Katzenfische. Mila Roth. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Mila Roth
Издательство: Bookwire
Серия: Spionin wider Willen
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783967110289
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den Gang hinunter zum Büro des Abteilungsleiters Walter Bernstein folgte. Sie trug wie immer teure Designerkleider. Heute war es ein sehr figurbetonendes Kostüm, das aus einem ausgesprochen kurzen dunkelblauen Rock und einem passenden schmalen Blazer bestand, unter dem ein silbern glitzerndes Top hervorblitzte. Der Duft ihres teuren französischen Parfüms umwehte ihn, als sie vor ihm das Reich Walter Bernsteins betrat.

      »Da sind wir, Walter.« Anmutig ließ sie sich in einen der Besuchersessel gleiten.

      »Morgen, Walter.« Auch Markus setzte sich und betrachtete neugierig das kleine, kastenförmige Gerät, das auf dem Schreibtisch seines Vorgesetzten stand. »Neues Spielzeug?«

      »Guten Morgen, Markus. Wie geht es Ihrem Bein?« Kluge braune Augen musterten ihn. Walter Bernstein war ein Mann Mitte fünfzig von mittlerer Größe und kräftiger Statur. Das dunkelbraune Haar ergraute an den Schläfen bereits leicht. Trotz seines eher unauffälligen Erscheinungsbildes strahlte er eine natürliche Autorität aus, die in der Abteilung für internationale Einsätze in den Bereichen Terrorabwehr und organisiertes Verbrechen stets Respekt und Ordnung sicherten.

      Markus zuckte die Achseln. »War schon mal besser. Schlimmer allerdings auch. Dass wir zusammen mit den Kollegen aus Südamerika diesen Schmugglerring sprengen konnten, war den Kratzer aber ganz sicher wert.«

      »Da will ich Ihnen nicht widersprechen. Es kann übrigens sein, dass Sie noch einen Belobigungsbrief aus dem Außenministerium erhalten.«

      »Eine Gehaltserhöhung wäre mir lieber.«

      »Ich glaube, das kannst du vergessen«, mischte Melanie sich lachend ein. »Wir können froh sein, dass sie uns nicht noch was abziehen.«

      »So schlimm wird es nun auch wieder nicht.« Walter faltete die Hände auf der Tischplatte. »Allerdings ist in der Chefetage die Rede davon, die Abteilungen des Instituts mittelfristig umzustrukturieren. Es kann sein, dass uns zumindest die Abteilung 10 angegliedert wird.«

      »Was haben wir denn mit den Jungs und Mädels von der Wirtschaftskriminalität zu tun?« Verständnislos schüttelte Melanie den Kopf. »Das kann ja lustig werden.«

      »Noch ist nichts entschieden. Aber durch die letzten Budgetkürzungen bleibt uns wahrscheinlich nichts anderes übrig, als in den sauren Apfel zu beißen.« Achselzuckend lehnte sich Walter ein wenig in seinem Bürostuhl zurück. »Deshalb habe ich Sie beide aber nicht hergebeten. Es geht vielmehr um einen neuen Einsatz. Markus, ich hoffe, Sie fühlen sich bereits fit genug für einen kleinen Auftrag.«

      »Es war nur ein Streifschuss. Ich bin okay.«

      »Gut.« Walter betätigte den Knopf der Gegensprechanlage. »Gerlinde, bring bitte Herrn Riessmann herein.«

      Augenblicke später öffnete sich die Glastür und Gerlinde Bernstein, Walters Chefsekretärin und zugleich Ehefrau, führte einen schmalen, dunkelblonden jungen Mann herein, dessen blasse Gesichtsfarbe vermuten ließ, dass er sich nicht allzu oft an der frischen Luft aufhielt. Er ließ sich auf Walters einladende Geste hin auf dem verbleibenden Besuchersessel nieder und rückte seine randlose Brille zurecht.

      »Herr Riessmann, dies sind Melanie Teubner und Markus Neumann, die beiden Agenten, die sich um den Katzenfisch kümmern werden.« In Richtung der beiden Agenten fuhr er fort: »Melanie, Markus, darf ich vorstellen: André Riessmann. Er ist der persönliche Assistent des Staatssekretärs Theo Willbach aus dem Bundesministerium der Verteidigung.«

      Die beiden Agenten und Riessmann nickten einander zu.

