Die Anwendung von spezifischen Maßnahmen des Konfliktmanagements wird von Reiss insbesondere dann empfohlen, wenn sich manche Mitarbeiter als Gewinner des Wandels sehen und andere wiederum durch die Veränderungen »abgehängt« werden und sich, bedroht durch möglichen Kompetenz- und Machtverlust, als Verlierer des Wandels fühlen (vgl. Reiss, 2011: 29). Mit dem Einsatz von Konfliktmanagement zur Überwindung von Widerständen beschäftigt sich Kapitel C 7.2.3 genauer.
Ein Praxisbeispiel für die Überwindung von Widerständen wird von Ute Reuter eingehend analysiert. Es geht dabei im Zusammenhang mit der Überwindung von Widerständen um die Frage, wie die Mitarbeiter von zwei Facility Management-Unternehmen dazu gebracht werden können, die Digitalisierung des Beschaffungsprozesses in ihren Unternehmen mitzutragen und positiv zu unterstützen. Im Wesentlichen werden die genannten Faktoren auf ihre Relevanz hin untersucht (vgl. Reuter, 2013: 219 ff) und im Ergebnis positiv bestätigt (vgl. Reuter, 2013: 258 ff).
Kim Cameron beschreibt, welche Aktivitäten in Unternehmen dazu beitragen können, dass Veränderungen positiv begegnet wird und Widerstände überwunden werden können:
1. Verminderung der hemmenden Kräfte:
• Die Beteiligung der anderen sicherstellen.
• Bereiche finden, in denen eine Einigung möglich ist.
• Festlegen, was sich auf keinen Fall ändern soll.
2. Verstärkung der treibenden Kräfte:
• Vorteile identifizieren.
• Koalitionen bilden und Wortführer identifizieren.
• Grundwerte festlegen und demonstrieren. (vgl. Cameron, 2013: 34)
Grundsätzlich sollte die Überwindung von Widerständen als Chance angesehen werden, insgesamt bessere Ergebnisse zu erreichen (vgl. Ford/Ford, 2009: 100, 103).
2.4 Personalentwicklungsmaßnahmen
Personalentwicklung ist ein sehr weites Feld, in dem eine Vielzahl von Instrumenten und Maßnahmen Anwendung findet. Abbildung A.7 gibt einen alphabetisch geordneten Überblick über Maßnahmen und Instrumente der Personalentwicklung.
Abb. A.7: Personalentwicklungsmaßnahmen und -instrumente von A bis Z (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Inhalte aus Krämer, 2012: 53 ff sowie Becker, 2013: 608 ff).
Neben den genannten lassen sich sicherlich noch weitere Personalentwicklungsmaßnahmen identifizieren. Im Zusammenhang mit der Digitalisierung weiter Teile der Unternehmenslandschaft werden sich in Zukunft zudem neuartige Wege der Personalentwicklung etablieren, über die heute noch nicht nachgedacht wird. Die Aufzählung bietet Anhaltspunkte für die Gestaltung der Personalentwicklung, erhebt aber aufgrund der stetigen Weiterentwicklung der Personalentwicklungsmaßnahmen in der Praxis keinen abschließenden Anspruch auf Vollständigkeit.
In der klassischen Personalentwicklung entscheidet die Führungskraft, welche Personalentwicklungsmaßnahme zu einem bestimmten Zeitpunkt für einen spezifischen Mitarbeiter sinnvoll ist (Push-Prinzip). In der modernen Personalentwicklung geht auch immer häufiger der Mitarbeiter direkt auf die Führungskraft zu und schlägt die eigene Teilnahme an einer bestimmten Personalentwicklungsmaßnahme vor (Pull-Prinzip).
Aufgrund der Vielzahl von unterschiedlichen, von Fall zu Fall sinnvollen Personalentwicklungsmaßnahmen ist es dringend notwendig, eine gewisse Systematisierung einzuführen, damit sowohl die Führungskraft als auch der Mitarbeiter eine Chance hat, den Überblick zu behalten. Eine mögliche Systematisierung ist die Gruppierung der Personalentwicklungsmaßnahmen entlang der Laufbahn des jeweiligen Mitarbeiters. Abbildung A.8 stellt die laufbahnbegleitende individuelle Personalentwicklung im Zeitablauf dar.
