Butler Parker Paket 3 – Kriminalroman. Günter Dönges. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Günter Dönges
Издательство: Bookwire
Серия: Butler Parker Paket
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740963668
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sofort geheime Unterlagen seiner Forschungsgruppe zu liefern. Er muß geahnt haben, daß das auf die Dauer nicht gutgehen konnte. Also wandte er sich an eine ausländische Botschaft und bot dort ebenfalls sein Material an.“

      „Welche Botschaft?“ Lady Simpson wollte es genau wissen.

      „Darüber, Mylady, darf ich leider nichts sagen.“

      „Im Osten geht die Sonne auf, nicht wahr?“ Lady Simpson zwinkerte McDonald wissend zu.

      „Sehr wohl, Mylady“, gab McDonald lächelnd zurück, „eine unbestreitbare Tatsache!“

      „Weiter also“, drängte die kriegerische Dame.

      „Diese fremde Botschaft verwies Lister an die drei Männer der Hongkonger Im- und Exportfirma“, faßte der Agent der Krone zusammen. „Lister belieferte also auch diese Fremdmacht mit seinem Material und kassierte doppelt. Er wollte, das steht jetzt fest, so schnell wie möglich so viel Geld wie eben erreichbar zusammenraffen, um sich dann später ins Ausland abzusetzen.“

      „Der große Coup sollte also in der vergangenen Nacht getätigt werden?“

      „Das ist richtig, Mylady.“ McDonald nickte. „Lister muß das gesamte Konstruktionsmaterial bei sich gehabt haben, als er von Bristol losfuhr. In der Hongkonger Firma fanden wir Bargeld in kleinen Scheinen im Werte von weit über hunderttausend Pfund. Das war das Geld, das Lister für seine Unterlagen bekommen sollte.“

      „Teilgeständnisse liegen bereits vor“, sagte Sounders dazwischen.

      „Dieses Material ist verschwunden, denn Cranford hat es nicht“, schloß McDonald, „sonst hätte er ja nicht Miß Porter entführen lassen.“

      „Gibt es Anhaltspunkte dazu, für wen Cranford arbeitete?“ bohrte die resolute Dame unbeirrt weiter. „Sie hatten sich ja nicht umsonst neben seinem Atelier eingemietet, nicht wahr?“

      „Auch darüber darf ich nicht reden“, meinte McDonald.

      „Sollte die Sonne in beiden Fällen im Osten aufgehen?“ tippte sie an.

      „Sie geht im Westen unter“, lieferte McDonald einen zarten Hinweis.

      „Nein, das darf doch wohl nicht wahr sein!“ Agatha Simpson machte einen sehr entrüsteten Eindruck. „Sprechen Sie jetzt etwa von den USA?“

      „Nur bedingt, Mylady“, schränkte der Agent der Krone sofort ein. „Dort gibt es ja auch private Firmengruppen, die an Konstruktionsunterlagen interessiert sein könnten.“

      „Ich habe verstanden.“ Sie nickte grimmig. „Mr. Parker, Sie haben alles mitbekommen. Ich verlange von Ihnen die Herbeischaffung der Unterlagen und diesen Cranford. Er muß uns Rede und Antwort stehen.“

      „Daran wird sich auch Mr. Parker die Zähne ausbeißen“, prophezeite McDonald düster.

      „Da kennen Sie Parker aber schlecht“, widersprach ausgerechnet Chefinspektor Sounders. „Ich möchte nur zu gern mal in seinen Kopf hineinsehen. Wetten, daß er bereits sein Ziel anpeilt?“

      *

      Eric Cranford hatte London nicht verlassen.

      Seine beleidigte, empfindsame Künstlerseele sann auf Rache. Er hatte gewisse Dinge in seinem Atelier immer noch nicht verwunden. Er wollte diese langbeinige junge Frau wieder in seine Gewalt bringen, wollte es ihr heimzahlen.

      Exzentrisch sah er übrigens längst nicht mehr aus.

      Nach Kathys Flucht aus dem Keller und seinem Haus hatte er dieses Quartier sofort aufgegeben und sich, was sein Äußeres anbetraf, völlig verwandelt.

      Er trug sein Haar kurz, fast militärisch, hatte sich einen sportlichen Anzug zugelegt und eine Brille. Er glich jetzt einem durchschnittlichen Passanten.

      Cranford besaß falsche Papiere, die echt waren. Das heißt, Überprüfungen brauchte er nicht zu befürchten. Seine neue Identität gestattete es ihm, in einem Touristenhotel in der Nähe des Hyde Park zu wohnen. Sehr überlegt hatte er sich dieses Hotel ausgesucht. Hier stiegen in der Regel kanadische Besucher der Stadt ab, die in Gruppenreisen über den Atlantik gekommen waren.

