Lautstark verliebt. Regina Mars. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Regina Mars
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783962556884
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Klavier, Schlagzeug und alles Mögliche gekämpft.

      Mina war besser als er gewesen, wie immer. Die hatte jedes neue Instrument gelernt und ohne Zögern wieder abgegeben. Die hatte die Synapsen im Gehirn, die nur durch künstlerische Betätigung entstanden, ausgebildet, und dann was Vernünftiges damit gemacht. Korbinian? War ein mittelmäßiger Schüler und zunächst auch ein mittelmäßiger Musikschüler gewesen.

      Erst nach zwei Jahren Musik-Mischmasch hatte sein Tutor ihm eine E-Gitarre in die Hand gedrückt. Eine grellblaue Fender Affinity, das Modell, das er sich direkt darauf zu Weihnachten gewünscht hatte. Und er hatte … Es war gewesen, als würde sich die Welt endlich öffnen. Als hätte er in einem vollkommen chaotischen Universum die eine Sache gefunden, die Sinn machte.

      Plötzlich war er der Beste im Kurs gewesen, hatte jeden Tag Griffe geübt, bis seine Fingerspitzen bluteten. Da hatte seine Mutter begonnen, sich Sorgen zu machen. Wenn er sich morgens mit zugepflasterten Händen hastig ein Brot schmierte, um noch vor der Schule zehn Minuten spielen zu können.

      Und nach vier Wochen, als er die Gitarre eigentlich hätte abgeben müssen, um mit der Geige anzufangen, hatte er sich geweigert. Er war nicht zur Musikschule gegangen und hatte sich im Zimmer verschanzt, um sie behalten zu können.

      Das hatte Ärger gegeben. Aber irgendwie hatte er seine Eltern überzeugen können, dass er den Musik-Mischmasch durch Gitarrenunterricht ersetzen durfte. Er hatte bis heute keine Ahnung, wie.

      »Korbinian! Deine Schwester hat dich etwas gefragt«, unterbrach seine Mutter seine Gedanken.

      »Was?«

      »Weißt du schon, ob du nach Stuttgart an die Uni kommst, wenn das Jahr vorbei ist?«

      Mina lächelte ermunternd. Korbinian schüttelte den Kopf, hörte das leise Seufzen seiner Mutter und wurde für den Rest des Abendessens in Ruhe gelassen.

      Dieser Charles kam ihm plötzlich in den Sinn.

      Er fragte sich, ob der auch gerade mit seiner Familie zu Abend aß. Vermutlich nicht. Der war zu cool dafür. Er konnte sich nicht mal vorstellen, wer dessen Eltern waren. Die ältere Dame im Metallica-Shirt hatte nicht gewirkt, als ob sie seine Mutter wäre, aber … hm. Er wirkte, als sei er mit Tattoos und diesem spöttischen Blick auf die Welt gekommen.

      Wahrscheinlich war er gerade bei seiner Freundin. Oder auf einem Konzert. Was Leute eben so taten, die wirkten, als würden sie in diesen Gitarrenladen gehören. Korbinian war ein wenig neidisch. Und ein wenig … Hm. Er konnte das nicht erklären. Wenn er an Charles' verständnisvolles Lächeln dachte, stob ein winziges Gefühl in ihm auf. Wie eine Biene, die aus dem Winterschlaf erwachte.

      Falls Bienen überhaupt Winterschlaf hielten. Vermutlich nicht.

      1.3 Korbinian

      Bellas Gitarren & Reparatur war geschlossen, als Korbinian am Montagmorgen dort ankam. So ein Mist. Aber auf der Tür stand doch, dass sie ab 10 Uhr aufhatten. Nur … hatten weder das Mädchen an der Kasse, noch Charles, noch die Alte (Bella?) gewirkt, als würden sie sich an Regeln halten. Oder an Ladenöffnungszeiten.

      Korbinian zitterte trotz seiner dicken Jacke. Die Gasse war so klein, schäbig und kalt wie vor einer Woche. Vielleicht noch kälter. Er konnte sich nicht an eisigen Wind erinnern, der über seine geröteten Wangen gestrichen war. Es roch nach Mülleimer und Winter, und …

      Was sollte er nun tun? Er musste warten, bis ihm jemand aufmachte. Sollte er in ein Café gehen? Er kannte kein Café und er traute sich nicht, Geld auszugeben, falls die Reparatur doch teurer sein würde, aber …

      Er schluckte. Er hätte wissen müssen, dass sie nicht gleich um zehn öffneten. Außerdem … Was tat er schon hier? Er war erst um eins mit Mina verabredet. Selbst wenn die hier um zehn geöffnet hätten (und er war schon um fünf vor da gewesen), hätte er fast drei Stunden Zeit totschlagen müssen. Aber er vermisste Cherry so sehr, als wäre sie sein linkes Bein, mindestens, und er konnte es kaum erwarten, sie wiederzuhaben. Er …

      »Hey!«

      Er kannte die Stimme. Korbinian fuhr herum. Charles schlenderte die Gasse entlang, sicher und elegant wie ein Tiger. Ein Tiger mit dunklen Augenringen, was seiner Attraktivität keinen Abbruch tat. Natürlich trug er eine abgewetzte Lederjacke mit irgendwelchen Bandabzeichen auf den Armen. Er gähnte.

