Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch). William Shakespeare. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Shakespeare
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075833631
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weiter gehen, als er durch politische Ursachen sich genöthigt sehen wird.

      Cassio.

       Sehr wohl, Gnädige Frau; aber diese politische Freundschaft kan so lange währen, und indeß mit einer so leichten und wäßrichten Nahrung unterhalten werden, daß, indem ich abwesend bin, und ein andrer meine Stelle inne hat, mein General meiner Ergebenheit und meiner Dienste endlich gänzlich vergessen wird.

      Desdemona.

       Macht euch keine solche Gedanken; hier in Aemiliens Gegenwart verbürg' ich mich selbst für deine Stelle. Versichre dich, wenn ich meine Freundschaft verspreche, so darf man sich darauf verlassen, daß ich ihre Pflichten bis auf den äussersten Punkt erfüllen werde. Mein Gemahl soll keine Ruhe haben, bis er sich ergeben wird; er soll Tag und Nacht nichts anders hören, ich will ihn bis in sein Bette damit verfolgen, und er soll nichts sagen noch thun können, wovon ich nicht den Anlas nehme, ihn an Cassio's Gesuch zu erinnern; sey also ruhig, Cassio; deine Sachwalterin soll eher das Leben lassen, ehe sie deine Sache aufgeben soll.

      VIERTE SCENE

       Inhaltsverzeichnis

      Othello und Jago treten von der Seite, in einiger Entfernung auf.

      Aemilia.

       Gnädige Frau, dort kommt euer Gemahl.

      Cassio.

       So will ich meinen Abschied nehmen, Gnädige Frau.

      Desdemona.

       Warum dann? Bleibt da, und hört mich reden.

      Cassio.

       Izt nicht, Gnädige Frau; ich bin so übel aufgeräumt, daß ich meiner Sache keinen guten Schwung geben würde.

      (Cassio geht ab.)

      Desdemona.

       Gut, nach euerm Belieben.

      Jago

       (leise.)

       Ha! Das gefällt mir nicht zum Besten

      Othello

       (zu Jago.)

       Was sagst du?

      Jago.

       Nichts, Gnädiger Herr; oder wenn ich weiß selbst nicht was.

      Othello.

       Gieng nicht diesen Augenblick Cassio von meiner Frauen weg?

      Jago.

       Cassio, Gnädiger Herr? Nein, versichert, ich kan mir nicht vorstellen, daß er sich, sobald er euch kommen sieht, so eilfertig davon schleichen würde, als ob er kein gutes Gewissen hätte.

      Othello.

       Ich glaube nicht anders als er war's.

      Desdemona.

       Wie steht's, mein Gemahl? Ich sprach eben izt mit einem Supplicanten, einem Mann, den eure Ungnade sehr unglüklich macht.

      Othello.

       Und wer ist dieser Mann?

      Desdemona.

       Wer sollt es seyn als euer Lieutenant, Cassio? Liebster Gemahl, wenn ich nur das mindeste Vermögen über euer Herz habe, so söhnt euch auf der Stelle wieder mit ihm aus. Wenn er nicht ein Mann ist, der euch aufrichtig liebt, und der aus blosser Uebereilung und nicht mit Vorsaz gefehlt hat, so versteh ich nichts davon was ein ehrliches Gesicht ist.

      Othello.

       War er's, der nur eben weggieng?

      Desdemona.

       Und so niedergeschlagen, daß er meinem mitleidigen Herzen einen Theil seines Kummers zurükgelassen hat. Ich bitte euch, mein Schaz, laßt ihn zurükruffen.

      Othello.

       Noch nicht, liebste Desdemona, ein andermal.

      Desdemona.

       Aber doch bald?

      Othello.

       Bald genug, mein Herz, für dich.

      Desdemona.

       Heute, Abends, zum Nacht-Essen?

      Othello.

       Das nicht.

      Desdemona.

       Also doch morgen auf den Mittag?

      Othello.

       Ich esse morgen mit einigen Officiers in der Citadelle zu Mittag.

      Desdemona.

       Nun, also doch Morgen Nachts, oder Dienstag Morgens oder Nachts, oder Mittwoch Morgens, ich bitte dich, bestimme die Zeit; aber laß es nicht länger als drey Tage seyn; bey meiner Treue, er ist bußfertig; und doch ist sein Verbrechen, nach der gemeinen Art davon zu urtheilen und bey Seite gesezt, daß in Kriegszeiten von einem Officier das beste Exempel gefordert wird, eine kleine Uebereilung, die kaum einen Privat-Verweis verdient Wenn soll er kommen? Sag mir's, Othello! Mich nimmt in der Seele Wunder, was ihr mich bitten könntet, das ich euch abschlagen würde, oder wobey ich so verdrieslich dastühnde! Wie? Michael Cassio! Der eurer Liebe zu mir so gute Dienste leistete; der so oft, wenn ich nicht sehr vortheilhaft von euch sprach, eure Parthey nahm und ich soll soviel Mühe haben, ihn wieder bey euch in Gunst zu sezen? Glaubt mir auf mein Wort, ich wollte wohl mehr

      Othello.

       Ich bitte dich, laß es genug seyn; er kan kommen, wenn er will; ich will dir nichts abschlagen.

      Desdemona.

       Wie, das ist keine Gefälligkeit, die ich für mich bitte; es ist als ob ich euch bitte eure Kleider zu tragen oder von einer gesunden Speise zu essen, oder euch warm zu halten; kurz, als ob ich bey euch darum anhielte, daß ihr euch selbst etwas zu gut thun möchtet. Nein, wenn ich eine Bitte habe, wodurch ich eure Liebe in der That auf die Probe zu stellen gedenke, so soll es etwas schweres und grosses seyn, etwas das Herz erfordert, um bewilliget zu werden.

      Othello.

       Ich werde dir nichts abschlagen, und alles was ich mir dagegen von dir ausbitte, ist, daß du mich izt ein wenig allein lassen wollest.

      Desdemona.

       Sollt' ich euch's abschlagen? Nein; lebt wohl, mein Gemahl.

      Othello.

       Lebe wohl, meine Desdemona, ich will gleich folgen.

      Desdemona.

       Aemilia, komm; seyd wie es euch eure Laune eingiebt, ihr mögt seyn wie ihr wollt, so bin ich gehorsam.

      (Sie gehen ab.)

      FÜNFTE SCENE

       Inhaltsverzeichnis

      Othello und Jago bleiben.

      Othello.

       Anmuthsvolle Spizbübin! Verderben erhasche meine Seele, wenn ich dich nicht liebe und wenn ich dich nicht mehr liebe, so ist die Welt wieder zum Chaos worden.

      Jago.

       Mein Gebietender Herr

      Othello.

       Was willt du sagen, Jago?

      Jago.

       Wie ihr euch um eure Gemahlin bewarbet, wußte Michael Cassio etwas von eurer Liebe?

      Othello.

       Allerdings, vom Anfang bis zum Ende: Warum fragst du?

      Jago.