Die Konzeption der praktischen Durchführung der Buchführung orientiert sich an dem Zweck und den Aufgaben der Buchführung, die – zumindest in abstrakter Form – gesetzlich bestimmt sind. Gem. § 238 Abs. 1 Satz 1 HGB sind Bücher zu führen und in diesen die Handelsgeschäfte und die Lage des Vermögens ersichtlich zu machen. Diese Regelung macht deutlich, dass die Buchführung zunächst eine Informationserfassungsfunktion hat. Zugleich wird die Zielrichtung einer allgemeinen Informationsauswertung in Form der Vermögenslage erkennbar. Deutlicher wird der Zusammenhang durch den Blick auf die gesetzliche Regelung zum Jahresabschluss. Die geforderte Erstellung von Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung beinhaltet eine spezifische Informationsauswertung, die auf den gesammelten Informationen der Buchführung basiert. Dieser Zusammenhang ist bei der Ausgestaltung der Buchführung zu beachten. Damit ist die Dokumentationsfunktion der Buchführung immer in Zusammenhang mit der Informationsfunktion des Jahresabschlusses zu sehen. Anders ausgedrückt: bei der Ausgestaltung der Buchführung sind die Anforderungen zu berücksichtigen, die sich aus dem Jahresabschluss in Bezug auf die notwendigen Informationen ergeben.
Die daraus abgeleiteten Aufgaben der Buchführung sind in der folgenden Abbildung dargestellt (
Jeder Geschäftsprozess in der Unternehmenspraxis verändert die Höhe und/oder die Zusammensetzung des Nettovermögens. Die Bilanz würde sich also nach jedem Geschäftsprozess gegenüber der Ausganssituation unterscheiden. Aufgabe der Buchführung ist es nun, den Stand und die Veränderungen des Nettovermögens sichtbar zu machen.
Zur praktischen Umsetzung dient die in der Praxis übliche Darstellung der Bilanz in Kontoform. Anders als bei der Staffelrechnung werden die positiven und negativen Komponenten durch die beiden Kontenseiten getrennt. Das Reinvermögen als Saldo gleicht die schwächere Kontenseite aus und bringt beide Kontenseiten zum Ausgleich (
Abb. 2.1: Aufgaben der Buchführung
Abb. 2.2: Staffelrechnung Vermögensübersicht und Bilanz in Kontoform
Die Erfassung der Veränderungen des Nettovermögens durch Geschäftsvorfälle erfolgt nicht in dem einen Konto »Bilanz«, sondern auf vielen Unterkonten zur Bilanz. Jedes Unterkonto bildet einen abgegrenzten Teil der Bilanz ab. Die Geschäftsvorfälle werden im Laufe des Geschäftsjahres auf den Unterkonten gesammelt und erst zum nächsten Rechnungsperiodenende wieder in ein Konto zusammengeführt, der neuen Bilanz. Das ist schon deswegen sinnvoll, weil die Bilanz immer nur zum Rechnungsperiodenende erstellt werden muss. Auch technisch ist die Erfassung aller Veränderungen eines Geschäftsjahres auf einem einzigen Konto nicht praktikabel. Vielmehr wird mindestens für jeden Posten, der auf der Vermögensseite der Bilanz aufgeführt wird und für jeden Posten der Schulden bzw. des Eigenkapitals ein getrenntes Unterkonto geführt. Entsprechendes gilt für Aufwendungen und Erträge in der Gewinn- und Verlustrechnung (kurz: »GuV«).
2.2 Rechtliche Rahmenbedingungen und Organisation der Buchführung in der Praxis
2.2.1 Rechtliche Rahmenbedingungen
Geht man der Frage nach, wie eine Buchführung für die praktische Anwendung sinnvoll aufgebaut werden soll, betrachtet man notwendigerweise zunächst die rechtlichen Rahmenbedingungen. Dabei sind die persönliche und die sachliche Ebene zu unterscheiden. Auf der persönlichen Ebene ist im ersten Schritt zu prüfen, welche Personen der gesetzlichen Verpflichtung zur Buchführung unterliegen. Nur diese Personen haben rechtlichen Regelungen zur inhaltlichen Gestaltung der Buchführung auf der sachlichen Ebene zu beachten.
Die Buchführungspflicht kann sich entweder aus handels- oder aus steuerrechtlichen Vorschriften ergeben.
2.2.1.1 Buchführungspflicht nach Handels- und Steuerrecht
Die handelsrechtliche Buchführungspflicht regelt § 238 HGB, wonach jeder Kaufmann verpflichtet ist, Bücher zu führen6. Die §§ 1 ff. HGB bestimmen die Kaufmannseigenschaft.
Kaufmann im Sinne des § 1 HGB ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt. Handelsgewerbe ist jedes gewerbliche Unternehmen, das nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Welche Tätigkeit als Gewerbe gilt und wann ein Gewerbebetrieb vorliegt, regelt das HGB nicht ausdrücklich. Jedoch definiert das Steuerrecht in § 15 Abs. 2 EStG die Einkünfte aus Gewerbebetrieb durch die folgenden Merkmale:
• selbständige nachhaltige Betätigung,
• die mit der Absicht Gewinn zu erzielen unternommen wird und
• die sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt.
• Zudem ist die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen und
• die Betätigung stellt auch keine bloße Verwaltung eigenen Vermögens dar7.
Nicht zu den Buchführungsverpflichteten gehören damit beispielsweise Freiberufler, die Einkünfte aus einer selbständigen Arbeit im Sinne des § 18 EStG erzielen, wie beispielsweise Ärzte, Rechtsanwälte, Architekten, Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater.
Gewerbetreibende gelten nur dann unmittelbar als Kaufleute im Sinne des § 1 HGB, wenn ihr Geschäftsbetrieb eine kaufmännische Organisation erforderlich macht (Ist-Kaufmann). Maßgebend sind qualitativ-strukturelle Merkmale (Vielfalt der Leistungen und Geschäftsverbindungen, Kontokorrentverkehr, kaufmännische Betriebsführung, …) und quantitative Kriterien (Umsatzerlöse, Zahl der Arbeitnehmer, …)8. Der Betreiber eines kleinen Kiosks wird damit trotz seiner Handelstätigkeit kein Kaufmann sein. Als Kleingewerbetreibender kann er jedoch selbst entscheiden, ob er freiwillig durch Eintragung in das Handelsregister zum Kaufmann werden möchte (Kann-Kaufmann § 2 HGB). Die Eintragung wirkt in diesem Fall konstitutiv, also rechtserzeugend. Ohne Eintragung gelten Kleingewerbetreibende als Nichtkaufleute.
Auf Handelsgesellschaften finden die Vorschriften für Kaufleute ebenfalls Anwendung (§ 6 HGB). Dazu gehören die Personengesellschaften (insbesondere OHG, KG) und die Kapitalgesellschaften (insbesondere AG, GmbH). Kapitalgesellschaften gelten unabhängig von ihrer Betätigung bereits wegen ihrer Rechtsform als Handelsgesellschaften. Dagegen sind Personengesellschaften dann Handelsgesellschaften, wenn ihr Geschäftszweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist. Eine vermögensverwaltende KG kann durch die optionale Eintragung in das Handelsregister zur Handelsgesellschaft werden (
Kaufmann
Abb. 2.3: Kaufmannsbegriff
Die Buchführungspflicht wird durch