Doch die Atempause währte nicht lange. Im Jahr 937 fand eine für die Geschichte der Britischen Inseln entscheidende, aber häufig unbeachtete Schlacht bei Brunanburh statt, einer nicht näher bekannten Stätte irgendwo in Merseyside.65 Die Angelsächsische Chronik schildert diese Begegnung in Versform, und Alfred, Lord Tennyson übersetzte das Gedicht unter dem Titel The Battle of Brunanburh:
Athelstan King, Lord among Earls, Bracelet-bestower and Baron of Barons, He with his brother Edmund Atheling, Gaining a lifelong Glory in battle, Slew with the sword-edge There by Brunanburh, Brake the shield-wall, Hew’d the lindenwood, Hack’d the battleshield … | König Athelstan Herr unter Grafen, Geber des Ehrenbandes und Baron der Barone, Er mit seinem Bruder Edmund Atheling, Sie errangen ewigen Ruhm in der Schlacht, Schlugen mit der Schwertklinge Dort bei Brunanburh, Durchbrachen die Mauer aus Schilden, Zerhauten das Lindenholz, Zerhackten den Kampfschild … |
In Brunanburh stand Athelstan von Wessex, seines Zeichens »König von ganz Britannien«, einer Koalition von Walisern, Schotten, und nordischen Königen gegenüber, die ganz offenbar durch den plötzlichen südenglischen Machtgewinn aufgescheucht worden waren und ihre Soldaten in Athelstans Territorium geführt hatten. Unter ihnen war auch der König von Strathclyde, wahrscheinlich Ywain map Dynfwal. An diesem Punkt hätten die nichtenglischen Truppen, wenn ihnen das Schlachtenglück hold gewesen wäre, Wessex die Flügel stutzen können. England war nicht stärker als Schottland, und das Schlachtenglück immer wieder ungewiss. Doch letztendlich triumphierte Athelstan, und die antienglische Koalition zerbrach. Der angelsächsische Chronist (wieder von Tennyson übersetzt) verkündete einen endgültigen Sieg über die »Wahser«:
Never liad liuger | Nie war ein gewaltigeres |
Slaughter of heroes | Heldengemetzel, |
Slain by the sword-edge – | Erschlagen durch die Schwertklinge – |
Such as old writers | Wie es die alten Schreiber |
Have writ of in histories – | in Geschichten geschildert haben – |
Hapt in this isle, since | geschehen auf dieser Insel seit |
Up from the East hither | hierher vom Osten herauf |
Saxon und Angle from | Sachsen und Angeln von |
Over the broad billow | Jenseits des weiten Meeres |
Broke into Britain with | Nach Britannien eingefallen waren mit |
Haughty war-workers who | Stolzen Kriegsarbeitern, die |
Harried the Welshman, when | die Waliser hetzten, als |
Earls that were lured by the | Grafen, durch die Ruhmsucht |
Hunger of glory gat | herbeigelockt, das Land |
Hold of the land. | in ihre Macht bekamen. |
Die Folgen von Brunanburh – von den Engländern als die »Große Schlacht« bezeichnet – zeigten sich nicht sofort. Athelstans früher Tod führte vielmehr dazu, dass seine Feinde wieder Morgenluft witterten und die Erben hart um seine Eroberungen kämpfen mussten. Im Jahr 944/945 marschierte zum Beispiel Athelstans Halbbruder und Nachfolger Edmund der Ältere in das durch zusätzliche Territorien erweiterte Königreich Strathclyde ein, schlug dessen Unterkönig Dynfwal III. – den die Angelsächsische Chronik »Dunmail« nennt – und bestand als Teil einer allgemeinen Abmachung darauf, dass Strathclyde sich formell Alba unterstellte. Den Herrschern von Alba befahl er, die Zügel bei ihren Unterkönigen anzuziehen. Die unabhängige Existenz des früheren Alt Clud näherte sich ihrem Ende.
Ein einzelner Satz des walisischen Brut y Tywysogion ist bemerkenswert. Nachdem dort der Tod des Bishof Emerys von St Davids im Jahr 944 vermeldet worden ist, heißt es völlig kommentarlos: »Ystrat Clut adiffeithóyt y gan y Saeson« (»Ystrat Clut wurde von den Sachsen verheert«). Es muss wenigstens das vierte Mal gewesen sein, dass Alt Clud verwüstet wurde, und die Täter können nur die Soldaten oder Verbündeten Edmunds I. gewesen sein. Aber es war das erste Mal, dass die Waliser den traditionellen brythonischen Namen Alt Clud durch Ystrad Clut oder »Tal des Clyde« ersetzten – eine einfache Übersetzung des gälischen Namens. Der brythonisch/cumbrische Charakter des Reiches schwand fortan; das gälisierte »schottische« Strathclyde tauchte auf, und die Waliser waren sich dessen bewusst.66 Die Briten des Alten Nordens wurden nicht einmal mehr erwähnt.
In der nächsten Generation wurden, wie die Angelsächsische Chronik berichtet, sechs reguli oder »Kleinkönige« gebraucht, um das Boot von Edmunds Nachfolger in einem rituellen Akt der Unterordnung nach Wikingerart, der auch als »Unterwerfung von Chester« bekannt ist, über den Fluss Dee zu rudern. Einer der späteren Dynfwals nahm als Ruderer daran teil, was ihm eine gewisse Stellung verlieh. Die Zeitgenossen waren sich des Symbolgehalts dieses Aktes wohl durchaus bewusst. Strathclyde hatte von einer kurzfristigen geografischen Expansion profitiert, und sein politischer Status war noch immer beachtlich. Die Zeit der Unabhängigkeit war zwar vorbei, doch das frühere Alt Clud war nicht einfach eine weitere Provinz Albas. Die Nachkommen Ceredigs bewahrten sich ihre Identität und blieben sich, wie man an der Verwendung alter britischer Namen sieht, offenbar ihrer Herkunft bewusst, doch ihr Handlungsspielraum war begrenzt. Wenn sie in den Krieg zogen, kämpften sie und ihre Männer unausweichlich an der Seite Albas.67
Im 11. Jahrhundert schwand die britische Kultur in Strathclyde weiter, auch wenn es bis zu einem gewissen Grad davon profitierte, dass in England wie in Alba andere Probleme in den Mittelpunkt rückten. Die Britischen Inseln wurden durch ein letztes Aufbäumen der Wikinger erschüttert. In England wurde die angelsächsische Monarchie von Knut dem Großen (reg. 1018–1035) gestürzt, der kurzzeitig an ein englisch-skandinavisches Großreich denken ließ.