APEX. Ramez Naam. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ramez Naam
Издательство: Bookwire
Серия: Nexus
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958352988
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Aber ich muss auch auf Nummer sicher gehen. Vertrauen und verifizieren. So läuft das nun mal.

      Und wenn Sie tiefer graben und schließlich befriedigt zu der Erkenntnis kommen, dass nichts an der Geschichte dran war, dann werde ich nachts ruhig schlafen können.«

      »Mr. Präsident, ich habe gar nicht die Befugnis.«

      »Dann erteile ich ihnen hiermit die Befugnis«, sagte Stockton. »Carte Blanche. Außerdem haben alle Angst vor Ihnen …«

      Das brachte ein kleines Lächeln auf ihr Gesicht.

      »… das allein gibt Ihnen die Befugnis.«

      Das Pult seines Schreibtisches vibrierte. Pryce wusste, dass seine Sekretärin nur stören würde, wenn es wichtig war. Stockton nahm das Gespräch an.

      »Ja?«

      »Mr. Präsident, Ihre Tochter und Ihr Enkelsohn sind hier.«

      Sein Gesicht leuchtete auf. Er hatte einige beängstigende Stunden durchlebt, in denen er dachte, Julie und der einjährige Liam wären in der Westwood Baptistenkirche ums Leben gekommen, bevor Julie ihn erreicht hatte und ihm erzählen konnte, dass sich ihre Pläne geändert hatten und sie sich auf der anderen Seite von Houston befand.

      Pryce erinnerte sich an den Blick auf seinem Gesicht an jenem Morgen. Diese Mischung aus blankem Entsetzen und Zorn.

      Familie. Das war, was John Stockton wirklich wichtig war. Gott sei mit dem, den Stockton als eine Gefährdung für diejenigen ansah, die er liebte.

      Es hatte auch bei ihr einmal Hoffnung auf eine eigene Familie gegeben. Einmal.

      »Dreißig Sekunden, Liz«, sagte der Präsident in sein Telefon. »Dann schicken Sie sie herein zu mir.« Er hängte auf.

      »Dann ist das also ein Ja«, sagte er zu Pryce.

      Pryce sah ihn einen Moment lang an. »Ich will mit Präsident Jameson sprechen.«

      Stockton runzelte die Stirn. »Miles ist zu alt, Carolyn. Er ist müde. Er hatte seinen zweiten Schlaganfall.«

      »Miles Jameson war Präsident während der Zeiträume, die in diesen Memos erwähnt werden«, sagte Pryce. »Sein Name ist darauf. Ich nehme diesen Job nur an, wenn ich mit ihm sprechen kann.

      Stockton runzelte erneut die Stirn und schüttelte seinen Kopf. »Schon gut. Aber gehen Sie schonend mit dem alten Mann um.«

      Pryce nickte. »Dann ist das ein Ja, Mr. Präsident. Carte Blanche. Unter diesen Voraussetzungen nehme ich an.«

      »Gut«, sagte Stockton. »Gehen Sie der Sache auf den Grund. Und dann kommen Sie zurück und berichten mir, dass das alles ein Haufen Lügen ist. Oder Sie erzählen mir, was zur Hölle da eigentlich vor sich ging.«

      »Und was, wenn das alles wahr ist?«, fragte sie ihn. »Wenn wir die PLF erfunden haben? Wenn Barnes Holtzman ermordet hat? Und Becker? Wenn er das versuchte Attentat auf Sie inszeniert hat?«

      Wenn Sie ihm Ihren Wahlsieg zu verdanken haben, dachte sie sich, ohne es auszusprechen.

      Stockton lächelte seine Nationale Sicherheitsberaterin an. »Dann werde ich das in die Hand nehmen. Aber denken Sie an meine Worte, Carolyn: Ich werde diese Wahlen gewinnen. Ich werde der nächste Präsident der Vereinigten Staaten sein.

      Und wie auch immer wir zu diesem Punkt gekommen sind, ich werde mich deswegen keinem unterwerfen – nicht den Terroristen, nicht den ›Posthumanen‹ und nicht jemandem, der versucht, unsere Wahlen zwei Tage vorher zu sabotieren.«

      Dann öffnete sich die Tür und Stockton erhob sich, als seine Tochter Julie und ihr Sohn Liam – sein erstes und einziges Enkelkind – in seine Arme rannten, wo sie eine innige Umarmung erwartete.

      Pryce sah dabei zu, wie seine riesigen Footballhelden-Arme seine Familie umschlangen, sah das leidenschaftliche Durcheinander von Emotionen über sein Gesicht rasen. Und der Gedanke schoss ihr wieder durch den Kopf.

