Um Krone und Liebe. Sigrid-Maria Größing. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sigrid-Maria Größing
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783902998767
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Als man in den Niederlanden die Kunde vernahm, dass der ersehnte Bräutigam tatsächlich gekommen war, um seine schöne Braut zum Altar zu führen, da machte sich Jubel überall breit, ja, das ganze Land geriet geradezu in einen Freudentaumel. Eine Stadt überbot die andere mit Geschenken für das junge Paar, die Städte waren prachtvoll mit Fahnen und Blumen geschmückt, durch die der Bräutigam seinen Weg nehmen wollte. Gott sei Dank war Maximilian endlich gekommen, jetzt konnte man überall aufatmen, denn jeder wusste, wie sehr Maria auf Maximilian gewartet hatte! Am 18. August 1477 stand der Prinz vor den Toren von Gent, wo ihn die Honoratioren der Stadt in ihren Prunkgewändern empfingen. Der Einzug in die Stadt seiner Träume hätte nicht glanzvoller vonstatten gehen können, alles, was im Reich Rang und Namen hatte, war erschienen, um mitzuerleben, wie der junge schöne Kaisersohn die reizvolle und unendlich liebenswürdige Maria von Burgund zur Frau nahm. Er war aus der Ferne gekommen, hatte allen noch so widerwärtigen Gefahren getrotzt und hatte sich in seinen Träumen nur einen einzigen Augenblick vorgestellt, der jetzt gekommen war: Sie standen einander auf der Freitreppe der Burg gegenüber, der Jüngling in seiner goldenen Rüstung und die zarte Maria. Stumm sahen sie einander an – eine Ewigkeit, so schien es ihnen, eine Ewigkeit, die sie miteinander verbringen wollten. Als Erste fand Maria die Fassung wieder, sie ging auf Maximilian zu und küsste ihn, wobei sie die Worte sprach: »Sei willkommen, edelstes, deutsches Blut, nach dem sich mein Herz so lang gesehnt.« Der Bann war gebrochen. Jetzt wagte auch Maximilian seine Braut vor aller Augen zu küssen, wobei die Schar der Zuschauer in begeisterten Jubel ausbrach. Nachdem die Brautleute einige Formalitäten erledigt hatten, begab man sich zu einem üppigen Bankett, wo Maximilian seiner Braut einen kostbaren Diamanten aus der berühmten Edelsteinsammlung seines Vaters überreichte. Maria hatte für den Bräutigam ein pikanteres Geschenk: Sie deutete, da sie der deutschen Sprache nicht mächtig war und Maximilian weder Flämisch noch Französisch verstand, dem Bräutigam durch unmissverständliche Gesten an, dass er eine Blume suchen sollte, die auf ihrem Körper versteckt war. Der etwas irritierte Maximilian nestelte, nachdem der Erzbischof von Trier sein Einverständnis dazu gegeben hatte, an ihrem Mieder und fand an ihrem Busen eine Nelke, die damals das Symbol für Gattenliebe darstellte. Während sich die Damen und Herren des Gefolges bei Trunk und Tanz vergnügten, zogen sich die beiden jungen Leute zurück, um die Zweisamkeit zu genießen. Gerüchte besagten, dass Maximilian noch am selben Abend nach einem Priester geschickt habe, um die offizielle Hochzeitsnacht in aller Heimlichkeit vorwegnehmen zu können. Die kirchliche Trauung, an der eine riesige Menschenmenge teilnahm, fand am nächsten Morgen statt. Von weit her waren die Männer und Frauen herbeigeeilt, um die Hochzeit des schönen Paares mitzuerleben. Und jeder kam auf seine Rechnung: Als die Braut in ihrem prachtvollen Kleid mit der Krone Burgunds auf den braunen Locken vor der Kirche erschien, kannte die Begeisterung des Volkes keine Grenzen. Nach der kirchlichen Zeremonie, die der päpstliche Legat Julianus von Ostia, assistiert vom Bischof von Tournai, vorgenommen hatte, überreichte Maximilian seiner Gemahlin 13 Goldstücke als Symbol, dass er für ihren Lebensunterhalt aufkommen wollte. Dann brachen sie das Brot und tranken aus dem gleichen Becher einen Schluck Wein. Als sich ihre Lippen beim Friedenskuss innig trafen, konnten beide die Rührung, die sie überkam, kaum verbergen. Sie waren Mann und Frau – der lang gehegte Traum war Wirklichkeit geworden. Nachdem sich die Türen des Brautgemaches hinter Maria und Maximilian geschlossen hatten, beendete ein sächsischer Chronist, der die Festlichkeiten beschrieben hatte, seine Schilderung folgendermaßen: »Wie es da ganngen ist wais ich nit.« Für Maximilian, der am Hof seines Vaters so manche Stunde des Hungers und der Angst mitgemacht hatte, erschien das Leben an der Seite der geliebten Frau wie ein Märchen. Und wäre der französische König Ludwig XI. nicht gewesen, der alles daransetzte, wenigstens mit Waffengewalt sich Teile Burgunds anzueignen, hätte das junge Paar den Himmel auf Erden erleben können. Aber mit Maria hatte Maximilian auch die Probleme des Mittelreiches erworben und musste alles daransetzen, Land und Leute zu verteidigen, obwohl er viel lieber an der Seite seiner jungen Frau geblieben wäre, die ihr erstes Kind erwartete. Auch vor dem neugeborenen Kind machte die List und Tücke des französischen Königs nicht Halt, er ließ verlauten, dass es sich nicht um einen Sohn, sondern um eine Tochter handelte, die Maria in Abwesenheit ihres Mannes geboren hatte. Was Ludwig XI. allerdings nicht bedacht hatte, war die Beherztheit der Stiefgroßmutter Margarethe von York. Denn die wickelte das Kind vor allen Augen aus und präsentierte stolz den Buben! Die Astrologen hatten dem Kaisersohn ein kurzes Glück an der Seite seiner geliebten Frau vorhergesagt und einen sehr schmerzlichen Verlust. Aus heiterem Himmel schlug das Schicksal unbarmherzig zu: Auf einer Falkenjagd fiel das Pferd auf Maria, die wieder ein Kind erwartete. Die junge Frau hatte sich durch den Sturz so schwere Verletzungen zugezogen, dass sie innerlich verblutete. Mit sterbender Stimme verabschiedete sie sich von ihrem Mann und den kleinen Kindern: »Adieu donc, a vous le premier, duc Maximilien! Ach, wir werden bald voneinander scheiden müssen! Adieu Philipp, adieu Marguerite – bald werdet ihr Waisen sein!« Am 27. März 1482 schloss Maria von Burgund die Augen für immer. Sie war nur 25 Jahre alt. Für den untröstlichen Maximilian waren die Rosen im Garten für immer verblüht und trugen in der Zukunft nur noch Dornen.

