Der neue Sonnenwinkel Box 9 – Familienroman. Michaela Dornberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michaela Dornberg
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Sonnenwinkel Box
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740970222
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      »Rosmarie, lass uns davon aufhören«, schloss sie, »du kannst deine Vergangenheit nicht ungeschehen machen, und ich komme aus meiner Haut nicht heraus. Verändern wird sich eh nichts, ich liebe Werner, und ich werde ihn niemals verlassen, er ist meine Lebensliebe. Ich würde mir auf jeden Fall etwas mehr Aufmerksamkeit von ihm wünschen. Nach dem Telefonat war ich auf jeden Fall ziemlich fertig, und was für ein Glück, dass da gerade Jörg angerufen hat …«

      Sie brach den Satz ab. Das war jetzt unüberlegt gewesen, schließlich war Jörg Auerbach, ihr Sohn, mit Stella Rückert, Rosmaries Tochter, verheiratet gewesen.

      »Inge, du musst meinetwegen nicht aufhören, über Jörg zu sprechen, er war ein wundervoller Schwiegersohn, und ich wäre froh, es wäre so geblieben. Wie geht es ihm und seiner neuen Frau?«

      Das, was da geschehen war, war eine unendliche Geschichte, die für Rosmarie besonders schmerzlich war, denn sie hatte von ihrer Tochter nichts mehr gehört.

      Sie erzählte nur wenig, weil sie nicht wusste, ob es Rosmarie nicht doch verletzte, dass Jörg eine neue Liebe gefunden hatte, mit der er sogar ein Kind haben würde.

      »Auf jeden Fall bin ich fest entschlossen, nach Stockholm zu fliegen«, schloss sie.

      »Stockholm muss wunderbar sein, das haben Heinz und ich ebenfalls auf unserer Agenda, mit unserem Wohnmobil die nordischen Länder zu bereisen, am liebsten bis hinauf nach Lappland.«

      Sie seufzte.

      »Ich bin ja froh, dass wir es überhaupt für uns entdeckt haben, doch insgeheim bedaure ich, dass wir nicht jünger sind. Die Welt ist so herrlich, und man entdeckt sie am besten nicht in Luxushotels, wie es früher unsere Art war zu reisen, sondern mitten in der Natur, im Wohnmobil, wo man sich nicht ausweichen kann, wo man sich kennenlernt.«

      Sie blickte Inge an.

      »Hätten wir nicht spontan diese für uns ungewohnte Reise unternommen, dann wären wir uns niemals nähergekommen, dann wären wir immer noch zwei Fremde, die sich hier und da begegneten. Vielleicht solltest du mit Werner ebenfalls auf diese Art reisen.«

      Das brachte Inge zum Lachen, wenn sie sich ihren Werner in einem Wohnmobil, Campingwagen oder was auch immer vorstellte.

      »Rosmarie, mein Werner wüsste nicht mal, wie man ein solches Fahrzeug lenkt. Ich wäre schon glücklich, er würde sich aufraffen, mit mir mal einen Kurzurlaub zu machen, und wenn es ganz hier in der Nähe wäre. Einmal raus aus dem Alltagstrott, miteinander Zeit verbringen, ich …«

      Sie hörte auf und sagte ganz energisch.

      »So, und jetzt ist wirklich Schluss. Reichst du mir mal bitte das Glas mit der Heidelbeermarmelade? Sie schmeckt köstlich.«

      »Und sie ist von deiner Ricky gemacht. Die ist wirklich ein Teufelsmädchen, dass sie neben ihren fünf Kindern auch noch Marmelade kocht, und nicht nur das.«

      Über Ricky sprach sie gern, denn die war mit Fabian verheiratet, Rosmaries Sohn. Und die beiden waren überglücklich, und wenn man über Ricky und Fabian sprach, da konnte man nirgendwo anecken. Und das taten die beiden Frauen schließlich auch, es war ein sehr ergiebiges Gesprächsthema, denn da gab es ja auch noch die fünf wohlgeratenen Enkelkinder, auf die sie sehr stolz waren. Und dass dann besonders über die kleine Teresa gesprochen wurde, das war kein Zufall. Die war ein Nachkömmling, besonders herzig, nicht nur das, Teresa mischte die Familie gehörig auf …

      Die grauen Wolken verflüchtigten sich, Rosmarie vergaß den schwarzen Vogel, Inge ihren Ärger wegen Werner.

