Bärrauscht. Kayla Gabriel. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Kayla Gabriel
Издательство: Bookwire
Серия: Alpha Wächter
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783969698785
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wurde. In der sein Schwindler von einem Bruder ihm nie wieder eine Frau aus dem Bett stahl, ihm nie wieder Schuldgefühle einredete, weil er mehr geliebt und bewundert wurde als Kieran, weniger gefürchtet. Diese kurze Pause entlockte Kieran ein Knurren, der sich mit erhobenem Schwert auf die Königin stürzte.

      Die Königin hob eine Hand und warf Kieran mit einer unsichtbaren Magiewand zu Boden, so mühelos und beiläufig als würde sie nach einem Insekt schlagen, das um ihren Kopf summte. Kieran taumelte und sein Schwert sackte an seine Seite, als er zusammenbrach. Er fiel zu Boden und bewegte sich nicht mehr.

      „Kieran“, flüsterte Kellan atemlos, während er hektisch von der Königin zu seinem Zwillingsbruder sah.

      „Tu es!“, drängte ihn die Königin in der Annahme, Kellan wäre versucht, seinen Bruder anzugreifen. Ihr Lächeln war so breit, dass Kellan jeden einzelnen Zahn in ihrem Mund sehen konnte, alle scharf, glänzend und gierig.

      Er machte einen Schritt auf Kieran zu, schob seine Hand in seine Hosentasche und zog einen Dolch heraus, der der bösartigen Klinge in der Hand der Königin sehr ähnelte.

      „Ja“, zischte sie. „Nur der Lichtprinz kann den Dunkelprinzen töten und die Waage zwischen den Feenreichen ins Ungleichgewicht stürzen. Beende, was ich begonnen habe, mein Prinz, und wir können auf ewig zusammen sein. Stell dir nur vor…“

      Kellan sank auf die Knie, um seinen Bruder abzuschirmen, als er den Dolch der Königin entgegen schleuderte. Er verfehlte ihr Herz nur um Zentimeter, grub sich tief in das Fleisch unterhalb ihrer Schulter und entrang ihren Lippen einen langen, hohen Schrei.

      „Verräter!“, kreischte sie und Magie flutete ihre Stimme. Kellan wusste, dass sie sie nicht umbringen konnte, wenn ihre Worte der Wahrheit entsprachen,… aber sie konnte sie in eine andere Ebene verbannen. Magie sammelte sich und schimmerte um ihren Körper, während sich ihr Gesicht vor Wut verzog, und er wusste, wie ihre nächsten Worte lauten würden, noch bevor sie sie hinausschrie. „Ihr. Seid. VERBANNT!“

      Kieran um die Taille fassend, schloss Kellan die Augen und knirschte mit den Zähnen, als ihn der Zauber aus dem Feenreich riss. Das Wort der Monarchin war Gesetz und unter den Feen bedeutete das, dass sich die gesamte Welt ihrem Willen beugte. Ihre Worte wurden Realität in dem Moment, in dem sie sie aussprach…

      Ein Lichtblitz und dann wurden Kellan und Kieran auf eine Art weites, grasiges Moor geworfen. Meilen und Meilen und Meilen nichts weiter als Heidekraut und Gras. Nicht ein Haus oder eine Person oder auch nur ein Baum waren zu sehen. Kellan konnte es nicht mit Sicherheit sagen, aber er hatte die unbestimmte Ahnung, dass die Feenkönigin ihnen sogar einen kleinen Gefallen getan hatte, indem sie sie hierher ins Reich der Menschen befördert hatte und nicht in eine der hundert anderen über alle Maßen unerfreulichen Existenzebenen.

      Dennoch war es ein Schock für ihn. Zum ersten Mal in ihrem königlichen Leben waren Kellan und Kieran wahrhaftig allein. So interessant das auch war, war dies kaum der Zeitpunkt, um philosophischen Gedanken über ihre Lage nachzuhängen. Kieran musste geheilt werden und so wie es hier aussah, waren jegliches Essen oder nützliche Medizin weit, weit entfernt.

      Seinen Bruder mit einem Grunzen hochhebend, warf sich Kellan Kieran über die Schulter und begann Richtung Norden zu laufen.

      Wohin er lief, wusste er nicht…

      1

      New Orleans, Louisiana - Gegenwart

      „Ich hätte dich Maeve überlassen sollen, du hinterhältiger Sohn einer Ziege“, schimpfte Kellan, der Kieran einen finsteren Blick zuwarf, während sie auf dem Weg zum Herrenhaus durch Marginy schlenderten. Sein irischer Akzent trat stets stärker hervor, wenn er wütend oder aufgeregt war, und momentan würde ihn ein vorbeigehender Fremder kaum verstehen.

