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und sich schließlich für sieben entschieden. Die Sieben hatte die nötige Symbolkraft. Das kannte man ja von den sieben Zwergen, den sieben Weltwundern und den sieben Wochentagen. Sieben Dinge konnten sich die meisten Menschen gerade noch merken. Dazu gab es Studien, darauf konnte man bauen. Und deshalb hielt Dr. Trinkaus sieben Ratschläge bereit, die beim Fokussieren helfen sollten. Zwar hätte es sich bei einigen Ratschlägen angeboten, sie zusammenzufassen, aber dann wären es nicht sieben geworden, denn weitere Ideen waren ihm nicht gekommen. Immerhin hatte er schon mal ein Konzept für ein Buch entwickelt, das sich mit diesem Thema ausführlicher beschäftigen würde. Fokus – die sieben Geheimnisse, so würde er es nennen. Er hatte auch schon Kontakt zu einem Verlag aufgenommen.

      Entscheide selbst, was du für wichtig hältst. So lautete seine erste Maxime. Und dann: Lass dich nicht ablenken. Das leuchtete ebenfalls ein und auch der dritte Ratschlag überzeugte: Iss regelmäßig, denn ein leerer Magen lenkt ab. Da lag der vierte Ratschlag nahe: Iss nicht zu viel, denn ein voller Magen macht müde. Bleib entspannt und höre auf Deine innere Stimme, lauteten die nächsten beiden Ratschläge. Und schließlich der siebte Rat: Durchsetzungskraft entwickeln. Das leuchtete ein. Allerdings wurde das auch bisher schon von jedem Manager erwartet.

      Aus diesen praxisorientierten Ratschlägen entwickelte sich schnell eine lebhafte Diskussion. Dazu konnte jeder Teilnehmer ein paar Beispiele aus seinem eigenen Erfahrungsschatz beitragen. Dr. Trinkaus schrieb wichtige Stichwörter an die Tafel, malte Kreise darum und dokumentierte Zusammenhänge mit dicken Pfeilen. Besonders wichtige Beiträge markierte er mit rotem Stift und dickem Ausrufezeichen. Und über allem stand in großen Buchstaben: Fokus! Ja, es war nicht zu übersehen, dass er sein Handwerk verstand.

      Die Teilnehmer notierten die Ratschläge und Anmerkungen und waren begeistert, dass das Seminar so viel praktischen Nutzen bot. Das hatten sie Frau Schön zu verdanken, die darauf geachtet hatte, dass das Seminar praxisorientiert sein würde. Diese Ratschläge würde nun jeder in der täglichen Arbeit umsetzen müssen. Das würde so etwas wie eine Exzellenzinitiative innerhalb der Labora. Damit würden Exzellenzcluster geschaffen, die sich zur Keimzelle völlig neuer Qualitäten entwickelten. So würde sich aus Fokus schließlich Exzellenz entwickeln. „Exzellenz durch Fokus“, schrieb Dr. Trinkaus an die Tafel und unterstrich es doppelt. Diese Erkenntnis solle jeder mit nach Hause nehmen, dann befände sich die Labora GmbH auf einem guten Weg. Er würde die Labora gerne weiterhin auf diesem Weg mit Seminaren begleiten, sagte Dr. Trinkaus an Frau Schön gewandt. Er hätte da noch einige interessante Vorschläge, über die man vielleicht mal sprechen sollte.

      Als die Manager der Labora GmbH am nächsten Morgen an ihre Schreibtische im Büro zurückkehrten, überlegten sie im Stillen, worauf sie denn wohl am besten ihren Fokus richten würden. Einer von ihnen hatte da eine Idee. Wie wäre es denn, dachte er sich, wenn man einfach mal all die obskuren Weisheiten und Ratschläge der Berater vergaß und sich auf sein Selbstvertrauen besann? Fokus auf Selbstvertrauen sozusagen. Er hatte ja recht klare Vorstellungen davon, worauf es in seiner Position ankam. Und er glaubte, seine Stärken und Schwächen zu kennen. Er müsste sich ja nur mal mit seinem eigenen Arbeitsbereich voller Neugier und zugleich kritisch auseinandersetzen, dann würden ihm da schon eine Menge Ideen kommen. Auch wenn die Arbeit delegiert war, so hatte er ja immer noch die Verantwortung. Die ließ sich nicht delegieren. Und deshalb wäre es gut, wenn er die Arbeitsprozesse verstehen und seinen Fokus auf die Mitarbeiter und alle anderen richten würde, von denen auf die eine oder andere Art der Erfolg seines Bereichs abhing.

      Wo er gestern noch skeptisch gewesen war, war er nun überzeugt, dass ihm das Seminar die Augen geöffnet hatte. Er spürte geradezu so etwas wie Lust am Selbstvertrauen. Einfach mal all diese Consultants mit ihren Patentrezepten und Allheilmitteln vergessen und sich auf die eigenen Stärken besinnen. Warum eigentlich nicht?

      Er spürte eine ungewohnte Leichtigkeit, die seine Gedanken beschleunigte. Fokus! Das war’s. Fokus auf die eigenen Fähigkeiten. Das fügte der Diskussion von gestern eine ganz neue Dimension hinzu. Er würde dies gerne seinen Kollegen vermitteln. Nein, nicht nur den Kollegen. Er würde ein Buch darüber schreiben und sich mit diesem Gedanken selbstständig machen. Eine Management Akademie gründen und diesen Gedanken als Trainer vermitteln. Er sah da einen erheblichen Markt. Und eine passende Farbe für die Hosenträger würde er sicherlich auch finden. Er hatte da schon eine Idee.