      Sie brachte ihm das Geld und er machte sie nicht glücklich

      In seinem Geburtshoroskop war Maximilian I. in seinem dritten Lebensabschnitt eine sehr junge Frau vorhergesagt, die guten und rechten Glaubens war, »dem Mann ergeben, anständig und rechtschaffen«, durch die er zu Gewinn und Wohlstand kommen würde, allerdings würde die junge Gemahlin eher kränklich und wenig glücklich sein.

      Ein Leben lang glaubte Maximilian an die Sterne, und als ihn nach dem frühen Tod seiner geliebten Gemahlin Maria von Burgund eine reiche Heirat lockte, griff er deshalb mit beiden Händen zu. Wie die Braut aussah, womit sie sich beschäftigte, welche Wünsche sie für die Zukunft hegte, war für den jungen Witwer völlig bedeutungslos, denn eigentlich sehnte er sich nicht nach einer neuen Frau, sondern nur nach ihrem Geld!

      Bianca Maria Sforza, am 5. April 1472 in Mailand geboren, war am Hofe ihres Oheims Ludovico il Moro trotz der komplizierten politischen Verhältnisse sorglos herangewachsen, obwohl ihr Vater einem Meuchelmord zum Opfer gefallen war und der Oheim die Regierungsgeschäfte übernommen hatte. Sie verstand sich gut mit dem Onkel, das Leben an seinem Hofe war angenehm und abwechslungsreich, denn Ludovico war nicht nur ein steinreicher Mann, der sich mit den bedeutendsten Künstlern seiner Zeit umgab – zu seinen engsten Freunden zählte Leonardo da Vinci –, er machte den Mailänder Hof in kurzer Zeit zu einem der glänzendsten in Italien. Ludovico selbst benötigte nur noch eine gewisse Aufwertung durch einen entsprechenden Titel. Und den sollte ihm der zukünftige Ehemann seiner jungen Nichte verleihen!

      Bianca Maria war nicht ausgesprochen hübsch, aber wiederum auch nicht hässlich, es lag um sie der Goldschimmer der Dukaten, die der Oheim in großen Truhen schon für den zukünftigen Freier bereithielt. Da war es nicht unbedingt notwendig, dass das junge Mädchen mit Gelehrsamkeit überhäuft wurde, es konnte sich ganz seinen Neigungen hingeben, und die bestanden fast ausschließlich im Anfertigen feinster Handarbeiten, vor allem der Petit-Point-Stickerei.

      Das Gerücht, dass Ludovico il Moro für seine reiche Nichte einen Ehemann suchte, war natürlich dem ewig sich in Geldnöten befindlichen Maximilian längst zu Ohren gekommen. Und obwohl er immer noch um seine geliebte Gemahlin Maria von Burgund trauerte, entschloss er sich doch, um die Hand Bianca Marias in Mailand anhalten zu lassen. Natürlich standen seine Chancen hervorragend, denn er konnte sich ausrechnen, dass sein Angebot, Ludovico il Moro im Falle einer Eheschließung die Herzogswürde zu verleihen, ihm alle Türen öffnen würde. Eine Hand wusch auch damals die andere, denn Ludovico ließ sich nicht nur die Hochzeit seiner Nichte und die Mitgift eine Unsumme kosten, er sonnte sich auch in dem Gefühl, der angeheiratete Oheim des mächtigsten Mannes seiner Zeit zu sein.

      Die Hochzeit Bianca Marias fand in Mailand statt, allerdings ohne den Bräutigam, der nur einen Vertreter geschickt hatte. Maximilian war keineswegs daran interessiert, möglichst bald seine neue Ehefrau kennenzulernen, er vergnügte sich während der Hochzeitsfeierlichkeiten lieber in Wien mit einer seiner Geliebten. Hätte er allerdings gewusst, wie grandios Leonoardo da Vinci die Festlichkeiten in Mailand gestaltete, hätte er sich als kunstsinniger Mensch, der ein Leben lang pompöse Feste liebte, vielleicht auf den Weg nach Oberitalien gemacht. Denn Leonardo erwies sich als perfekter Verhüllungskünstler,