      Da unterhielten sich zwei begeisterte Großmütter …

      *

      Pamela hüpfte aufgeregt neben ihrer Großmutter umher, und die musste aufpassen, nicht mit dem Pflaster in Berührung zu kommen, weil Pamela wirklich außer Rand und Band war. Ach, es war ja auch so gut zu verstehen. Heute sollte der kleine Fips in die Freiheit entlassen werden, und deswegen konnte Teresa die Aufregung ihrer Enkelin verstehen. Es machte sie schon sehr stolz, dass Pamela sie gebeten hatte, bei diesem für sie großen Ereignis dabei zu sein. Sie hatte die Oma gefragt, nicht die Mutter! Es war kein Konkurrenzkampf, der sich da abspielte. Was das Tierheim betraf, da waren Enkelin und Oma ein richtig gutes Team. Und Pamela würde auch niemals vergessen, dass die Großeltern es gewesen waren, die sie zu Frau Dr. Fischer gebracht hatten, als sie wegen des Todes ihres über alles geliebten Jonny zu Tode betrübt gewesen war. Das war gefühlte Ewigkeiten her, doch für Pamela würde es immer präsent bleiben. Das war der erste Verlust, den sie zu beklagen hatte, und so etwas prägte. Jonny würde immer in ihrem Herzen bleiben, weil er der erste Gefährte ihrer Kindheit gewesen war, doch Luna hatte sich da auch schon ganz schön breitgemacht, und Sam, der eigentlich ihrer Mutter gehörte, tummelte sich da auch herum. Was sollte es, mein, dein, unser. Luna und Sam waren Familienhunde, und sie wurden von allen geliebt. Und das wussten die zwei auch ganz genau.

      Aber heute ging es nicht darum, heute ging es um Fips. Und da toben ziemlich zwiespältige Gefühle in Pamela. Klar gehörte ein kleiner Spatz in die Freiheit, doch loslassen war nicht einfach. Sie hatte Fips schließlich gefunden, als er aus dem Nest gefallen war und gewiss die Beute eines Tieres geworden wäre, hätte sie ihn nicht geistesgegenwärtig ins Tierheim gebracht.

      Pamela erfasste ihre Omi am Arm.

      »Was meinst du?«, wollte sie wissen, »ob Fips sich wohl freut, in die Freiheit fliegen zu dürfen? Oder würde er lieber in der Voliere bleiben?«

      Teresa blieb stehen, strich ihrer jüngsten Enkelin behutsam und zärtlich zugleich über die wilden braunen Locken.

      »Wenn du mich fragst, gehört er in die Freiheit, mein Kind. Hat er keine Lust dazu, wird er dem Angebot widerstehen und die Voliere nicht verlassen. Wir werden es sehen.«

      Sie gingen weiter.

      »Omi, ich bin ja so froh, dass Frau Dr. Fischer mich von Fips Abschied nehmen lässt und dass ich die Tür öffnen darf.«

      »Das ist das Mindeste, was sie tun kann, schließlich bist du die Lebensretterin des kleinen Vogels.«

      Insgeheim war Teresa froh, dass sie das Tierheim erreicht hatten und hineingehen konnten. Dort wurden sie auch von der Heimleiterin begrüßt, und Pamela rannte schon mal los, um sich von Fips zu verabschieden.

      Teresa von Roth und Frau Dr. Fischer blieben allein zurück.

      »Sie ist ein so großartiges Mädchen«, rief Frau Dr. Fischer, »Frau von Roth, Sie können so froh sein, ein solches Enkelkind zu haben. Das habe ich vorher noch niemals gesehen, dass ein Mädchen freiwillig das gesamte Taschengeld hergibt, um einen kleinen Spatz zu retten. Dabei wollte ich es nicht einmal in Empfang nehmen, doch Pamela hat einfach darauf bestanden.«

      Das wusste Teresa nicht, Pamela hatte kein einziges Wort darüber verloren, das sprach für sie, und ohne das Gehörte wusste Teresa, welch wunderbares Herz Pamela hatte.

      Damit keine Rührseligkeit aufkam, überreichte Teresa der verdutzt dreinblickenden Heimleiterin einen Briefumschlag und erläuterte: »Ich habe bei uns im Sonnenwinkel wieder mal an den Türen geklopft. Es ist keine so große Ausbeute, doch besser wenig als überhaupt nichts, nicht wahr?«

      Margot Fischer konnte nicht anders, sie musste Teresa einfach umarmen. Die sammelte wirklich unermüdlich, und wenn sie das jetzt mit dem Geldumschlag ein wenig abtat, Teresa von Roth war auch für größere Beträge gut, da musste sie nur daran denken, wie sie Piet van Beveren motiviert hatte, sich großzügig zu zeigen. Und das die Rückerts Spender geworden waren, das war auch Teresa von Roth zu verdanken.

      »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«

      »Müssen Sie auch nicht, sollen wir jetzt zu Pamela gehen? Die zappelt bestimmt vor lauter Aufregung, und ich glaube, in deren Herzen schlagen zwei Seelen. Die eine wünscht sich die Freiheit für Fips, die andere möchte ihn hier halten, um ihn immer besuchen zu können.«

      »Ach, Frau von Roth, es gibt hier so viele Tiere, denen etwas Zuspruch guttäte, ein Spatz gehört gewiss nicht dazu, und um Fips müssen wir uns keine Sorgen