Abb. A.8: Laufbahnbegleitende individuelle Personalentwicklung (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Schmeisser u. a., 2013: 77; Dillerup/Stoi, 2013: 603 ff; Holtbrügge, 2013: 135 ff; Berthel/Becker, 2017: 545 f; Conradi, 1983: 25)
2.4.1 Personalentwicklung vor dem bzw. beim Eintritt ins Unternehmen
Wird die individuelle Personalentwicklung laufbahnbegleitend betrachtet, so fällt der Blick zunächst auf die Maßnahmen, die vor dem oder beim Eintritt eines Mitarbeiters ins Unternehmen relevant sind. Diese Kategorie wird als Into-the-Job bezeichnet (ganz links in
2.4.1.1 Berufsausbildung und Anlernausbildung
Ein wichtiges Instrument in der Kategorie Into-the-Job ist die Berufsausbildung, die in Deutschland nach dem dualen Prinzip organisiert ist (vgl. Dillerup/Stoi, 2013: 604). Die duale Berufsausbildung ist in Deutschland geprägt vom Zusammenspiel zwischen dem ausbildenden Unternehmen, dem Auszubildenden und dem Staat. Die wichtigsten Rahmenbedingungen der Berufsausbildung sind im Berufsbildungsgesetz (BBiG) festgelegt. Bei einem Großteil der Ausbildungsberufe liegt die Dauer der Berufsausbildung bei drei Jahren, von denen die Auszubildenden ca. 70 Prozent der Zeit im Ausbildungsbetrieb und ca. 30 Prozent der Zeit an der Berufsschule verbringen. (vgl. Wenzelmann, 2016: 15 f)
Ist ein Auszubildender nach Feststellung des Arbeitsamtes noch nicht ausbildungsgeeignet, so kann das Unternehmen den Auszubildenden zunächst im Rahmen eines Betriebspraktikums einstellen. Diese berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme kann staatlich gefördert werden. (vgl. Bundesgesetzblatt, 2001: 3449)
Eine in Deutschland nicht ganz so weit verbreitete Art der Ausbildung ist die Anlernausbildung. Bei der Anlernausbildung wird auf die Vermittlung von berufsübergreifenden und allgemeinen Kenntnissen in einer Berufsschule verzichtet. Stattdessen werden Mitarbeiter, die eine Anlernausbildung durchlaufen, ausschließlich im Ausbildungsbetrieb an den Ablauf der späteren Tätigkeit herangeführt. (vgl. Holtbrügge, 2013: 136) Bei diesen praktischen Unterweisungen steht eindeutig die Entwicklung ganz konkreter Fertigkeiten mit einem direkten Bezug zur Tätigkeit am Arbeitsplatz im Vordergrund (vgl. Dillerup/Stoi, 2013: 604). Die vermittelte Tätigkeit hat ein geringes Anspruchsniveau und besteht zumeist aus manuellen Abläufen, die überwiegend ausführender Natur sind. Einen formalen Ausbildungsabschluss erhalten Mitarbeiter nach der Anlernausbildung nicht. (vgl. Holtbrügge, 2013: 136)
2.4.1.2 Trainee-Programme
Ebenfalls zur Kategorie Into-the-Job gehören Trainee-Programme, in denen die Teilnehmer nach einem vorher festgelegten Zeitplan verschiedene Abteilungen und Standorte eines Unternehmens durchlaufen. Der Trainee lernt viele verschiedene Einsatzbereiche kennen und erhält einen generalistischen Überblick über die im Unternehmen relevanten Prozessabläufe. (vgl. Krämer, 2012: 62) Trainee-Programme richten sich hauptsächlich an Hochschulabsolventen (vgl. Dillerup/Stoi, 2013: 604) und haben eine Dauer von 6-24 Monaten. In dieser Zeit hat der Trainee keine oder nur eine sehr begrenzte Aufgabenverantwortung. Besonders in den 1980er und 1990er Jahren war diese Form der vorbereitenden Personalentwicklung bei Unternehmen sehr beliebt. In den letzten Jahren zeichnet sich ab, dass vor allem Nachwuchsführungskräfte bereits ab