Verdammt magisch. Regina Mars. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Regina Mars
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783962558499
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verkündete der Direktor und Norman war um drei Spechte reicher. Gudrun ging, sichtbar wackelig, zu der selig lächelnden Katalysatorin am linken Rand der Tribüne. Die war letztes Jahr schon da gewesen. Eine seltsame Alte, gehüllt in eine Unmenge hauchzarten lila Stoffs. Sie umarmte Gudrun und flüsterte ihr irgendetwas ins Ohr.

      Norman nahm drei Kupfermünzen entgegen und grinste. Ein paar Erweckungen später grinste er noch breiter. Ja, seine Taschen wurden schwerer. Die Nervosität war fast weg und er musste auch nicht mehr pissen.

      »Tore Grün!«, rief die Direktorin und Tore fuhr zusammen.

      »Scheiße!«, murmelte der Rotschopf, als er sich aufrappelte.

      »Viel Glück«, flüsterte Norman. »Du packst das. Wir sind die Motoren der Macht, vergiss das nicht.«

      Tore schenkte ihm ein dankbares Lächeln, dann eilte er nach vorne und auf die Tribüne.

      »Ooh …« Brennas Hand lag plötzlich in Normans. Sie zerquetschte seine Finger fast. »Er wird es schaffen, oder? Du hast doch gesehen, was er wird, nicht wahr?«

      »Jupp.«

      Norman lehnte sich zurück und sah zu, wie Tore die Hände in die einer winzigen Katalysatorin legte. Goldenes Licht flammte auf und schlängelte um Tores Körper. Der Schein strahlte bis in ihre Gesichter.

      »Motor!«, verkündete Dante Johansson. Norman und Brenna sprangen auf und grölten.

      »Motoren der Macht! Motoren der Macht!«, brüllten sie, so laut, dass selbst die Direktoren vorwurfsvoll schauten. Und wie! Deren Blicke waren so gewaltig, dass Norman und Brenna hüstelten und zurück in ihre Sitze sanken.

      Tore reckte die Arme in die Luft. Er schien um einen halben Meter gewachsen zu sein, als er auf die rechte Seite der Tribüne stolzierte. Da, wo schon zwei andere Motoren warteten und ihn abklatschten.

      Brenna war die Nächste.

      »Motor!«

      Sie schrie nicht, als das goldene Licht sie erfasste. Klar, sie war ja auch hart im Nehmen. Ob es wehtat? Diesmal beschränkte Norman sich auf ein durchdringendes Jubeln.

      »Norman Skødling!«, rief die Direktorin und Normans Herzschlag sprengte fast seine Brust.

      »Na endlich«, seufzte er, so leise, dass niemand es hören konnte. Zwei Jahre Vorbereitung, zwei Jahre hartes körperliches Training und Enthaltsamkeit. Alles für diesen Moment.

      Er erhob sich gelassen und marschierte aufrecht durch die Reihen. Er wollte es genießen, zum Hades! Mit beiden Nasenlöchern sog er den Geruch dieses Tages ein. Würstchen, Fett und Schweiß, immer noch. Egal. Er hörte das Murmeln des Publikums hinter sich und seine Nackenhärchen stellten sich auf. Es war so weit.

      Die Holzstufen knarrten unter seinen alten Stiefeln. Die Tribüne wackelte ein wenig, als er auf die Direktoren zuging. Von Nahem waren sie beeindruckender als von Weitem. Streng und großgewachsen. So dicht bei ihnen sah er, dass ein feines Faltennetz beider Gesichter überzog und er roch, dass der Direktor Fischbrot mit Mayonnaise gefrühstückt hatte.

      Norman verbeugte sich knapp. Nun, da er hier oben war, kapierte er erst, dass alle ihn ansahen. Zweitausend Leute starrten ihm auf den Hintern, als er das Haupt neigte. Seltsames Gefühl. Seine Handflächen waren mit einem Mal schwitzig-klamm.

      Die Direktorin deutete auf einen bleichen Katalysator, der vortrat. Seine Lederuniform knarzte mit jedem Schritt leise und Norman musste sich davon abhalten, nervös zu kichern. Sie standen nun seitlich zum Publikum und er zwang sich, nicht hineinzuschauen. Zu sehen, ob seine Mutter vielleicht gekommen war.

      Der Katalysator nickte ihm zu.

      »Keine Angst«, flüsterte der Kerl, fast ohne die Lippen zu bewegen. »Es fühlt sich seltsam an, aber es tut nicht weh.«

      »Ich hab keine Angst«, sagte Norman.

