Othello.
Es sind Leute vom Herzog und mein Lieutenant: guten Abend, meine Freunde; was bringt ihr Neues?
Cassio.
Der Herzog entbeut euch seinen Gruß, Feldherr; und ersucht euch mit der eilfertigsten Behendigkeit, gleich diesen Augenblik, um eure Gegenwart.
Othello.
Was meynt ihr, warum es zu thun sey?
Cassio.
Etwas von Cypern, soviel ich errathen kan. Es muß eine dringende Anliegenheit seyn. Die Galeren haben in dieser nemlichen Nacht zwölf Expressen hinter einander hergeschikt, ein grosser Theil der Senatoren ist auf, und im Pallast des Herzogs versammelt. Man ließ euch sehr dringend ruffen, und da man euch nicht in euerm Quartier fand, schikte der Senat drey verschiedene Partheyen aus, euch überall aufzusuchen.
Othello.
Es ist gut, daß ihr mich gefunden habt: Ich habe nur ein Wort in diesem Hause zu reden, und dann will ich mit euch gehen.
(Othello geht ab.)
Cassio.
Fähndrich, was thut er hier?
Jago.
Meiner Treue, er hat heute Nacht eine reiche Land-Caraque Eigner Name der ehmaligen grossen Portugiesischen Kauf-Fardey-Schiffe. aufgebracht; wenn sie für gute Prise erklärt wird, so ist sein Glük gemacht.
Cassio.
Ich weiß nicht, was ihr sagen wollt.
Jago.
Er hat sich verheurathet.
Cassio.
Mit wem?
Jago.
Bey G***, mit – – he! Herr General, wollt ihr gehen?
Othello zu den Vorigen.
Othello.
Hier bin ich – –
Cassio.
Da kommt eine andre Parthey, die euch sucht.
Englisch
SECHSTE SCENE
Brabantio, und Rodrigo, mit Officieren, Bedienten und Fakeln.
Jago.
Es ist Brabantio; General, nehmt euch in Acht; er hat nichts Gutes im Sinn.
Othello.
Holla! Steht, ihr dort!
Rodrigo.
Signor, es ist der Mohr.
Brabantio.
Zu Boden mit ihm, dem Räuber!
(Sie ziehen auf beyden Seiten.)
Jago.
Wie, ihr, Rodrigo? – – Kommt, mein Herr, ich bin auf eurer Seite – – (Zu Othello.)
Othello.
Stekt eure Degen ein, der Thau möchte sie rostig machen. Werther Signor, euer Alter wird euch mehr Gewalt geben, als eure Waffen.
Brabantio.
O du schändlicher Räuber! Wo hast du meine Tochter hin verborgen? Verdammlicher Bube! Du hast sie bezaubert; denn ich will alles was Vernunft hat den Ausspruch thun lassen, ob ein Mädchen, so jung, so schön, so zärtlich als sie war, von ihrem Stand und Glük, und so abgeneigt vom Heurathen, daß sie den Augen der auserlesensten und reichsten von unsrer edelsten Jugend sich entzog – – ob ein solches Mädchen, ohne die fesselnde Gewalt zaubrischer Künste fähig gewesen wäre, dem allgemeinen Spott Troz zu bieten, und aus dem väterlichen Haus zu entlauffen, um in die russichten Arme eines solchen Dings wie du, das geschikter ist Schreken zu erweken, als Liebe, sich hinein zu stürzen? Die ganze Welt sey Richter, ob es nicht handgreiflich ist, daß du vermittelst schnöder Zauber-Mittel oder Liebes-Tränke die das Hirn verrüken, ihre schuldlose Jugend mißbraucht und verleitet hast – – Ich will es untersucht haben: Es ist wahrscheinlich, man kan sich nichts anders vorstellen. Ich arrestiere dich also hier, als einen Verführer und der hiezu verbotne Künste treibt – – Bemächtigt euch seiner; und wenn er sich wehrt, so entwaffnet ihn auf seine Gefahr.
Othello.
Haltet ein, zu beyden Seiten; wenn es hier meine Scene zum Fechten wäre, so würd' ich's ohne einen Einsager gewußt haben. Wohin wollt ihr, daß ich mit euch gehen soll, mich auf diese Anklage zu verantworten?
Brabantio.
Ins Gefängniß, bis zur gehörigen Zeit, wo du vor der Gerichts-Bank erscheinen sollst.
Othello.
Aber wenn ich euch gehorche, wie soll indeß der Herzog zufrieden gestellt werden, dessen Abgeordnete hier zu meiner Seite und im Begriff sind, mich in einer dringenden Angelegenheit des Staats zu ihm zu führen?
Officier.
Diß verhält sich würklich so, sehr edler Herr; der Herzog ist im Staats-Rath; und ich bin sicher, daß ihr gleichfalls dahin beruffen worden seyd.
Brabantio.
Wie? der Herzog im Staats-Rath? In dieser späten Nacht? Führt ihn dahin; meine Sache ist keine Kleinigkeit. Der Herzog selbst und jeder von meinen Brüdern im Staat kan nicht anders als diese Beleidigung so empfinden, als ob sie ihnen selbst angethan worden wäre. Wenn solche Frefel-Thaten ungestraft verübt werden dürften, so würden bald Sclaven und Banditen unsre Befehlshaber seyn.
(Sie gehen ab.)
Englisch
SIEBENDE SCENE
Verwandelt sich in das Rath-Haus.
Der Herzog und die Senatoren, an einer Tafel mit Lichtern sizend, und einige Officianten etc.
Herzog.
Es ist zu wenig Uebereinstimmung in diesen Zeitungen, als daß sie Glauben verdienen könnten.
1. Senator.
In der That, sie gehen weit von einander ab; meine Briefe sagen hundert und sieben Galeren.
Herzog.
Und meine hundert und vierzig.
2. Senator.
Und die meinen zwoohundert; allein ob sie gleich in der Zahl nicht zusammentreffen, (welches in Fällen, wo der Bericht nach blosser Muthmassung gemacht werden muß, nicht zu verwundern ist,) so stimmen doch alle darinn überein, daß eine türkische Flotte in der See ist, und daß es auf Cypern abgesehen sey.
Herzog.
Es ist möglich, und wenn ich mich auch irren sollte, so werd' ich doch alle Maaßnehmungen einer klugen Furcht, die allezeit die Mutter der Sicherheit ist, bey diesen Umständen gut heissen.
Matrosen (hinter der Scene.)
Holla! ho! he! aufgemacht!
Die Matrosen kommen herein.
Officiers.
Eine Bottschaft von den Galeeren.
Herzog.
Nun! – – was ist euer Anbringen?
1. Matrose.
Ich habe Befehl der Regierung anzuzeigen, daß die Türkischen Kriegs-Zurüstungen