Plötzlich tauchte ein Schild auf: Puente la Reina. Es war wie ein Wunder. Ich konnte es nicht fassen. Aber es stand schwarz auf weiß auf der Ortstafel geschrieben.
Doch das vermeintliche Wunder wich sogleich der harten Realität: „Puente la Reina de Jaca“ hieß es da, als ich genauer hinschaute. Der „Ort“ bestand aus einer verlotterten Tankstelle und einem Lagerschuppen. Weit und breit keine Spur von einer königlichen Brücke.
Endlich erschien am Horizont ein Dorf. Aber es lag abseits des Weges, gleich einer Festung auf einer Anhöhe. Obwohl mich nur zwei Kilometer von ihm trennten, hatte ich keine Kraft mehr, dort hinaufzuradeln. Ich begnügte mich damit, die unerreichbare Festung wenigstens ins Bild zu bannen. Das zog die Aufmerksamkeit zweier Österreicherinnen auf sich, die in einer vorsintflutlichen, mit roten Vorhängen verzierten „Ente“ (einem alten Citroën) daherwatschelten. Sie hielten neben mir an und fanden das Sujet ebenfalls eines Bildes wert. Leider hatten auch sie nichts zu trinken dabei. Immerhin kündigten sie mir die Nähe eines Stausees an. Dann gaben sie ihrer Ente Gas, und sie schnatterte holpernd und ächzend davon.
Ich hatte wohl einen anderen Begriff von Nähe als die beiden Weltenbummlerinnen. Auch nach einer Stunde Fahrt war weit und breit kein Stausee zu sehen.
Da erschien gleich einer Oase eine rettende Tankstelle mit einem Getränkeautomaten. Es fehlte mir aber das nötige Kleingeld, und so musste ich warten, bis ein Autofahrer vorbeikam und sich meiner erbarmte. Welche Erlösung, welche Kostbarkeit, dieses edle Wasser!
Nachdem der Durst gelöscht war, fühlte ich mich gleich wieder besser. Gegen Abend wurde der Wind stärker. Das bereitete mir einige Sorge, denn ich wusste nicht, wo ich in diesem offenen Gelände mein Zelt aufstellen könnte, ohne verweht zu werden.
Da erblickte ich am Horizont etwas Bläuliches. War es das Glas eines großen Gewächshauses, war es eine Fata Morgana, oder war es tatsächlich der angekündigte Stausee? Nach ein paar Hügeln und Kurven, die die glänzende Fläche immer wieder meinen Blicken entzogen, stand fest: Es war tatsächlich der Stausee.
Wie bei solchen Seen üblich, war er mit seinen schroffen, nackten Ufern nicht sehr einladend. Fast verzweifelt fuhr ich immer weiter in der Hoffnung, doch noch irgendeine geschützte Stelle zu finden.
Da stieß ich unvermittelt auf einen Zeltplatz. Noch selten bin ich so erlöst durch das Tor eines Campingplatzes gefahren wie zu jener Abendstunde. Eine nette Spanierin, die fließend französisch sprach, empfing mich, als hätte sie auf mich gewartet. Obwohl der Campingplatz gerammelt voll war, fand ich ganz vorne, gleich über einer Klippe am Rand des Sees, ein wunderschönes Plätzchen für mein kleines Zelt.
Die Sonne war schon untergegangen, als ich die Badehose anzog und Richtung See lief. Einige fischende Kinder, die ihr letztes Glück versuchten, wunderten sich über den seltsamen Gast, der jetzt noch ins kalte Wasser stieg. Ich aber tauchte da hinein, ohne recht glauben zu können, dass eine solche Ansammlung von Wasser möglich war. So lange hatte ich darauf warten müssen. Es war einer jener Momente, wo Dankbarkeit und Freude überströmen und man sich gar kein größeres Glück auf Erden vorstellen kann.
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