Der Raubgraf. Julius Wolff. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Julius Wolff
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783961183517
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in der Runde waren die Bauchvettern zusammengeströmt.«

      »Die könnens!« sprach ein anderer, »sind ja mit Pfründen und Gütern behängt wir der Weinstock mit Trauben.«

      »Ich meine, von den weltlichen Herren ist mancher ausgeblieben, der doch geladen war?« frug einer.

      »Keiner von unseren Herrn war da,« erwiderte Nothnagel, »und der Mansfelder, der Hohnsteiner und der Stolberger waren auch nicht gekommen.«

      »Und auch nicht unsere gnädige Frau von Quedlinburg,« fiel Hasenbart ein. »Ich habe mir die Augen nach ihr ausgeguckt, aber sie war nicht da; Gott weiß den Grund.«

      »Weil sie mit der Wahl des Herzog Albrecht nicht einverstanden ist,« sagte einer der Knechte.

      »Es hat sich ja auch lange genug damit gestoßen, bis sie ihn im Kapitel durchgebracht haben,« sprach Nothnagel. »In Halberstadt munkelten sie, der Papst wäre gegen ihn.«

      »Beim Kaiser soll er auch nicht viel Platz haben,« bemerkte ein anderer.

      »Nun, wir haben uns nicht daran gestoßen,« lachte Hasenbart. »Wir zechten und waren fröhlich.«

      »Habt wohl brav bankettiert?«

      »Ja, Bruder, das haben wir! hatten ja Geld auf den Tisch zu schütten, das uns der Graf gegeben hatte, weil wir Regenstein'sche Farbe am Rock führten. Wir sollten uns zeigen, wenn das Becherlein umging. Und das haben wir getan, Bruder! haben gute Kumpanei gehalten mit des Rates Gepanzerten und anderen biderben Leuten, die mit ihren Herren eingeritten waren. Die Bischöflichen aber ärgerten sich, denn mit denen haben wir uns nicht gemein gemacht.«

      So erzählten die beiden ihren zuhörenden Gesellen und gaben ihnen auf alle Fragen gern Auskunft und frohen Bescheid. Als aber die bösen Sieben an Quedlinburg herankam, ritt Bock einen östlich der Stadt belegenen Hügel hinauf, den man fast einen Berg nennen konnte, und machte dort Halt.

      Es war ein die ganze Umgebung beherrschender Punkt mit einer weit reichenden Aussicht. Zu den Füßen der Rastenden lag die vieltürmige Stadt, im Hintergrunde derselben das ragende Schloss der Äbtissin und ihm gegenüber das Marienkloster auf der steilen Höhe des Münzenberges. Auch das Wipertikloster und die Gunteckenburg konnten sie sehen, und in der Ferne schloss der hohe Kamm des Gebirges das Bild gleich einem Rahmen ein.

      Die Stelle, ein großes umwalltes Hünengrab, das sich kuppelartig auf dem Rücken des Hügels erhob, wurde die Bockshornschanze genannt.

      Der Ritter hielt an, um zu kundschaften, wie nahe er sich wohl an der Stadt vorbeiwagen dürfe, ohne von schweifenden Knechten des Rates aufgehoben zu werden, und auch, ob sich nicht etwa einige schlecht bewachte Stück Vieh oder gar ein paar unvorsichtige Bürger blicken ließen, mit deren Einbringung der allezeit Raublustige seinem Herrn auch ohne dessen Auftrag eine Freude machen könnte.

      Nichts dergleichen war zu sehen, aber die Reiter hatten nichts zu versäumen; sie saßen ab und lagerten sich. Vielleicht war ihnen das Glück doch noch hold mit Zuführung irgendeiner Beute.

      Die böse Sieben führte ihren Namen schon in Betracht ihres Äußerlichen nicht mit Unrecht. Verwegene, zerhauene und zernarbte Gesichter mit struppigen Haaren und zottigen Bärten, geflickte Kettenpanzer und schäbige Wämser auf den vierschrötigen Gliedern und dabei Gäule, wie aus den Geschwadern des wilden Heeres gestohlen, machten zusammen den schauerlichen Eindruck eines Gesindleins, mit dem kein ehrlicher Christenmensch schon im Guten, geschweige denn im Unguten etwas zu schaffen haben mochte. Auch ihre Waffen sahen nicht aus wie Kinderspielzeug. Handfeste Spieße und ungeschlachte Schwerter waren die Hauptstücke; aber diesem hing noch eine leichte Armbrust, jenem ein schwerer Faustkolben am Sattel, und ihre Kesselhauben zeigten manche Beule.

      Nach einer guten Stunde fruchtlosen Wartens auf der freiliegenden Höhe rief plötzlich Feuerlein, einer der Knechte, der als Wache ausgestellt war: »Herr Ritter, da kommt was!« und zeigte auf den Weg nach Ballenstedt.