      Wehe dem, der diejenigen bedrohte, die John Stockton liebte.

      

      

       7| DER LETZTE WILLE

      

      Samstag, 03.11.2040 Maximilian Barnes stand auf der Terrasse hinter dem ausladenden Landhaus, das er geerbt hatte. Der strömende Regen peitschte gegen das hölzerne Vordach über ihm. Der Wind griff nach ihm, umwehte ihn mit eisigem Regen, wehte durch sein dichtes, schwarzes Haar. Da draußen, an der Grundstücksgrenze, floss der Susquehanna Fluss hoch und schnell, fast schon auf Fluthöhe, als würde er seine Grenzen austesten wollen. Weiße Kreisel bildeten sich auf der unruhigen Flussoberfläche. Sogar hier, hundertsechzig Kilometer nördlich von DC, spürte man noch die Auswirkungen von Hurrikan Zoe, die die Landschaft in ihrem Zorn verwüstete.

      Barnes‘ Gesicht war genauso zornig wie dieser Sturm, seine Augenbrauen waren zusammengezogen, die Kiefer zusammengepresst, seine dunklen Augen bewegten sich hin und her, als würde er nach etwas suchen, an dem er seine Wut auslassen konnte.

      »Verdammt!« Er schlug seine Faust energisch gegen das hölzerne Geländer und fühlte es unter seiner Hand zersplittern.

      Nach allem, was er für dieses Land getan hatte.

      Er war so dumm gewesen. Holtzman war nicht wie Becker, er war nicht wie die anderen. Er war kein Patriot. Und Becker … wie hatte Becker diese Daten nur zurücklassen können? Wieso hatte der Virus sie nicht zerstört? Wie hatten sie Holtzman nur in die Finger gelangen können?

      Es war nicht mehr von Bedeutung. Alles, was jetzt noch wichtig war, war die Mission: Amerikas Sicherheit zu gewährleisten. Amerika wachsam gegenüber den Bedrohungen zu halten, die er nur zu gut kannte.

      Barnes schloss seine Augen und alles kam wieder in ihm hoch. Die Indoktrination. Die Schläge. Das ständige Bestreben, perfekt zu sein und gleichzeitig zu wissen, dass es nicht gut genug war. Die wahnsinnigen Tiraden über eine Herrenrasse. Darüber, die Menschheit zu perfektionieren und wieder von Neuem zu beginnen. Er hatte dieses Haus mit fünfzehn verlassen, hatte mit achtzehn seinen Namen von Bauer in Barnes geändert und doch war es ihm nie möglich gewesen, jemals etwas anderes zu tun, als sich selbst immer wieder anzutreiben und zu drängen. Immer noch erwischte er sich dabei, wie er jede Weiterentwicklung verfolgte, die auf den Markt kam – legal oder nicht – um zu sehen, ob sie ihm diesmal zu einem Vorsprung verhelfen würde. Ihn dem näherbringen würde, was sein Vater, den er gehasst und mit dem er jahrelang nicht gesprochen hatte, gewollt hätte.

      Nur, um dann eines Tages aufzuwachen und die Meldungen von tausenden Toten in Laramie zu hören. Um die Worte »Aufstand der Arier« zu hören und die Bilder dieser Klone zu sehen, dieser »perfekten« transhumanen Klonkinder, die genetisch immun gegen die Seuche waren, die sie gedachten, zur Auslöschung der Menschheit einzusetzen.

      Bösartige kleine transhumane Arier, darauf aus, den Rest der Menschheit auszulöschen.

      Grausame, kleine Klone, die zwar nicht ganz so aussahen wie Maximilian Barnes. Jedoch glichen sie dem Jungen, der er zu jenem Zeitpunkt gewesen war, mehr als es ihm lieb war.

      Damals war er in der Asher-Regierung gewesen, kam gleich danach zum FBI. Er erzählte ihnen alles über seine Herkunft, darüber was er über den »Arier-Aufstand« wusste. Er erzählte seinen Vorgesetzten im Weißen Haus davon und war überraschenderweise dafür belohnt worden: Ihm war eine politische Stelle angeboten worden und von da aus hatte er es bis in die Regierung unter Jameson gebracht. Und dann in die unter Stocktons Leitung. Er war der Jäger neu entstehender Technologien. Der Mann, der Präsident Jameson überzeugt hatte, die Klone des »Arier-Aufstands« zu euthanasieren. Er war der Mann, der für das Programm verantwortlich gewesen war, das sicherstellen sollte, dass die US-amerikanische Öffentlichkeit niemals in ihrer Opposition zu transhumanen Technologien wankte.

      Maximilian Barnes war ein


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