Was gefiel dir nicht? Und wie ich dir sagte, er sey während dem ganzen Lauf meiner Bewerbung um Desdemona mein Vertrauter gewesen, riefst du, in der That? und zogst deine Augbraunen auf eine Art zusammen, als ob du in selbem Augenblik irgend einem scheußlichen Gedanken in deinem Gehirn den Ausgang versperren wolltest: Wenn du mein Freund bist, so sage mir was du denkst.

      Jago.

       Gnädiger Herr, ihr wißt, daß ich euer Freund bin.

      Othello.

       Ich denke, du bist's: Und weil ich weiß, daß du ein gutherziger, ehrlicher Mann bist, und deine Worte wiegst, eh du ihnen Athem giebst, so schreken mich diese Pausen an dir; denn wenn es an einem falschen unredlichen Spizbuben ein Kunstgriff oder auch oft bloß ein angewöhntes Wesen ist, das nichts zu bedeuten hat; so ist es hingegen an einem rechtschaffnen Mann ein Zeichen, daß er sich Mühe giebt etwas in seinem Herzen zurück zu halten, dessen Entdekung schlimme Folgen habe könnte.

      Jago.

       Was Michael Cassio betrift, so darf ich schwören, daß ich ihn für einen ehrlichen Mann halte.

      Othello.

       Dafür halt' ich ihn auch.

      Jago.

       Die Leute sollten seyn, was sie scheinen; oder die es nicht sind, von denen wäre zu wünschen, daß sie auch so aussähen, wie Schelmen.

      Othello.

       Es ist wahr, die Leute sollten seyn, was sie scheinen.

      Jago.

       Nun, ich denke also, Cassio ist ein ehrlicher Mann.

      Othello.

       Nein, du willt mehr damit sagen; ich bitte dich, rede mit mir, wie mit deiner eignen Seele, und gieb deinem ärgsten Gedanken auch den ärgsten Ausdruk.

      Jago.

       Mein liebster General, verschonet mich. Ob ich euch gleich einen vollkommnen Gehorsam schuldig bin, so bin ich doch dazu nicht verbunden, worinn alle Sclaven frey sind euch meine Gedanken zu sagen Wie? gesezt, sie seyen einmal falsch, schändlich; wo ist der Pallast, in den sich nicht zuweilen garstige Dinge eindrängen? Wer hat ein so reines Herz, das nicht manchmal unziemliche Vorstellungen sich unter seine guten Gedanken einmischen sollten?

      Othello.

       Du bist ein Verräther an deinem Freund, Jago, wenn du glaubst, er werde betrogen, und ihm doch nicht entdekest was du denkst.

      Jago.

       Ich denke, daß ich mich vielleicht in meiner Muthmassung betrüge; (wie ich dann bekennen muß, daß es ein unglüklicher Fehler meines Temperaments ist, zum Mißtrauen geneigt zu seyn, und mir eine Sache manchmal schlimmer einzubilden als sie ist,) ich bitte euch also, Gnädiger Herr, euch selbst aus den ungefehren und unsichern Bemerkungen eines Menschen, den sein Argwohn so leicht betrügen kan, keine Ursachen zur Unruhe zu ziehen: Es wäre nicht gut für euch, und nicht ehrlich und vernünftig an mir, wenn ich euch meine Gedanken wollte wissen lassen.

      Othello.

       Was meynst du damit?

      Jago.

       Der gute Name, mein liebster gnädiger Herr, ist bey Manns- und Weibsleuten ein Kleinod das ihnen so theuer seyn soll als ihre Seele. Wer mir mein Geld stiehlt, stiehlt Quark; es ist etwas und ist nichts; es war mein, nun ists sein, und ist schon ein Sclave von Tausenden gewesen; aber wer mir meinen guten Namen nimmt, beraubt mich eines Schazes, der ihn nicht reicher und mich in der That arm macht.

      Othello.

       Ich will wissen, was du denkst

      Jago.

       Ihr könntet das nicht, wenn ihr gleich mein Herz in eurer Hand hättet; und sollt es nicht, so lang es in meiner Verwahrung ist.

      Othello.

       Ha!

      Jago.

       Oh, Gnädiger Herr, nehmt euch vor der Eifersucht in Acht; sie ist ein grün-äugiges Ungeheuer, das sich toller Weise von demjenigen nährt was es am meisten verabscheut. Mancher betrogne Ehemann ist seines Schiksals gewiß, ohne desto unglüklicher zu seyn, weil ihm seine Ungetreue gleichgültig ist Aber, owas für unselige Minuten zählt derjenige über, der vor Liebe schmachtet und doch zweifelt; der argwöhnet, und nur desto heftiger liebt!

      Othello.

       Ein elender Zustand, beym Himmel!

      Jago.

       Arm und zufrieden, ist reich und reich genug; aber ein unermeßlicher Reichthum ist so arm als der Winter für denjenigen, der immer besorgt, es werde ihm ausgehen. Gütiger Himmel! bewahre alle menschlichen Herzen vor Eifersucht!

      Othello.

       Wie? Was meynst du damit? Denkst du, ich wollte jemals mein Leben in Eifersucht zubringen? Die Monds-Veränderungen unverwandt mit argwöhnischen Augen begleiten? Nein, einmal zweifeln heißt bey mir entschlossen seyn. Tausche mich gegen eine Ziege aus, wenn ich jemals fähig bin meine Seele so mißgeschaffnen Gespenstern einer kranken Phantasie Preiß zu geben, als du dir einbildest. Das kan mich nicht eifersüchtig machen, wenn jemand sagt, mein Weib ist schön, ißt mit gutem Appetit, liebt Gesellschaft, ist munter, gesprächig, singt, spielt und tanzt gut; an einer tugendhaften Person werden diese Dinge selbst zu Tugenden. Eben so wenig werd' ich jemals von meinen eignen Unvollkommenheiten Anlas zum kleinsten Zweifel oder Verdacht einer Untreue von ihrer Seite nehmen; denn sie hatte Augen und wählte mich. Nein, Jago; ich will sehen eh ich zweifle; wenn ich zweifle, so will ich Beweise; und sobald ich diese habe, weg auf einmal mit Liebe und Eifersucht!

      Jago.

       Das hör' ich sehr gerne; dann nun darf ich mir also kein Bedenken mehr machen, euch die Freundschaft und Ergebenheit sehen zu lassen, die ich zu euch trage. Nehmt also was ich sagen werde so auf, wie es gemeynt ist. Ich rede noch nicht von Beweisen; gebt auf eure Gemahlin Acht, habt ein aufmerksames Auge auf sie und Cassio, das ist alles was ich sagen kan: Nicht eifersüchtig, aber auch nicht sicher; ich möchte nicht gerne, daß ein so edles Gemüthe wie das eurige, aus einem Uebermaaß von angebohrner Gutherzigkeit betrogen würde; seht euch also vor. Ich kenne die Venetianische Landes-Art; in Venedig bekümmern sie sich wenig, ob der Himmel ein Zeuge ihrer Streiche ist, wenn nur ihre Männer nichts davon gewahr werden; ihre gröste Gewissenhaftigkeit geht insgemein nicht weiter, als daß sie niemand zusehen lassen, wenn sie sündigen.

      Othello.

       Sagst du das?

      Jago.

       Sie betrog ihren Vater,