Angeblich wurde der Heilige am Strand von Culross in Fife geboren. Seine Mutter Tenew, Königin von Lleddiniawn, war in einem kleinen Ruderboot ausgesetzt worden – so wollte ihr Ehemann sie für einen Ehebruch strafen. Sie wurde irgendwie vom hl. Servanus gerettet, der zwar eigentlich ein Jahrhundert später lebte, aber dennoch das Kind sah und es auf Altwalisisch Mwn gu, »Mein Lieber« nannte. Nach seiner Ausbildung durch die Mönche in Culross kam Mungo entweder nach Rheged oder nach Dumbarton Rock. Einem Bericht zufolge soll er zu Fuß zum Clyde gewandert sein, um den Leichnam eines alten Mannes auf einem von zwei wilden Stieren gezogenen Karren zum christlichen Friedhof am Bach Molendinar am Fuße des Felsens in Dumbarton zu bringen, wo er den unbekannten Titel eines »Bischofs von Nordbritannien« annahm.
Seine wichtigsten Jahre verbrachte Mungo in Gwynedd, wohin er auf Einladung des hl. Dewi oder David kam, des Schutzpatrons von Wales und Begründers des walisischen Klosterwesens. Mit Davids Hilfe gründete er eine Kirche in Llanelwy, in der der hl. Asaph als Diakon diente; Llanelwy ist das heutige St. Asaph in Flintshire. Um 580 wurde Mungo von Roderick oder Rhydderch Hael, einem König von Alt Clud in der 5. oder 6. Generation nach Ceredig, nach Clydeside zurückgerufen. Auf Rhydderchs Bitte hin gründete er eine Kirche in Glas-gau, der »blau-grünen Wiese«, starb in einem gesegneten Alter und wurde in der Krypta beigesetzt. Sein Grab wurde – wie nicht anders zu erwarten – zur Pilgerstätte.
Mungos Wunder, die in der Überlieferung der folgenden Jahrhunderte ihre endgültige Form bekamen, kann man sich am besten mit Hilfe eines Reims merken: »Hier ist der Vogel, der nie flog, hier ist der Baum, der sich nie bog. Hier ist die Glocke, die nie klang, hier ist der Fisch, der niemals schwamm.«35 Die vier Symbole Vogel, Baum, Glocke und Fisch finden sich im modernen Stadtwappen von Glasgow wieder. Der Vogel steht für den zahmen Spatzen des hl. Servanus, den Mungo wieder zum Leben erweckte. Der Baum repräsentiert einen toten Ast, dem Mungo die Fähigkeit verlieh, in Flammen aufzugehen. Die Glocke brachte Mungo angeblich von seiner Reise nach Rom mit, und der Fisch ist ein Lachs, unsterblich geworden in der Sage »Vom Lachs und dem Ring«:
Vor langer, langer Zeit nahm sich König Rhydderchs Königin Languoreth einen heimlichen Geliebten, einen jungen Soldaten. Als Unterpfand ihrer Liebe gab sie dem Soldaten dummerweise einen Ring, den ihr Ehemann ihr zuvor geschenkt hatte. Als der König den Ring am Finger des Soldaten sah, gab er ihm Wein und entwaffnete ihn. Er nahm den Ring an sich und warf ihn in die Fluten des Clyde. Dann verurteilte er den Soldaten zum Tode und warf die Königin in ein Verlies.
In ihrer Verzweifelung wandte sich die Königin an den hl. Mungo um Rat. Der Heilige schickte sofort einen Diener los, der den ersten Fisch, den er im Fluss fangen würde, zu ihm bringen sollte. Er kam mit einem Lachs zurück, in dem man, als man ihn aufschnitt, den fehlenden Ring fand. Der Zorn des Königs war besänftigt. Er begnadigte den Soldaten und vergab der Königin.36
In manchen Berichten tragen Rhydderch und Languoreth die Bezeichnung »Herren von Cadzow«, einer Ortschaft südlich von Glasgow, in der später eine königliche Burg stand und die in moderner Zeit der Sitz der Herzöge von Hamilton war. Mungo taucht auch in manchen Geschichten der Arthur-Sage auf; man hat bei Textanalysen Ähnlichkeiten zwischen der Sage »Vom Lachs und dem Ring« und der Liebesgeschichte von Lancelot und Guinevere gefunden.
Es steht allerdings außer Frage, dass Urien, der König von Rheged, zu Mungos Zeit der mächstigste Herrscher war. Uriens lateinischer Name lautete Urbigenus oder »Stadtgeborener«, was auf einen gewissen Grad an Romanitas hindeutet. Er herrschte über ein Reich, das sich von den südlichen Rändern Glas-gaus bis zur Umgebung von Mancunium erstreckt, wo ein Vorposten namens Reged-ham (das heutige Rochdale) seine Macht bezeugte. Der Königssitz befand sich in Dun Rheged (Dunragit) in Galloway; die wichtigste Stadt war Caer Ligualid (Carlisle), die wichtigste Kommunikationsader der Solway, der aufs offene Meer und nach Irland führte. Urien verdiente sich den altwalisischen Beinamen Y Eochydd, »Herr der Kabbelung«, was vermuten lässt, dass Rheged ebenso wie Alt Clud und Dalriada eine bedeutende Seemacht war.