      Cranford hatte zwei Ziele.

      Einmal ging es ihm selbstverständlich um diese langbeinige Kathy Porter.

      Zum anderen aber war er nach wie vor hinter den Unterlagen von Burt Lister her. Sie bedeuteten für ihn ein Vermögen, denn sein Auftraggeber wartete nur auf den Tausch der Unterlagen gegen Bargeld. Sein Auftraggeber war tatsächlich, wie McDonald es vermutete, der Agent einer amerikanischen Patentverwertungsgesellschaft, die von Gangstern kontrolliert wurde.

      Diese Patentverwertungsgesellschaft betrieb in fast allen Industrieländern aktive Industriespionage und verdiente ausgezeichnet dabei. Cranford war für Groß-London der Agent dieser Gesellschaft und hatte bereits viel Geld der Verwertungsgesellschaft investiert. Er brauchte den Erfolg, um auch irgendwo in der Welt im Geschäft zu bleiben.

      Es ging ihm also nach wie vor um Listers Material, doch in erster Linie wohl um Kathy Porter, die sein ausgeprägtes Selbstgefühl nachdrücklich ins Wanken gebracht hatte. Dieser Frau wollte und mußte er es zeigen. Und nur über diese junge Frau hatte er noch die letzte Chance, an Listers Unterlagen heranzukommen. Kathy Porter als Geisel in der Hand, und man mußte liefern, ob man wollte oder nicht.

      In einem Taxi war er an dem kleinen Platz vorbeigefahren, an dem Lady Simpsons Haus lag.

      Er hatte die vor dem Haus parkenden Wagen gesehen und wußte, daß dort wohl so etwas wie eine Abschlußbesprechung stattfand. Im Augenblick war an das langbeinige Mädchen nicht heranzukommen, doch in ein paar Stunden sah die Sache bestimmt schon wesentlich günstiger aus.

      *

      Sounders, Morrison und McDonald waren gegangen.

      Parker bat Lady Simpson um eine Freistunde, um sich, wie er sich ausdrückte, ein wenig die Füße zu vertreten.

      „Sie sind irgendeiner Sache auf der Spur, nicht wahr?“ fragte Agatha Simpson mißtrauisch.

      „Keineswegs, Mylady“, schwindelte der Butler. „Ich möchte mir nur einen kühlen und klaren Kopf verschaffen.“

      „Ich wäre sehr beleidigt, wenn Sie etwas auf eigene Faust unternehmen würden.“

      „Mylady können sich auf meine bescheidene Wenigkeit verlassen“, versprach der Butler doppeldeutig. „Darf ich mir erlauben, meinerseits eine Warnung auszusprechen? Mit der plötzlichen Rückkehr und mit dem Auftauchen Mr. Cranfords dürfte jederzeit zu rechnen sein.“

      „Dieser Lümmel soll nur kommen“, drohte die kriegerische Dame. „Hoffentlich besitzt er die Frechheit und den Mut, hier vorzusprechen.“

      Parker ersparte sich jedes weitere Wort, streifte sich den schwarzen Covercoat über, setzte sich die schwarze Melone auf und verließ das Haus. Er benutzte seinen hochbeinigen Wagen, um dem Redakteur Falsom einen weiteren Besuch abzustatten. Diesmal konnte Falsom zwar nicht helfen, doch er verwies den Butler an einen Gerichtsreporter, einen kleinen, vertrocknet aussehenden Mann von fast sechzig Jahren.

      Walter Berry, wie er hieß, war ein wandelndes Archiv. Als Parker ihm den Namen Harry Pool nannte, zupfte Berry an seinem rechten Ohrläppchen.

      „Harry Pool, Harry Pool“, wiederholte er dazu und zwinkerte nervös mit den Augen, was den Butler zuerst ein wenig irritierte, bis er merkte, daß der Gerichtsreporter das eigentlich unentwegt tat. „Natürlich kenne ich Harry. Langfinger-Harry, früher mal ein As als Taschendieb, jetzt aber aus dem Geschäft. Er muß gut und gern fünfundsechzig Jahre alt sein, Mr. Parker.“

      „Könnten Sie mir seine Adresse verschaffen?“

      „Wenn Sie ein paar Minuten Zeit haben, schon.“ Walter Berry griff nach dem Telefonhörer und absolvierte dann Kurzgespräche in sinnverwirrender Fülle. Er sprach zuerst mit einem Kneipenbesitzer, dann mit einer Pullover-Suzy, schließlich mit einem Kragen-Henry und abschließend mit einem Whisky-Fred.