      Wie der Wind waren die anderen alle auf den Beinen und spähten nun eifrig und erregt nach der angedeuteten Richtung, wo halbwegs zwischen dem Hackelteiche und der Bockshornschanze sich ein kleiner Trupp Reisender bewegte.

      »Ich zähle sechs Pferde,« sagte Feuerlein.

      »Ich auch,« sprach ein anderer.

      »Ich sehe nur vier Reiter,« behauptete Hasenbart.

      »Hast recht, zwei Gäule sind bepackt,« versetzte Gutdünkel.

      »Das sind doch Frauenzimmer, die beiden vordersten?« sprach Bock.

      »Ja, ja, das sind Frauenzimmer,« lachte Springwolf.

      »Aber hinten reiten zwei Männer,« sagte Nothnagel.

      »Die vordersten sind auch Männer,« sprach Hasenbart.

      »Nein, nein! Frauenzimmer! die hinten sind Männer. Sie tragen Stahlhauben. Und die Frauenzimmer haben Mäntel an.« So riefen sie alle zugleich durcheinander, während sie schon mit hastigen Fingern an Schnallen und Riemenzeug ihrer Wehr und Panzerkleidung herumtasteten, ob alles fest in Ordnung sei zum raschen Überfall.

      »Zwei Frauen mit zwei Packpferden, von zwei Reisigen geleitet, – da muss doch was dahinter stecken!« meinte Feuerlein.

      »Jetzt zeigt einer mit der Hand gerade hierher.«

      »Sie haben uns gesehen.«

      »Hurtig! macht, dass ihr auf die Gäule kommt!« befahl Bock. »Wir müssen sie fangen. Hasenbart und Gutdünkel rechts herum, Feuerlein und Springwolf links! Nothnagel mit mir! Rupfer, du bleibst hier und gibst acht, ob ihnen nicht etwa ein Geleit aus der Stadt entgegenzieht. Vorwärts! springt zu, meine Wölfe!«

      Schnell waren sie im Sattel, und die vier sausten staubwirbelnd dahin, nach rechts und links einen Haken schlagend, um den Reisenden von zwei Seiten in die Flanken zu fallen, indes Bock mit Nothnagel gerade auf sie lostrabte.

      Die Nahenden merkten sehr bald, dass sie von Wegelagerern umzingelt wurden, und den Frauen ward bang zumute. Aber an Flucht war nicht zu denken, und da Bock sah, dass sie keinen Versuch dazu machten, erhob er die Hand, und die vier ausgeschwärmten Knechte hielten sich, getrennt voneinander, zu beiden Seiten in kurzer Entfernung von jenen, ohne sie anzugreifen. Bock ritt den Fremden nun gemächlich im Schritt entgegen.

      »Eilika, was fangen wir an?« sprach die eine der Reiterinnen in zitternder Angst. »Sag' ich meinen Namen und dass ich zur Äbtissin aufs Schloss will, oder sag' ich's nicht?«

      »Sagt es nicht, gnädiges Fräulein!« riet dringend einer der Reisigen.

      »Gnädiges Fräulein, mir kommt ein Gedanke!« sprach schnell die mit dem Namen Eilika angeredete Begleiterin. »In unseren Reisekappen sind wir nicht zu unterscheiden. Lasst uns tauschen; ich will die Herrin spielen, macht Ihr die Zofe. Vielleicht bring' ich uns durch.«

      »Alles, was du willst, Eilika!« sagte die erste wieder mit bebender Stimme. »O Gott, sei uns gnädig!«

      »Dann die Schleier vor!« flüsterte die Zofe.

      Einen halben Pfeilschuss vor den Fremden blieb Bock halten; ebenso Nothnagel etwas hinter ihm. Gutdünkel rechts und Feuerlein links hatte die Armbrust aufgezogen mit dem Pfeil auf dem Stege. Die anderen beiden hielten den Speer auf dem Schenkel, und alle sechs fassten die Umstellten so scharf ins Auge wie Raubtiere das beschlichene Wild.

      Die Reisenden näherten sich im unveränderten, ruhigen Schritt ihrer Pferde, als machte ihnen ihre Lage durchaus keine Sorge.

      »Nur Mut!« sagte die Zofe leise halb zur Herrin, halb zu sich selber. »Hier hilft nur die größte Keckheit oder gar nichts. Ich brauche mein Mundwerk!«

      »Halt!« gebot Bock im nächsten Augenblick mitten auf dem Wege.

      Die Reiterinnen hielten dicht vor ihm, die Gesichter verschleiert.

      »Ich bedaure, holde Unbekannte,« sagte Bock in einem geziert spöttischen Tone, »dass ich euch Ungelegenheiten verursachen und euch zu einem kleinen Umwege bereden muss. Wir bleiben nun zusammen; wollt euch unsere