David Copperfield. Charles Dickens. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Charles Dickens
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783961183173
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Bureau eines Sachwalters ein und verfiel, noch während er diese Stelle bekleidete, auf den Gedanken, sich durch Erlernung der Stenographie auf die Reporterlaufbahn vorzubereiten. Von der Mühe, die ihm diese, achtzehn Monate, hindurch eifrigst betriebenen stenographischen Studien verursachten, hat er ebenfalls einiges im Copperfield mitgeteilt. Sein Vater, bei dem er noch wohnte, war bereits als parlamentarischer Berichterstatter an einer der Morgenzeitungen angestellt und befand sich nun, auch infolge der Vermehrung seiner amtlichen Pension, durch den Ertrag dieser lobenswerten Beschäftigung in behaglicheren Verhältnissen, Um die Mittel für den Unterhalt seiner Familie zu vermehren, beschloß also der junge Dickens, es seinem Vater gleich zu tun. Und er erreichte sein Ziel durch die eiserne Konsequenz und die Selbstzucht, die ihm eigen war, und den Prozeß seiner Selbsterziehung erleichterte. Man würde auch keinen besseren erläuternden Kommentar über diese Jahre seines »Bureaujungentums« finden, als in der Antwort seines Vaters auf die Frage eines Freundes: »Wo hat Ihr Sohn denn seine Erziehung erhalten?« »Nun, Sir, man kann sagen – ha! ha! – er hat sich sozusagen selbst erzogen!« –

      Von den zwei Arten der Erziehung, die nach Gibbons Ausspruch alle Menschen empfangen, die über das gewöhnliche Durchschnittsmaß hinaussteigen, der seiner Lehrer und der persönlicheren und wichtigeren, die er sich selbst gab, genoß er nur den Vorzug der letzteren. Nichtsdestoweniger reichte sie für ihn aus. Er machte sich also eifrig an das Studium der Stenographie und teils um seine allgemeinen Kenntnisse soweit zu vervollständigen, als man von einem jungen wohlerzogenen Mann erwarten durfte, teils der Befriedigung eines höheren Bedürfnisses wegen, wurde er ein fleißiger Besucher der Lesezimmer des Britischen Museums. Er wies oft auf jene Tage als auf die ihm persönlich nützlichsten hin, die er je verlebt habe, und nach den Resultaten zu urteilen, müssen sie dies in der Tat gewesen sein. Niemand, der ihn in späteren Jahren kannte und mit ihm eingehend von Büchern und Dingen sprach, würde geahnt haben, daß seine Erziehung im Knabenalter, fast völlig selbsterworben wie sie war, von so schwankender und zufälliger Art gewesen ist. Das Geheimnis lag darin, daß er sich stets auf die Höhe der Sache erhob, die ihn gerade beschäftigte, und daß er nie die Regeln unberücksichtigt ließ, die den Helden seines Romans leiteten. »Was ich in meinem Leben zu tun versucht habe, habe ich mit ganzem Herzen und gut zu tun versucht. Wenn ich mich einer Aufgabe widmete, so widmete ich mich ihr ganz. Niemals nur eine Hand an das zu legen, worauf ich mein ganzes Selbst wirken lassen konnte, und nie meine Arbeit zu unterschätzen, was sie auch sein mochte, das waren meine goldenen Regeln.«

      Dickens war neunzehn Jahre alt, als er endlich in der Galerie der Berichterstatter im Parlament seinen Sitz einnahm. Anfänglich wurde er zwar nur dazu verwandt, Bericht über die Verhandlungen in Doctor's Commons und anderen Londoner Gerichtshöfen zu erstatten, indes schon nach kaum drei Jahren fand er als Dreiundzwanzigjähriger an der Morning Chronicle Anstellung als Parlaments-Reporter. Dieser Beschäftigung ist es gewiß zuzuschreiben, daß er später ein so gewandter Stilist wurde; andererseits trug sie ihm aber jene gründliche Verachtung des Parlamentarismus ein, die sich in so vielen seiner Romane kundgibt: er hatte eben aus allzu großer Nähe mitangesehen, wie Politik gemacht wird, und konnte daher vor ihr und ihren Helden keinerlei Ehrerbietung empfinden.

      Einen weit bedeutungsvolleren Schritt als den zum Berichterstatter (obgleich er dies damals nicht wußte), hatte er kurz zuvor getan, indem er dem Old Monthly Magazine sein erstes schriftstellerisches Erzeugnis übersandte, das auch in der Dezembernummer von 1833 das Licht erblickte. Er selbst hat es beschrieben, wie er den – später als »Mr. Minns und sein Vetter« in das Londoner Skizzenbuch aufgenommenen – Artikel eines Abends im Zwielicht, mit Furcht und Zagen, verstohlen in einen dunkeln Briefkasten in einem dunkeln Postbureau in einem dunkeln Hofe bei Fleetstreet steckte, und er hat seine Aufregung geschildert, als der Artikel in vollem Glanze des Drucks erschien. »Ich ging bei dieser Gelegenheit nach der Westminsterhalle und blieb eine halbe Stunde dort, denn meine Augen waren so dunkel vor Stolz und Freude, daß sie die Straße nicht ertragen und sich dort nicht sehen lassen konnten.« Er hatte das »Magazin« in einem Laden am Strand gekauft, und genau zwei Jahre später erkannte er in dem jüngeren Teilhaber einer Verlagshandlung, der ihn in seiner Mietswohnung in Furnivals-Inn mit einem Vorschlage besuchte, aus dem die »Pickwickier« entstanden, dieselbe Person wieder, von der er jenes »Magazin« gekauft und die er weder vorher noch seitdem gesehen hatte.

