Gott hat uns aus reiner Freude und Liebe erschaffen. Er liebt uns nicht, weil wir ihm etwas bieten könnten, sondern einfach so. Entsprechend ist es der Gipfel der Weisheit, Gott um seiner selbst willen zu lieben und Menschen nicht danach zu bewerten, was sie uns „bringen“, sondern sie als Wesen zu schätzen, die das Bild ihres Schöpfers widerspiegeln (1. Mose 1,26-27).
Wenn das nächste Mal eines Ihrer Gebete nicht erhört wird, fragen Sie sich: Liebe ich Gott um seiner selbst willen oder nur wegen der Dinge, die er mir gibt?
Gebet: Herr, dass das Herz der Weisheit die Freude an den Dingen um ihrer selbst willen ist, erstaunt mich. Als moderner Mensch bin ich zu beschäftigt, um so lange über „das Werk deiner Hände“ nachzusinnen, bis ich meinen Schöpfer und Erlöser anbete. Gib, dass ich mir mehr Zeit für das Schöne nehme. Amen.
3. Februar
Ihre Dienerinnen hat sie losgeschickt, damit sie von der Stadtmauer herab die Einladung zum Festmahl ausrufen. „Wer einfältig und unerfahren ist, soll herkommen!“ Die Unverständigen lädt sie ein: „Kommt, esst von meinem Brot und trinkt von dem Wein, den ich gemischt habe! Wendet euch von der Unvernunft ab, dann werdet ihr leben. Geht geradeaus auf dem Weg der Einsicht.“ (9,3-6)
Das Festmahl der Weisheit. Frau Weisheit lädt uns in ihr Haus ein, wo ein Festmahl auf uns wartet. Das köstliche Essen steht für die Sehnsüchte und Wünsche unseres Herzens. „Im Laufe der Zeit nehmen wir zu an Weisheit oder Torheit, je nachdem, was unsere tiefsten Vorlieben und Ziele sind.“45 Wir können nicht frei werden von der Arbeitssucht, wenn wir Geld und Status zu sehr lieben. Wir können unsere Verbitterung oder unsere üble Nachrede nicht überwinden, wenn unser Ruf uns zu wichtig ist. Weise werden ist nicht nur Willenssache; es geht um neue Prioritäten bei unseren Wünschen.
Der Weg der Weisheit ist kein Weg der Schnellschüsse. Er erfordert den langen Atem des Lernens und der Disziplin – der Disziplin nicht nur des Denkens und Wollens, sondern auch des Herzens. Glaube nicht nur an die Güte Gottes, genieße sie in Gottesdienst und Gebet. Christen wissen, dass das endgültige Festmahl der Seele die Hochzeit des Lammes sein wird (Offenbarung 19,6-9), wo Jesus, der Herr des Festes, uns mit dem „besseren Wein“ seiner rettenden Liebe laben wird (Johannes 2,1-11). Schon die Vorgeschmäcker, die wir jetzt darauf bekommen, heilen unsere Unruhe und machen uns dadurch weise. „Der Berg von Zion gibt uns tausend Süßigkeiten, noch eh’ wir durch die goldenen Gassen geh’n.“46
Gehört zu Ihrem Gebetsleben die Freude an Jesus, oder ist es eher eine lange Wunschliste?
Gebet: Vater, ich habe viele falsche Entscheidungen getroffen. Im Nachhinein erkenne ich, dass sie weniger aus Unkenntnis als vielmehr aus einem leeren Herzen entsprangen. Gieße durch den Heiligen Geist deine Liebe in mein Herz hinein (Römer 5,5). Amen.
4. Februar
Wer einen Spötter zurechtweist, wird von ihm nur beschimpft, und wer einen Gottlosen tadelt, zieht sich selbst Schaden zu. Rüge keinen Spötter, damit er dich nicht hasst! Ermahne lieber einen weisen Menschen, denn der wird dich dafür lieben. Belehre einen Klugen, dann wird er noch klüger, unterweise einen Rechtschaffenen, dann lernt er dazu. (9,7-9)
Der Weg der Weisheit. Das Leben tadelt uns durch allerlei Prüfungen und Nöte, die uns unsere Schwächen und unsere Torheit zeigen, und Freunde helfen uns zum Wachsen durch die herbe Liebe der Korrektur. Dies sind die beiden Varianten der Hauptlehrmethode der Weisheit – dass wir „die Quittung kriegen“.47
Je weiter man auf dem Weg der Torheit geht, desto mehr fühlt man sich durch alles, was einem widerfährt, bestätigt, und wenn das Leben schiefgeht, sind natürlich die Umstände oder die anderen schuld. Das verhärtet das Herz und macht immun gegen guten Rat. Belehre einen Klugen, dann wird er noch klüger, aber bei dem Spötter ist Hopfen und Malz verloren. Jesus formuliert dieses Prinzip, wenn er sagt: „Denn wer hat, dem wird gegeben“ (Matthäus 13,12-16). Je mehr Weisheit wir haben, umso mehr werden wir auf jeder Biegung unserer Lebensstraße dazubekommen. Und je weniger wir haben, desto weniger lernfähig werden wir. Also: Lernen Sie aus Ihren Fehlern und aus der Kritik der anderen, egal, was es kostet!