Im späten 6. Jahrhundert erkannten die Briten des Nordens die von den Angeln ausgehende Gefahr, und Urien schmiedete eine große Koalition gegen die Eindringlinge. Zu seinen Verbündeten gehörten Rhydderch Hael von Alt Clud, Guallauc aus Lennox, Morgant von Süd-Gododdin, Aedan macGabrain von Argyll und König Fiachna von Ulster. Im Jahr 590 machten sie sich auf, Bernicia von der Landkarte zu tilgen. Die Iren erstürmten irgendwie die Höhen von Bamburgh, und die verbliebenen Reste der Garnison fanden Zuflucht auf Medcaut, der »Insel der Gezeiten«, wie die Angeln Lindisfarne nannten. Urien begann eine Belagerung der Insel. Er stand kurz vor einem völligen Sieg, als er einem Hinterhalt des eifersüchtigen Morgant zum Opfer fiel. Die Einheit der Briten löste sich auf, und die Ambitionen des Königreichs Rheged endeten.
Auch die Königslisten für das 6. Jahrhundert, etwa Bonedd Gwyr y Gogledd, »Die Abstammung der Männer des Nordens«, enthalten für Alt Clud nur einen einzigen eindeutig zuzuordnenden Namen und eine Handvoll zweifelhafter. Genau wie die Historizität des Ceredig (Coroticus) durch Verbindungen zum hl. Patrick belegt ist, wird die Existenz Rhydderch Haels durch seine Bande zum hl. Columban bestätigt. Adamnan berichtet, der hl. Columban habe den Königshof von Dumbarton Rock besucht, und er macht Rhydderch zum Gegenstand einer Prophezeiung des Heiligen:
Eines Tages schickte der König, ein Freund des heiligen Mannes, Lugbe moccu Min zu diesem mit einer Art Gelieimbotschaft … da er wissen wollte, ob er von seinen Feinden niedergemacht würde oder nicht. Als Lugbe vom Heiligen über den König und seine Herrschaft und sein Volk befragt wurde … sprach der Heilige: »Niemals wird er den Händen seiner Feinde ausgeliefert werden, vielmehr wird er zu Hause auf seinem eigenen Federbett sterben.« Diese Vorhersage über König Roderc wurde voll erfüllt. Denn gemäß dem Wort des Heiligen starb er in seinem eigenen Bett einen friedvollen Tod.37
Rhydderch Hael kommt in Bonedd Gwyr y Gogledd vor, und seine Regierungszeit wird üblicherweise mit um 580 bis 618 angegeben, damit sie mit den Lebensdaten des hl. Columban in Einklang steht. Adamnan beschreibt ihn als filius Tothail und gibt damit für Rhydderchs Vater Tutagual eine Regierungszeit irgendwo zwischen 560 und 580 vor. Alle weiteren Identifizierungen jedoch sind hoffnungslos. Und auch bei Rhydderchs Nachfolgern stochern die Historiker weitgehend im Nebel. Dumnagual Hen, Clinoch und Cinbellin sind Namen ohne Daten und Gesichter. Es werden nicht weniger als fünf Fürsten namens Dumnagual aufgeführt. Einer von ihnen, der offenbar drei Söhne hatte, könnte möglicherweise der Vater des Chronisten Gildas gewesen sein.38
Im 7. Jahrhundert wurde der Alte Norden durch religiöse Dispute wie auch durch schwere Kämpfe erschüttert. Die Deutungen gehen zwangsläufig auseinander, aber alle Kommentatoren stimmen darin überein, dass die Schlachten von Catraeth, Whitby und Nechtansmere wichtige Meilensteine der Geschichte der Region waren.
Die Schlacht von Catraeth um das Jahr 600 war ein Nebenprodukt der fortgesetzten Feindschaft zwischen Briten und Angeln. Verschärft wurde der Konflikt noch durch die Befürchtungen der keltischen Kirche, die sicher von der römischen Mission des hl. Augustinus von Canterbury in Südbritannien erfahren hatte.39 Die Krise spitzte sich nur zehn Jahre nach Uriens Ermordung wieder zu. Diesmal war es Yrfai, Sohn des Wulfsten, Herr von Nordgododdin, der das Bündnis zusammenrief. Er lud dreihundert Krieger nach Dun Eidyn, bewirtete sie monatelang festlich und zog dann mit ihnen in die Schlacht. Fürsten aus Piktland und Gwynedd schlossen sich ihm an. Gleiches tat auch Cynon, Sohn von Clydno Eidyn, Herr von Alt Clud, dessen Name eine Verwandtschaft mit Yrfai vermuten lässt. Das Bündnis schickte eine berittene Elitetruppe weit nach Süden, über Bernicia und über den Hadrianswall hinaus in die östlichen Länder Rhegeds. Sie nannten sich selbst Y Bedydd – »die Getauften« – und nahmen für sich in Anspruch, den alten Glauben gegen die anglischen Gynt oder »Heiden« zu verteidigen. Ihre Heldentaten sind im größten aller frühen altwalisischen Epen aufgezeichnet. Der Anfangssatz in der einzigen erhaltenen Handschrift, dem sogenannten Buch Aneirins, gibt den Namen des Gedichts und seines Autors an:
Hwn yw e gododdin, aneirin ae cant. 40
(Dies ist das Gododdin, Aneirin sang es.)
Es folgt eine lange Sammlung von Elogien auf die gefallenen Krieger. Einer von