Sieh nichts Böses. Kayla Gabriel. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Kayla Gabriel
Издательство: Bookwire
Серия: Alpha Wächter
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783969695388
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Uniform ab, was ihn jedoch nicht davon abhielt, jedes Mal missbilligende Blicke auf die Wächter abzuschießen, wenn sie nach einem langen Tag des Trainings in Sportshorts und Sneakers im Haus herumlümmelten.

      Die Wächter waren von Mere Marie gegründet worden mit der speziellen Absicht, die Stadt New Orleans vor der zunehmenden Bedrohung durch böse Kräfte zu beschützen, insbesondere einer aalglatten, zwielichtigen Gestalt auch bekannt als Pere Mal. Daher verbrachten sie den Großteil ihrer Zeit damit, die Straßen der Stadt zu patrouillieren. Im Allgemeinen überwachten sie das Treiben der Kith, was die Bezeichnung für die paranormale Gemeinschaft war. Sie konnten jedoch auch gerufen werden, um Menschen zu helfen, falls das Anliegen dringend genug war. Wenn sie nicht auf Patrouille waren, fochten die Wächter Übungskämpfe miteinander aus oder übten sich im Waffengebrauch, was üblicherweise in der Form von Schießtraining mit Handfeuerwaffen oder einer Armbrust vollzogen wurde.

      Der Butler hatte es sich zur Aufgabe gemacht, einen frischen Anzug und Krawatte gebügelt und griffbereit in dem Schlafzimmer eines jeden Wächters zu deponieren. Als ob Rhys jeden Moment seine Jeans wegwerfen und seine Stiefel in die Ecke treten würde, um stattdessen in Kleider zu schlüpfen, die einer Abendgarderobe nahekamen. Von all den modernen Annehmlichkeiten mochte Rhys die anschmiegsamen Jeans und schnellen Autos am meisten.

      Auch wenn Rhys mit seinem alten Leben eine Menge hinter sich gelassen hatte, hatte er gewisse Teile dieses neuen Lebens schätzen gelernt. 2015 trumpfte beispielsweise mit einem ungeheuren Reichtum erlesener Weine und Whiskys auf. Die Bandbreite an Kleidungsstilen war verblüffend groß, obwohl Duverjay den Großteil der Einkäufe für die Wächter übernahm. Der Mann hatte wirklich ein Auge für die Passform eines Kleidungsstückes.

      Das Essen hatte ebenfalls etwas für sich, da es eine augenöffnende Vielzahl an Auswahlmöglichkeiten gab, die jede Art Wild oder Federvieh umfasste, die Rhys jemals gekannt hatte, multipliziert um eintausend. Rhys liebte nichts mehr als ein Stück gebratenen Lachses, Fingerling-Kartoffeln und einen frischen Blattsalat. Üblicherweise wurde diese Mahlzeit mit einem Glas Port oder Scotch beendet, auch wenn er seinen Alkoholkonsum stark einschränkte.

      Rhys Magen knurrte und er registrierte, dass er von Lachs träumte, weil er durch das Training mit Gabriel einen großen Appetit entwickelt hatte. Zum Teufel mit dem Mann, aber der andere Wächter war mit dem Schwert mittlerweile fast so gut wie Rhys und Rhys musste sich um einiges mehr anstrengen, um sie beide auf Trab zu halten.

      „Essen?“, fragte Rhys den Butler.

      „Gentlemen“, sagte Duverjay mit einer leichten Verbeugung. „Im Foyer wartet eine sehr aufgebrachte junge Dame auf Sie. Sie sollten sich vielleicht erst um sie kümmern, bevor Sie speisen.“

      Rhys warf Duverjay einen neugierigen Blick zu und ging dann zur Eingangshalle. Eine hellhäutige junge Frau wartete dort und wrang die Hände. Sie trug ein königsblaues Kleid, das sich an ihre Kurven schmiegte. Gepaart mit himmelhohen weißen High Heels stand ihr Outfit in einem heftigen Kontrast zu ihrer elenden Miene.

      Duverjay stellte sich zwischen das Mädchen und Rhys und legte ihr eine tröstende Hand auf den Arm. Rhys bemerkte, dass sich Gabriel zurückfallen ließ. Anscheinend war er damit zufrieden, den Austausch vorerst nur zu beobachten.

      „Das ist Andrea“, stellte Duverjay das Mädchen vor und schenkte ihr ein mitfühlendes, freundliches Lächeln. „Ihre Mutter steckt in Schwierigkeiten. Ist es nicht so, Andrea?“

      Die junge Frau nickte, wobei ihre Unterlippe zitterte. Rhys war völlig erstaunt, dass sich Duverjay aktiv darum bemühte, sie zu trösten. Duverjay zeigte nur selten irgendwelche sichtbaren Emotionen und Rhys hatte noch nie erlebt, dass der Butler irgendeine Art von Mitgefühl ausgedrückt hatte.