Wann haben Sie sich das letzte Mal in einer wichtigen Sache von jemand oder etwas korrigieren lassen?
Gebet: Herr, wenn ich Probleme habe oder Mist baue, hilf mir, alle Ausreden und Schuldverschiebespiele, diese Tricks der Toren, sein zu lassen. Lass mich ehrlich zu dir sagen: „Ich habe keine Entschuldigung!“ und lernen, was ich lernen muss. Lass mich mit dem anfangen, was gestern war. Amen.
5. Februar
Wenn du weise bist, kommt es dir selbst zugute, und wenn du ein hochmütiger Spötter bist, musst du die Folgen allein tragen. (9,12)
Die Gesellschaft der Weisheit. Die Alten lernten, dass es einem gut ging, wenn man die Bedürfnisse seiner Familie und Gesellschaft über die eigenen stellte. Nichts könnte unserer modernen Kultur ferner liegen. „Sei du selber“, heißt es, und: „Mach dein Ding!“ Sollen die Verwandten und die Gesellschaft sehen, wie sie damit zurechtkommen … Heute opfern wir das Allgemeinwohl bedenkenlos auf dem Altar der absoluten Freiheit des Einzelnen. Das Ergebnis sind immer mehr Menschen, die entwurzelt und einsam sind.
Der Spötter verachtet die Werte und den Glauben der verschiedenen Gruppen und Gemeinschaften. Damit aber hat er keine wirklichen Freunde, sodass er am Ende allein vor sich hin leidet. Christen setzen weder den Willen des Einzelnen noch den der Gruppe oder Gesellschaft absolut, sondern den Willen Gottes. Wenn wir zum Glauben an das Evangelium kommen, fallen die Barrieren des Stolzes, die uns getrennt haben (Epheser 2,14-16), und die Einsamen werden in eine Familie aufgenommen (Psalm 68,7; Johannes 1,12-13). Die Erlösung bringt uns neue und tiefere Beziehungen; die Sünde dagegen macht einsam.
Werden Ihre Freundschaften gerade mehr und besser, oder lassen Sie sich in den Strudel der Geschäftigkeit und der Mobilität des modernen Lebens reißen?
Gebet: Herr, ich danke dir, dass du mich in ein neues Volk und eine neue Familie hineingeholt hast. Es ist nicht einfach, offen zu sein und sich die Zeit zur Beziehungspflege zu nehmen. Aber ich muss dies tun – um dich, meinen Vater, zu ehren, aber auch damit ich nie mehr alleine leiden muss. Amen.
6. Februar
[Frau Torheit] sitzt vor der Tür ihres Hauses in einem Sessel an der Stadtmauer, um alle einzuladen, die vorübergehen und bisher einen geraden Weg verfolgten: „Wer einfältig und unerfahren ist, soll herkommen!“ Den Unverständigen lockt sie: „Gestohlenes Wasser schmeckt süß, und heimlich gegessenes Brot ist köstlich!“ (9,14-17)
Die Torheit bietet nur Diebesgut. Wie die Weisheit bietet auch die Frau Torheit Essen und Trinken an – aber es ist gestohlen. „Torheit und Sünde sind immer Parasiten des Guten, das Gott in seiner Weisheit erschaffen hat. Die Torheit nimmt die guten Dinge und verdirbt sie, indem sie sie aus ihrem angestammten Ort in der Ordnung der Dinge herausreißt … Die Torheit hat ihr Haus nicht erbaut, sondern gestohlen.“48
Viele junge Erwachsene heute sind unreligiös und relativistisch; für sie hat jeder das gute Recht, sich seine eigenen Werte zu schaffen, und sie lassen sich von niemandem Vorschriften machen. Doch dieselben Leute haben tiefe „antirassistische“ und „antisexistische“ Überzeugungen, die sie für allgemeingültig halten.49 Diese „absoluten“ moralischen Werte sind Diebesgut; sie sind völlig sinnlos, wenn es keinen Gott gibt und alle Moral kulturell relativ ist. Das Festmahl der Weisheit bietet uns alle Güter, die ein Mensch braucht – Sinn, Erfüllung, Freiheit, Identität und Hoffnung. Und sie sind