      Diese Zwischenzeit von zwei Jahren umfaßte mehr als den Rest seiner Laufbahn in der »Galerie« und der damit zusammenhängenden Arbeiten. Aber daß diese Beschäftigung in ihrem Einfluß auf sein Leben, für die Ausbildung seines Talents wie seines Charakters von höchster Bedeutung war, kann nicht bezweifelt werden, »Aus der heilsamen Schule der harten Zeitungsarbeit, die ich als ganz junger Mann durchmachte, leite ich immer meine ersten Erfolge her«, sagte er zu den Zeitungsredakteuren in Neuyork, als er auf seiner zweiten Amerikareise von ihnen Abschied nahm. Diese Schule eröffnete ihm einen weiten und abwechselungsreichen Kreis von Erfahrungen, die ihm seine wunderbare, ebenso getreue als humoristische Beobachtungsgabe ganz zu eigen machten. »Niemand, der je für Zeitungen gearbeitet hat (schrieb er 1845) hat innerhalb desselben Zeitraumes soviel Expreß- und Extraposterfahrungen gesammelt wie ich. Und was für Herren waren es, denen man am alten Morning Chronicle diente! Groß oder Klein, es kam nicht drauf an! Ich habe die Kosten für ein halb Dutzend Umstürze binnen einer Zeit von einem halben Dutzend mal sovielen Meilen zu berechnen gehabt. Ich habe Ersatz zu fordern gehabt für den Schaden, den das Herabtröpfeln von einer Wachskerze meinem Überzieher zufügte, wenn ich in den frühesten Morgenstunden in einem dahinsausenden Wagen schrieb. Ich habe wohl fünfzigmal während einer einzigen Reise für alle möglichen Beschädigungen Kosten berechnen müssen: solcherart waren die gewöhnlichen Folgen der Schnelligkeit, mit der wir uns fortbewegten. Ich habe für zerbrochene Hüte, zerbrochenes Gepäck, zerbrochene Stühle, zerbrochenes Pferdegeschirr Kosten berechnet; für alles: außer für einen zerbrochenen Kopf, das einzige, wofür man ungern bezahlt haben würde.«

      In ähnlicher Weise äußerte er sich noch zwanzig Jahre später, als er im Mai 1865 bei dem zweiten jährlichen Festessen des Newspaperpreßfund, einer zum Besten notleidender Zeitungsangestellten gegründeten Gesellschaft, den Vorsitz führte und in seine Rede eine kurze Darstellung seines ganzen Berichterstatterlebens verflocht, »Ich vertrete hier«, sagte er, »nicht die Sache eines gewöhnlichen Klienten, von dem ich wenig oder nichts weiß. Ich vertrete hier die Angelegenheit meiner Brüder. Ich begann meine Tätigkeit als parlamentarischer Berichterstatter als achtzehnjähriger Knabe und gab sie – ich kann kaum an die unerbittliche Wahrheit glauben – vor ungefähr 30 Jahren auf! Und ich bin meinem Berufe unter Umständen nachgekommen, von denen sich meine hier anwesenden Brüder schwerlich eine hinreichende Vorstellung machen können. Oft habe ich wichtige öffentliche Reden, bei denen die peinlichste Genauigkeit erforderlich war und bei denen ein Versehen für einen jungen Mann äußerst bloßstellend gewesen sein würde, nach meinen stenographischen Skizzen für den Druck übertragen in der flachen Hand, bei dem Licht einer Laterne, in einer mit vier Pferden bespannten schaukelnden Postkutsche, die mit der damals erstaunlichen Geschwindigkeit von fünfzehn Meilen die Stunde in tiefer Nacht durch eine wilde Gegend dahingaloppierte. Als ich das letztemal in Exeter war, besuchte ich den dortigen Schloßhof, um einem Freunde zu Gefallen die Stelle zu identifizieren, wo ich einmal während des Wahlkampfes in Devonshire eine Rede Lord John Russels »aufnahm«, wie wir es nannten, inmitten eines von sämtlichen Vagabunden jener Gegend unterhaltenen lebhaften Handgemenges und in einem solchen Platzregen, daß zwei gutmütige Kollegen, die gerade nichts zu tun hatten, mir ein Taschentuch nach Art eines Thronhimmels bei geistlichen Prozessionen, schützend über mein Notizbuch hielten. Ich habe mir die Knie wundgeschrieben auf der alten Hinterbank der alten Galerie des alten Unterhauses, und ich habe mir die Füße wundgestanden in einem abgeschmackten Pferch im alten Oberhause, wo man uns wie ebensoviele zusammengedrängte Hammel warten ließ, bis etwa der Wollsack einer neuen Stopfung bedürfe. Bei der Rückkehr von aufgeregten politischen Meetings auf dem Lande zu den wartenden Londoner Druckern bin ich, wie ich glaube, in fast allen in England bekannten Arten von Fuhrwerken umhergeworfen worden. Auf schlammigen Landwegen wurde ich in der Nacht, vierzig bis fünfzig Meilen vor London, in alten Rumpelkästen, mit erschöpften Gäulen und betrunkenen Postillionen aufgehalten und kam doch noch vor Ausgabe der Zeitungen an Ort und Stelle rechtzeitig an, um von Mr. Black, dem verstorbenen Redakteur des Morning Chronicle in dem breitesten Schottisch, das aus