      „Dieser Mann, Pere Mal, hat meine Momma geholt“, schluchzte Andrea. „Sie hat nichts Falsches gemacht. Der Mann kann sie doch nicht einfach so entführen, nur weil sie am Le Marchè arbeitet. Oder?“

      Mere Marie, die launische Arbeitgeberin der Wächter, schritt eine der zwei großen Treppen hinab, die die Eingangshalle flankierten. Rhys hatte gar nicht bemerkt, dass sie zugehört hatte. Sie war eine zierliche Frau von vielleicht sechzig Jahren. Rhys wusste jedoch, dass Mere Marie mindestens vier oder fünf Mal so alt war wie sie aussah. Ihre Hautfarbe war typisch für eine kreolische Frau und erinnerte an Milchkaffee, doch ihre glatten grau melierten Haare und französisch angehauchter New Orleans Dialekt wiesen auf ein weitreichenderes gemischtes Erbe hin: haitisch, kreolisch und kaukasisch, vielleicht sogar etwas spanisch.

      Wie immer war Mere Marie in eine fließende Baumwollrobe gekleidet. Heute trug sie ein zartes Gelb und hatte die Ärmel zu ihren Ellbogen hochgerollt. Rhys roch einen Hauch von Anis und bitteren Kräutern, wobei der Kräutergeruch stärker wurde, je näher sie kam. Ihre Finger und Unterarme waren mit grünen und gelben Flecken übersät, was darauf hindeutete, dass sie in ihrem Apothekenraum gearbeitet und kleine Säckchen hergestellt hatte, die sie Gris-Gris nannte.

      Für eine Voodoopriesterin zu arbeiten, wurde niemals langweilig, so viel stand fest. Rhys rückte ein Stückchen weg von dem überwältigenden Lakritzgeruch, der Mere Marie umwehte, und wartete darauf zu hören, was sie dazu zu sagen hatte, dass der Butler Fremde in das Herrenhaus gebracht hatte.

      „Ah, Duverjay, wie ich sehe bringst du deine Familie jetzt schon mit zur Arbeit“, stellte Mere Marie mit hochgezogener Augenbraue fest.

      Rhys blickte zu Duverjay und Andrea und plötzlich war es ganz offensichtlich, dass sie verwandt waren. Sie hatten ähnliche Nasen und die gleichen schokoladebraunen Augen. Duverjay starrte Rhys und Gabriel finster an, als würde er sie stumm herausfordern, irgendetwas über ihn oder Andrea zu sagen.

      „Meine Nichte, Ma’am“, erklärte Duverjay Mere Marie. „Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen.“

      Rhys warf Mere Marie einen Blick zu und fragte sich zum tausendsten Mal, was genau Mere Marie getan hatte, um sich die Loyalität und den Respekt dieses Mannes zu verdienen. Duverjay fügte sich nicht vielen Menschen, aber bei Mere Marie war er das Sinnbild von Höflichkeit.

      „Dann lass hören“, verlangte Mere Marie und bedachte die junge Frau mit einem skeptischen Blick.

      „Nun, ich war auf der Arbeit, im Stiletto’s, und redete mit einem meiner Stammkunden. Mit diesem Kerl Amos. Er gibt immer gutes Trinkgeld.“ Andrea hielt inne und holte zitternd Luft. „Ich erzählte ihm eine Geschichte über meine Momma und ihre Arbeit am Voodoo Markt und dass sie all diese Leute trifft. Hexen und Hellseher, Leute, die wegen Kräutern zu ihr kommen und so was.“

      „Deine Mutter führt qualitativ hochwertige Produkte“, bestätigte Marie mit einem Nicken.

      „Nun, mir war nicht klar, dass Amos für jemanden arbeitet… Ich wusste nicht, wer diese Kerle sind, aber sie haben meine Momma auf offener Straße entführt. Sie konnte nicht einmal ihren Laden schließen oder irgendetwas tun. Die Tür stand weit offen. Ein Glück, dass alle vor meiner Momma Angst haben.“ Andrea blickte düster drein.

      „Und hat Amos dir erzählt, wo deine Mutter ist?“, erkundigte sich Duverjay.

      „Nee. Ich schätze, dieser Kerl, Perma oder wie auch immer er heißt, hat irgendeine Bude auf der anderen Brückenseite, wo er Leute unterbringt. Amos ließ es so klingen als“, Andrea hielt inne und erschauderte, „als wäre es keine große Sache. Das ist so abgefuckt.“

      „Ich denke, du meinst Pere Mal. Warum halten sie deine Mutter fest? Hat sie etwas, das sie haben möchten?“, fragte Mere Marie und legte den Kopf schief.

      „Amos hat mir vor ein paar Wochen ein wirklich Hammertrinkgeld gegeben und mich gebeten, nach einer bestimmten Art von Person Ausschau zu halten. Ein Medium, hat er es genannt. Jemand wirklich Mächtiges ohne ein Schild, um die Leute abzuwehren, und niemanden, der nach ihm schaut. Momma liest Auren und so einen Mist, weißt du“, erzählte Andrea und kreiste mit der Hand um ihren Kopf, um eine Aura anzudeuten. „Sie sagte, diese Lady kommt als vorbei und kauft irgendein Kraut. Etwas, das dafür sorgt, dass sie keine Geister und so was sieht. Momma sagt, dass die Aura der Lady ein bisschen blau ist, was heißt, dass zu Hause niemand auf sie wartet. Wie auch immer, Amos