      Natürlich nicht. Ein leiser Windhauch streifte seinen feuchten Nacken. Er holte tief Luft. Der Katalysator streckte die Hände aus und drehte die Handflächen nach oben. Norman sah Hornhaut, blaue Adern und ein paar Sommersprossen. Diese beiden Hände füllten sein ganzes Blickfeld aus. Sie waren sein Schicksal. Langsam ließ er die Luft über die Lippen fließen und legte die eigenen Finger auf sie.

      Erst spürte er nur die angenehme Wärme, die von der fremden Haut ausging. Dann ein leichtes Prickeln. Es war wie das Gefühl, wenn man gähnte und sich reckte und … dann erwischte es ihn mit voller Wucht.

      Etwas Kaltes schoss in seinen Körper und füllte ihn bis zum Platzen. Die Augen quollen hervor, er fühlte, wie alle Organe zur Seite gedrängt wurden, um der Kälte Platz zu machen und dann … Dann drang es durch seine Poren heraus und prickelte über die Haut.

      Er keuchte leise. Am Hals war es besonders unangenehm. Verzweifelt fixierte er die blassgrünen Augen des Katalysators, um nicht zu schreien. Er biss die Lippen aufeinander. Nicht schreien. Auch, wenn etwas durch seinen Körper raste wie ein eisiger Termitenschwarm. Auch, wenn ihm der Schweiß ausbrach und er sich fühlte, als würde er bersten.

      Norman glotzte in das bleiche Gesicht, bis er sicher war, dass er nicht kreischen würde. Dass er dieses Gefühl irgendwie aushalten konnte. Erst dann senkte er den Blick und sah an sich herab.

      Ein grobmaschiges Magienetz umgab seinen Körper. Es wand sich in feinen Leuchtlinien um Brust und Arme und …

      Die Linien waren lila. Nicht golden. So verdammt lila wie ein verdammtes Veilchen …

      Nein, dachte Norman. Nein!

      4. Enttäuschend

      »Katalysator!«, rief der Direktor und Norman fühlte sich, als wäre er tausend Meter tief ins Eismeer gestürzt.

      »Nein!«, rief er und entriss dem bleichen Katalysator seine Hände. Der schaute verblüfft, aber Norman hatte keine Zeit für seinen Scheiß. »Ich bin ein Motor!«, brüllte er den Direktor an. »Ein Motor, kapiert?!«

      Dante Johansson riss die Augen auf und wich einen Schritt zurück. Doch Norman wirbelte schon zu dem verdammten Katalysator herum, der alles verbockt hatte.

      »Was hast du gemacht?« Seine Stimme hallte über den ganzen Platz. »Du hässliches Arschloch, was hast du gemacht? Ich bin ein Motor!«

      »Ich …« Hilfesuchend sah der Kerl sich um. Er war noch bleicher geworden. »Ich habe nicht …«

      »Junge.« Die Direktorin schritt auf ihn zu. »Pascal hat nichts damit zu tun, ob du ein Motor oder Katalysator bist. Das ist vorherbestimmt.«

      »Einen Scheiß ist es!« Norman ballte die Fäuste. Er hörte ein leises Lachen und fuhr herum.

      Ausgerechnet Gunnar Krafft saß da unten auf einem der Polstersessel und grinste amüsiert. Die wunderbar weißen Zähne blitzten.

      »Mach sofort einen Motor aus mir!«, brüllte Norman den Blässling an.

      Etwas erwischte ihn und holte ihn von den Beinen. Ein Windstoß. Eine gezielte Böe folgte. Er rollte über die Bretter und stieß sich beide Schultern am Holz. Heller Schmerz fuhr durch seinen Hinterkopf. Durch die Funken, die vor seinen Augen tanzten, sah er den Direktor, der die Hände erhoben hatte.

      Oh nein. Dante Johansson machte eine scharfe Geste nach links und Norman wurde hochgerissen und zu Boden geschleudert. Es tat weh. Scheißweh. Einen Augenblick lang glaubte er, seinen Rücken brechen zu hören. Aber das war nur das Knacken der Bretter unter ihm.

      »Hör auf, dich lächerlich zu machen und geh in deine Ecke!«, zischte jemand in sein Ohr. Die Direktorin. Norman stieß sich vom Boden ab und funkelte sie wütend an. Die Alte würde er …

      Gelächter erklang. Dröhnendes Gelächter. Die Bretter unter seinen Füßen bebten, so laut donnerte es heran. Jetzt war es nicht nur Gunnar (Gunnar!), der wieherte. Norman drehte sich um und sah in zweitausend hämische Gesichter. Alle schauten ihn an. Finger zeigten auf ihn,