      »Herr Riessmann ist heute hier, um mit uns gemeinsam den Transport des Katzenfischs zum NATO-Hauptquartier in Brüssel zu organisieren.«

      Markus beugte sich ein wenig vor. »Katzenfisch? Was ist das? Eine neue Züchtung von Kampffischen fürs NATO-Aquarium?«

      »Aber nein, natürlich nicht.« Riessmann schmunzelte. »Es handelt sich um den Prototyp einer Steuerung für ein neu entwickeltes Land- und Seeminenräumfahrzeug. Dessen Name lautet Catfish, wie der Europäische Wels, weil seine Greifarme den Bartfäden dieser Fischart ähneln. Sie sind sehr tastempfindlich und können selbst große Steinblöcke und Findlinge gefahrlos versetzen, ohne die möglicherweise darunter oder darin verborgenen Minen auszulösen. Dummerweise wurde die Gebrauchsanleitung unzureichend mithilfe eines automatischen Übersetzungsprogramms erstellt und aus Kostengründen nicht hinreichend einer Korrektur unterzogen.«

      Markus hob spöttisch die Brauen. »Lassen Sie mich raten. Catfish wurde wörtlich mit Katzenfisch übersetzt.«

      »Exakt das ist passiert.« Riessmann lächelte. »Nun, zumindest hat das Fahrzeug – oder in diesem Fall dessen Steuerung – nun einen unverwechselbaren Spitznamen in Bundeswehr- und Regierungskreisen.«

      »Wie dem auch sei«, ergriff Walter wieder das Wort. »Das Institut wurde beauftragt, die Steuerung ohne großes Aufsehen, jedoch unter den größtmöglichen Sicherheitsvorkehrungen nach Brüssel zu transportieren. Markus, ich möchte, dass Sie das übernehmen.«

      »Alles klar. Wann soll es losgehen?«

      Walter räusperte sich. »Nicht so eilig. Es gibt da ein Problem.« Er nickte Riessmann zu, der daraufhin erklärte: »Wir haben in der jüngsten Vergangenheit Hinweise erhalten, dass verschiedene extremistische Vereinigungen sowie einige international bekannte Waffenhändler sich stark für den Katzenfisch interessieren. Wir müssen also mit Diebstahlversuchen rechnen. Deshalb setzen wir auch nicht die gängige Transportvariante mittels Bundeswehr ein, sondern haben uns an das Institut gewandt.«

      »Wir wollen folgendermaßen vorgehen«, nahm Walter den Faden auf. »Die Bundeswehr wird offiziell und mit einem gesicherten Konvoi einen Dummy der Steuerung nach Brüssel bringen. Parallel dazu werden Sie, Markus, das echte Gerät in einem unauffälligen Personenwagen transportieren. Selbstverständlich mit Unterstützung mehrerer ziviler Einsatzfahrzeuge und mit GPS-Überwachung. Melanie, Sie kümmern sich um die Koordination beider Aktionen und erstatten mir regelmäßig Bericht. Start des Einsatzes ist morgen Vormittag, neun Uhr.«

      »Dann bleibt die Steuerung also so lange hier, bis ich mich damit auf den Weg mache? Darf ich?« Vorsichtig nahm Markus den handspannenlangen schwarzen Kasten in die Hand und betrachtete ihn von allen Seiten.

      »Nicht ganz.« Wieder räusperte sich Walter vernehmlich. »Das da ist der Dummy.«

      »Sieht aber ziemlich echt aus.« Markus hatte das Gerät aufgeklappt und beäugte nun die winzige, jedoch sehr komplexe Tastatur samt LCD-Bildschirm, die im Inneren des Gehäuses verborgen war.

      »Das soll es ja auch, um etwaige Diebe in die Irre zu leiten«, erklärte Riessmann eifrig. »Den echten Prototyp wollen wir bis morgen an einem sicheren Ort verstecken.«

      »An einem sicheren Ort?«, hakte Melanie nach. »Und wo genau soll der sich befinden? Ich meine, was könnte sicherer sein als der Safe in Herrn Bernsteins Büro?«

      »Wir wollen keinerlei Risiko eingehen. Dass der Dummy hier ist, könnte bereits die Aufmerksamkeit auf uns gelenkt haben.« Walter wirkte sehr zufrieden mit sich. »Deshalb wird der echte Catfish nicht einmal in die Nähe dieses Gebäudes gelangen. Stattdessen bringen wir ihn an einen Ort, der so unauffällig und gewöhnlich ist, dass niemand auch nur im Traum auf die Idee kommen wird, dort könnte sich ein hochgradig geheimer Prototyp befinden.«

      »Unauffällig und gewöhnlich?«, echote Markus skeptisch. »Können Sie das vielleicht präzisieren?«

      »Das muss ich sogar, Markus.« Auf Walters Gesicht erschien ein heiteres Lächeln. Er blickte auf seine Armbanduhr. »Weil das Paket nämlich in diesem Moment auf die Reise geht. Ich schlage vor, Sie rufen die Empfängerin umgehend an und geben ihr Bescheid, was sie erwartet.«

      »Die Empfängerin?« Markus zog argwöhnisch die Stirn in Falten. Doch Walters Lächeln verbreiterte sich lediglich eine Spur.

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      Außenbezirk von Rheinbach

      Gut Tomberg

      Montag, 24. Oktober, 8:37