      »Du warst der Typ mit der Black Cherry Flame, oder?«, fragte er und gähnte nochmal.

      Korbinian nickte. Irgendetwas an Charles' Anwesenheit hatte ihm die Sprache verschlagen. Als er direkt vor ihm stand, konnte er ihn sogar riechen. Bier und alter Rauch und … irgendetwas Würziges, Gutes.

      »Sorry«, brummte Charles und streckte sich. »War spät gestern.«

      Er kramte in den Taschen seiner enganliegenden Jeans und förderte einen Schlüssel zutage, den er in das Schloss der Ladentür steckte. Korbinian wurde bewusst, dass er noch nichts gesagt hatte. Er sollte etwas sagen, oder?

      »Äh … Wie spät war's denn gestern?«, stammelte er. War das eine dumme Frage?

      »Hm.« Ein schwaches Lächeln zuckte über Charles' Lippen. Er fuhr sich mit den Händen durch die Haare und schien nachzudenken. »Halb drei? Gaia Gepardo haben gespielt und danach gab's noch 'ne kleine Party …«

      »Gaia GepardoSei ruhig und tu so, als wüsstest du, wovon er redet, schaltete sich sein Gehirn ein. Einen Moment zu spät. Charles öffnete die Tür. Die Luft war abgestanden und roch nach altem Öl und Sägespänen.

      »Speed Metal mit Melodic-Einflüssen. Die kommen aus Offenbach.«

      »Ach so.« Korbinian zögerte vor der Türschwelle. »Äh … ich kann mit reinkommen, oder?«

      Die grauen Augen musterten ihn belustigt und er kam sich wieder wie ein Idiot vor.

      »Sicher«, sagte Charles.

      »D-danke.«

      Korbinian zuckte zusammen, als Charles hinter ihm abschloss. Warum … Leider bemerkte der seinen Blick.

      »Ich kann die Tür nur offen lassen, wenn oben einer ist«, erklärte er. »Und ich habe in der Werkstatt zu tun.«

      »Ah.« Korbinian nickte unsicher.

      »Aber deine Cherry ist fertig. Ich kann sie abkassieren.« Charles drehte sich um und ging an den schwarzen Wänden entlang.

      »W-woher weißt du, dass sie Cherry heißt?«, fragte Korbinian und hätte sich am liebsten geohrfeigt. Was für dämliche Fragen stellte er hier? Aber Charles zuckte nur mit den breiten Schultern.

      »Wusste ich nicht. Ich habe sie so genannt, als ich an ihr gearbeitet habe. Macht ja auch Sinn.«

      »Ja.« Korbinian entspannte sich ein wenig.

      Zögernd folgte er Charles durch den Laden und die Treppe hinunter. Hier war es deutlich wärmer als draußen. Viel besser.

      »Ich habe eine Les Paul«, sagte Charles, zog seine Jacke aus und warf sie über den nächstbesten Stuhl. Selbst im Dunklen traf er. Sein Mädchenschwarmlächeln blitzte auf. »Lesley.«

      Korbinian lachte. Er entspannte sich zusehends, obwohl er mit einem Fremden in einem dunklen Raum stand, eingeschlossen in einem Laden … Okay, toll war das nicht.

      Charles haute schwungvoll auf einen Schalter. Licht flammte auf. Regale, Bänke und Stühle schälten sich aus der Finsternis. Die Reihe der fertigen Gitarren an der Wand. Cherrys blutroter Leib funkelte und Korbinian hatte das Gefühl, nach einer Woche endlich wieder atmen zu können.

      Charles fuhr sich durch die Haare, und Korbinian fiel erneut auf, wie attraktiv er war. Die wölfischen Augen, die scharfgeschnittene Nase, der kräftige Kiefer, der breite Mund … Doch, der hatte bestimmt eine Freundin.

      Er beobachtete Charles' sichere Schritte, mit denen er zur Wand ging. Mühelos nahm er Cherry herunter. Aber statt sie Korbinian