      Hoffnungsträger

      Die verantwortlichen Herren des alteingesessenen Handelshauses hatten sich mal zusammengesetzt und analysiert, wie es auf den obersten Managementebenen in Zukunft eigentlich weitergehen sollte. Ein gewisses Alter hatten sie ja alle schon erreicht. Zwar war nicht damit zu rechnen, dass sich die Vorstandskollegen wie ganz normale Arbeitnehmer mit dem Erreichen der Altersgrenze zur Ruhe setzten – nein, dafür fühlten sie sich zu fit –, aber irgendwann würde eben doch der Zeitpunkt kommen, zu dem man etwas kürzertreten musste und vielleicht besser in die Aufsichtsgremien wechseln sollte. Denn dass man sich so ganz zur Ruhe setzte, das kam natürlich nicht in Frage. Top-Manager zu sein, war ja nicht einfach irgendein Beruf, das Top-Management war ein Lebensstil. Allerdings ließ es sich eben doch nicht ganz von der Hand weisen, dass es an der Zeit war, sich Gedanken über den Managementnachwuchs zu machen. Immerhin waren auch auf den weiteren Managementebenen die grauen Haare – wenn sie denn nicht schon ausgegangen waren – keineswegs zu übersehen. Da bestand Handlungsbedarf.

      Um die Thematik etwas systematischer anzugehen, hatten sich die Herren an Frau Kluge gewandt. Sie leitete das Human Resources Department und stellte die gewünschten Daten mit der gebotenen Sorgfalt und Vertraulichkeit zusammen und bereitete sie zum leichteren Verständnis sogar grafisch auf. Sie wusste, was von ihr erwartet wurde. Und so beugten sich die Herren schon bei der nächsten Vorstandssitzung über ein Diagramm, das mit mehr oder weniger langen Pfeilen zeigte, wann die einzelnen Damen und Herren Führungskräfte ausscheiden würden – sofern sie bis zum Rentenalter durchhielten, was ja keineswegs sicher war.

      Dr. Winter, der Vorstandsvorsitzende, bereute beinahe, dass er nicht schon früher einmal um eine Aufstellung der Daten gebeten hatte. Das war ja kaum zu glauben. Das hatte man ja gar nicht gewusst, dass die Dame vom Credit Management gar nicht mehr so jung war wie sie aussah. Donnerwetter, die hatte sich gut gehalten. Ganz das Gegenteil von dem Marketingleiter. War der wirklich noch nicht älter? Der sah doch aus, als würde er kurz vor der Rente stehen. Und immer dieses verdrießliche Gesicht. Hatte wahrscheinlich ein Magengeschwür. Na ja, der hieß ja nicht umsonst Peter. Der hatte seine Stufe zur Inkompetenz schon lange überschritten. Man kannte das ja vom Peter-Prinzip. Wieso hatte man den eigentlich damals befördert?

      So gingen die Herren einen Namen nach dem anderen durch und zu jedem fielen ihnen ein paar – keineswegs immer sehr schmeichelhafte – Kommentare ein. Gelegentlich gingen die Meinungen allerdings deutlich auseinander, denn jeder hatte seine eigene Fraktion, auf die er nichts kommen ließ. Nur in einem Punkt waren sich alle Herren einig. Es musste etwas geschehen. Man näherte sich ganz offensichtlich einem Punkt, an dem sich die Mehrheit der Manager in die Rente verabschiedet haben würde. Das war absehbar und da galt es vorzusorgen. Die Frage war nur, was man am besten unternahm, um die Führungsriege zu verjüngen.

      Vor vielen Jahren hatte man es mal mit Quereinsteigern versucht. Damals war jemand eingestellt worden, der nicht im Trading Business groß geworden war. Allerdings war der nicht nur Quereinsteiger, der war auch Querdenker. Ausgerechnet ein Soziologe war’s gewesen. Und nicht nur das. Doktor der Philosophie war er. Und das in einem Handelshaus. Na, das hatte man schnell bereut. Das konnte ja nicht gutgehen. Wer war nur auf diese Idee gekommen? Dieser unselige Soziologe hatte schnell gelernt, das musste man ihm lassen. Und seine Arbeit machte er sehr ordentlich. Daran gab es nichts auszusetzen. Aber dann begann er eigene Ideen zu entwickeln. Und immer war er kritisch. Hinterfragte alles. So war das ja nicht gemeint gewesen. Na ja, inzwischen hatte sich die Sache erledigt. Das war auch besser so. Obwohl – es gab da einige Mitarbeiter, die erinnerten sich noch gerne an ihn. Eines hatte man jedenfalls daraus gelernt. Noch so einen Quereinsteiger würde man dem Unternehmen nicht zumuten. Es kam eben doch auf den richtigen Stallgeruch an. Und deshalb musste man den Managementnachwuchs im eigenen Hause heranzüchten. So viel war klar.

      Die Herren erinnerten sich an ihr Hi-Po-Programm, das vor einigen Jahren eingeführt worden war. Haipo wurde es ausgesprochen