      „Bist du ehrlich so wütend? Sie ist nur ein Mädchen“, sagte Kieran und lachte schnaubend. Sein Zwilling konnte manchmal geradezu melodramatisch sein. „Und noch dazu nicht gerade treu. Wirklich, ich habe dir einen Gefallen getan.“

      „Ach, jetzt nennst du es einen Gefallen?“, knurrte Kellan. „Du hast das Mädchen gefickt, mit dem ich mich seit drei Monaten treffe. Ihr zufolge hast du kein Wort gesagt und sie wusste nicht, dass du nicht ich warst.“

      Kieran verdrehte die Augen.

      „Lügnerin. Sie wusste, dass wir nicht dieselbe Person waren. Sie wollte nur ein kleines Abenteuer erleben. Ganz egal, wie weit wir uns vom Hof entfernen, die Leute scheinen es einfach zu wissen. Genauso wie sich die Frauen, bei denen ich zu landen versuche, immer zu dir hingezogen fühlen und über das Gute in dir und all diesen Quatsch faseln. Es ist beidseitig, weißt du?“

      Kellans ausbleibende Antwort reichte Kieran. Sein Bruder würde noch früh genug darüber hinwegkommen.

      „Wenigstens war sie nicht deine vom Schicksal vorherbestimmte Frau“, meinte Kieran und schlug Kellan auf die Schulter, als das Herrenhaus in Sicht kam. „Die du nie kennenlernen wirst, wenn wir zu spät zu diesem Meeting kommen. Rhys führt ein sehr strenges Regiment.“

      Das stimmte. Kieran und Kellan hatten über tausend Jahre damit verbracht, ein ausgelassenes und ausschweifendes Leben zu führen, dabei der Gefahr häufig knapp zu entgehen und im Allgemeinen alles zu tun, was sie tun wollten – auf der ganzen weiten Welt der Menschen und einigen anderen Ebenen. Ungefähr jedes Jahrhundert hatten sie einen fürchterlichen Streit, woraufhin jeder in eine andere Richtung ging und seine eigenen Abenteuer erlebte. Allerdings zog es sie stets wieder zum anderen.

      Zwei Hälften eines Ganzen, wie ihre Mutter zu sagen pflegte. Es konnte stimmen, aber das machte das gesamte Konzept nicht weniger lästig.

      Jetzt da sie als Mitglieder der Alpha Wächter rekrutiert worden waren oder gerettet, wie Rhys Macaulay ihre Entführung und kurze Inhaftierung zum Wohl der Stadt nannte… jetzt mussten sie nach Regeln leben. Die Gray Brüder, wie sie sich angewöhnt hatten sich zu nennen, waren nicht gerade gut darin, Regeln zu befolgen.

      „Rhys und die Jungs sind bereits draußen“, stellte Kellan fest und nickte zu den Wächtern, die sich auf der Eingangstreppe des Herrenhauses versammelt hatten.

      „Und warten auf uns, nehme ich mal an“, murrte Kieran. „Ist ja nicht so, als hätten wir nicht gerade erst zwölf Stunden Patrouille hinter uns…“

      „Wir haben dem zugestimmt“, erinnerte Kellan ihn mit einem Achselzucken. „Wir haben die Zeremonie durchgeführt und all das.“

      „Die einzige andere Option war, dass wir uns von ihnen im Herrenhaus einsperren lassen, bis sie der Meinung wären, dass die große, böse Gefahr für New Orleans vorüber ist. Das nenne ich nicht, eine Wahl haben.“

      Sie marschierten durch den Vorgarten und gesellten sich zu dem Kreis, in dem Rhys, Gabriel, Aeric und Asher standen und die Sachlage diskutierten.

      „Was haben wir verpasst?“, erkundigte sich Kieran zur Begrüßung.

      „Wird aber auch Zeit, dass ihr endlich kommt“, schimpfte Gabriel.

      „Ja, ja“, sagte Kellan beschwichtigend. „Nur weil bei Cassie jederzeit die Wehen einsetzen können und du das reinste Nervenbündel ist, heißt das nicht, dass du uns einfach so runterputzen kannst. Wir haben einen Haufen Trillah Dämonen mitten im Business District aus dem Verkehr gezogen. Mach mal halblang.“

      „Wir reden über Pere Mals Verschwinden“, informierte Asher sie, der immer die Stimme der Vernunft war. Der Mann war so stoisch, dass er praktisch ein Roboter war, was witzig war im Vergleich zu Kira, seiner kleinen temperamentvollen Gefährtin. „Wir haben jetzt seit Wochen keinen einzigen Piep aus seinem Lager gehört. Er ist einfach fort.“

      „Trotzdem scheint jeder einzelne seiner Lakaien beschäftigter als jemals zuvor zu sein“, merkte Aeric an.

      „Ja, aber wenn wir einen der Mistkerle in die Ecke drängen, wirken sie anders. Früher hatten sie irgendwie Spaß an ihren bösen Taten, jetzt wirken sie einfach nur… verängstigt“,