Der Raubgraf. Julius Wolff. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Julius Wolff
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783961183517
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her, gnädigste Domina!« klang es augenblicks von der offenen Tür, und auf der Schwelle erschien Graf Albrechts hohe Gestalt, von Kopf zu Fuß im Panzerhemd, das aus lauter kleinen Eisenringen geflochten war, und über welches sich ein kurzer, ärmelloser Waffenrock von dunkelroter Farbe schmiegte.

      »Habt Ihr ihm zugesagt oder abgesagt?« frug die Äbtissin dem Eintretenden lebhaft entgegen.

      »Keines von beidem war nach der Zwiesprache, die ich mit ihm hatte, noch vonnöten!« erwiderte der Graf.

      »Hattet Ihr Streit mit dem Bischof?«

      »Man könnte es fast so nennen!« lachte er, indem er auf eine Handbewegung der Äbtissin ihr gegenüber am Tische Platz nahm. »Denkt Euch, Domina, wie mir der Gesalbte des Herrn in die Wolle gegriffen hat! Vor etlichen Monden bietet er mir Burg Schwanebeck zum Tausch gegen Schloss Emersleben, weil jenes allernächst bei Halberstadt und dieses unserem Hause Crottorf bequemer liegt. Ich war es zufrieden, und wir wechseln die Handfesten darüber aus. Wie er mir die seinige schickt, sehe ich nur nach der Unterschrift des Bischofs und werfe das Ding ungelesen in den Kasten. Jetzt fordert er mich auf, als sein Lehensträger zur Inthronisation zu kommen. Lehensträger? denk' ich und reibe mir die Augen, du des Bischofs Lehensträger? Da fährt mir's wie ein Blitz durch den Kopf, ich hole die Schwanebecker Schrift hervor, und meiner Seele! es ist kein Kaufbrief, sondern nur ein Lehensbrief über die Burg. Ich springe in den Sattel, jage hinüber und stelle den Bischof zur Rede. Da antwortet er mir: er wäre nicht geständig, etwas Verbindliches Kaufs halber mit mir verhandelt zu haben; Kirchengut wäre ihm nicht feil, das könnte er nur zu Lehen geben; ich hätte es ja schwarz auf weiß. Solcher Untreue hatte ich mich nicht versehen, wollte den Tausch rückgängig machen und meine sechshundert Mark Wersilber heraus haben, die ich ihm noch darauf gegeben hatte. Aber der ehrsame Herr lachte mich aus, er hätte meinen gesiegelten Kaufbrief, und Schloss Emersleben wäre in guten Händen. – Was sagt Ihr zu dem Stücklein, Domina?«

      »Ein Schelmenstück ist es!« erwiderte die Äbtissin.

      »Nicht wahr? Nun ich habe ihm den Hafer ausgedroschen und mir den Handel ins Achtbuch geschrieben,« sagte der Graf in aufloderndem Zorne.

      »Als Andenken daran, dass Ihr es nicht vergeßt, habt Ihr ja nun auch Schwanebeck zu Lehen, Herr Graf,« spottete Kunigunde.

      »Ich danke Euch für den Trost, gefühlvollste aller Pröpstinnen!« versetzte der Graf.

      Die Äbtissin aber wandte sich zu ihrem Kanzler und sagte: »Nun, Herr Stiftshauptmann, heißt das Farbe halten?«

      »Der hochwürdigste Bischof ist ein weltläufiger und gar geschwinder Herr,« erwiderte der also Gefragte. »Ihr habt ihn bei dem Tauschgeschäft wohl falsch verstanden, Herr Graf; denn er pflegt sonst vornehm und gering reinen Wein einzuschenken.«

      »Hütet Euch, dass ein solcher Ehrentrunk nicht auch einmal an Euch gelangt, Herr Willekin!« warnte der Graf. »Ihr Herren Quedlinburger scheint zwar mit dem Bischof auf einem sehr guten Fuß zu stehen.«

      »Warum sollten wir nicht? er hat uns nie ein Leids getan.«

      »Aber er macht Euch Leute zu Feinden, die besser Eure Freunde wären!«

      » Ad exemplum den edlen Grafen Albrecht von Regenstein. Ihr habt es uns merken lassen, Herr Graf!«

      »Dass Euch das Wetter, Herr! Ihr sollt es noch anders merken!« brauste der Graf und stieß mit dem Schwert auf den Boden.

      »Heia! was gibt es zwischen euch, ihr Herren?« frug die Äbtissin lachend.

      »O ich habe noch einen anderen Span mit dem Bischof,« erwiderte der Graf finster. »Er ist meiner Gerichtsbarkeit ins Gehege gekommen, hat hier in der Stadt ohne mein Wissen und Willen ein geistlich Gericht bestellt, und der Rat scheint mit ihm unter einer Decke zu stecken, denn er lässt ihn gewähren und leistet ihm Vorschub mit seinem Aftergericht. Zwei Hintersassen waren vor meine Dingbank geladen, haben sich aber nicht gestellt, sondern hier in der Stadt vom Rektor an Sankt Ägidien Recht genommen. Da habe ich mir als Geiseln ein paar Quedlinburger gefangen und eingelegt.«

      »Die aber ganz unschuldig sind«, warf der Stiftshauptmann ein.

      »So liefert mir die Schuldigen aus, dass ich ihrem Beschulden nach mit ihnen verfahren kann. Bis dahin und so lange Ihr ein bischöflich Gericht in Euren Mauern duldet, will ich der Stadt Fein sein«, entgegnete der Graf mit großer Heftigkeit.

      »Habt Ihr dem Bischof seinen Übergriff nicht vorgehalten?« frug die Äbtissin.

      »Mit recht deutlichen Worten, gnädige Domina!« erwiderte der Graf und bewegte dabei zum größeren Nachdruck nickend das Haupt. »Wißt Ihr, was er mir darauf antwortete? – Geistlich Recht ginge vor weltlich Recht, sein Krummstab reichte weiter als mein Schwert!«

      »Und Ihr?«

      »Ich schlug mit der Faust auf den Tisch, dass er krachte, und schrie den Bischof an: Dann sehet zu, wie sich krumm und grade miteinander verträgt! Danach saß ich flugs auf, trabte hierher – und da bin ich!«

      »Und dabei lasst Ihrs bewenden?«

      »Dass ich ein Narr wäre!« lachte der Graf. »Ehe mein hinterlistiger Namensvetter auf seinem bischöflichen Throne sitzt, sitz' ich wieder in Schloss Emersleben, und wenn ich jeden einzelnen seiner eingenisteten Pfaffenknechte kopfüber von den Zingeln in den Graben werfen soll. Bin ich damit fertig, so kommen die Herren Quedlinburger an die Reihe. Ich will ihnen zeigen, wer hier Gerichtsherr ist, ich oder der Bischof!«

      »Gräfin Kunigunde,« sprach die Äbtissin sich rasch erhebend, »wir gehen nicht nach Halberstadt!«

      »Domina!!«

      »Wir gehen nicht nach Halberstadt!« wiederholte sie herrisch befehlend.

      »Jesus, mein Beistand! das kann Euer Ernst nicht sein!« jammerte Kunigunde, »es wäre nicht zu verantworten!«

      »Ihr braucht es ja nicht zu verantworten, das tu' ich!« erwiderte Jutta.

      Die Pröpstin seufzte und sandte einen verzweifelten Blick gen Himmel.

      Der Stiftshauptmann rückte ärgerlich auf seinem Sessel und begann: »Aber unter welchem Vorwande, gnädigste Frau –«

      »Vorwand?« sagte Graf Albrecht, der sich zugleich mit der Äbtissin erhoben hatte, »braucht es eines Vorwandes, wenn die Fürstin von Quedlinburg den Bischof von Halberstadt meiden will? Aber wenn Ihr darum verlegen seid, Herr Stiftshauptmann, so will ich Euch einen Vorwand sagen. Dem Bischof fehlt die Konfirmation des Heiligen Stuhles. Der Papst hat den Herzog Albrecht nicht bestätigt und wird ihn nie bestätigen.«

      »Wie wollt Ihr das wissen, Herr Graf?« frug die Pröpstin herausfordernd dazwischen.

      »Das schreibt, Herr Willekin!« gebot aber schnell die Äbtissin. »Schreibt dem Bischof, nächst des Kaisers Majestät wäre der Heilige Vater unser Oberherr; wir könnten uns daher an einer Weihe nicht beteiligen, die ohne den päpstlichen Segen in unseren Augen keine rechte Weihe wäre.«

      »Gut, gut!« frohlockte der Graf.

      Der Stiftshauptmann schüttelte den grauen Kopf und sagte: »So erlaubt wenigstens, gnädige Fürstin, dass ich nach Halberstadt reite und Eure Ablehnung beim hochwürdigsten Bischof mit allem Glimpf selber ausrichte.«

      »Tut das, Herr Stiftshauptmann!« erwiderte die Äbtissin, »meinen Willen wißt Ihr.«

      »Das soll nicht geschehen,« widersprach der Graf.

      »Herr Willekin reitet nach Halberstadt,« befahl die Äbtissin erhobenen Hauptes. »Euer Einspruch ändert daran nichts, Herr Graf!«

      Graf Albrecht lachte hell auf: »Meinetwegen, laßt ihn auf allen vieren zum Bischof kriechen, hochgebietende Fürstin und Domina!«

      Der Äbtissin schoß das Blut in die Wangen; zürnend wandte sie sich ab.

      Der Stiftshauptmann war beleidigt aufgefahren, zu einer raschen Erwiderung bereit, aber ein stolzer Blick des Grafen band ihm die Zunge. Mit einem gnädigen Nicken gab die Äbtissin ihm