Herbstverwesung. Stefanie Randak. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Stefanie Randak
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9783962298531
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hier in meinem Schloss“, lachte sie stolz. Eleonora hob entsetzt eine Augenbraue. Es wurde immer verfahrener. Sieben Puppen. Ihr kamen die Worte des Kellners in den Kopf. Misses Greenwood hatte sieben Söhne gehabt. Das konnte doch kein Zufall sein. Sie verwendete also die Puppen als Kindersatz?

      Also Isabell und fünf Freundinnen, das waren dann nur sechs.

      „Was ist mit der siebten Puppe?“, fragte Eleonora vorsichtig und fürchtete sich ein wenig vor der Antwort.

      Misses Greenwood lächelte und neigte den Kopf. Sie schien sich sehr über Eleonoras Interesse zu freuen. „Die siebte Puppe ist Isabells Zwillingsschwester. Sie trägt den wunderschönen Namen Mirabell.“

      Eine Zwillingsschwester? Das konnte doch alles nicht wahr sein. Eleonora musste willkürlich die Nase rümpfen. Jetzt wäre es nur noch interessant, wo sich diese sieben Puppen befanden. Vielleicht lagen sie in einem Karton? Oder waren sie in einem Regal aufgestellt?

      „Und wo bewahren sie die Puppen auf?“, fragte sie schließlich. Vielleicht würde Misses Greenwood ihr erlauben, einmal einen Blick auf Isabells Genossinnen werfen zu dürfen. Denn mit ein bisschen Inspiration würde sich Eleonoras Buch sicher schon bald wie von selbst schreiben.

      „Oh, ich bewahre sie drüben im Wohnsalon auf. Möchten Sie sie sehen?“ Misses Greenwood hatte angebissen und ohne Eleonoras Antwort abzuwarten, griff die Alte sie an der Hand und zog sie durch die Tür in den Wohnsalon.

      „Im Moment sitzen sie auf meinem Sofa. Eigentlich wohnen sie in einer Glasvitrine, aber heute Nacht wurde diese von einem Dieb umgestoßen und zerstört!“

      „Wieso denken Sie, dass jemand eingebrochen ist?“, Eleonora hatte zwar das Gespräch zwischen Misses Greenwood und dem Polizisten mitgehört, wollte jedoch die Antwort von Misses Greenwood selbst noch einmal hören.

      „Oh, mir fehlt ein Ring, Kindchen. Jemand hat ihn mitgenommen. Und außerdem spüre ich es. Letzte Nacht ist etwas Grauenvolles hier auf Red Side geschehen, daran habe ich keinen Zweifel. Und Isabell hat schreckliche Angst seitdem das passiert ist“, sie sah so traurig aus, so mitfühlend mit Isabell, dass Eleonora der Alten beinahe einen Arm auf die Schulter gelegt hätte.

      Die beiden näherten sich dem Sofa, und Eleonora konnte sie ganz genau betrachten: Fünf Puppen saßen da. Feinsäuberlich gekleidet, liebevoll frisiert.

      Alle aus Porzellan. Alle mit starren Augen, dicken Pausbäckchen und einem Mündchen, in den man ein leichtes Lächeln interpretieren konnte.

      Sie strahlten auf Misses Greenwood eine solche Zufriedenheit aus, eine solche Glückseligkeit und auf Eleonora etwas Düsteres. Jede einzelne Puppe, so wie sie da saß mit ihrem leeren Blick, hatte etwas Düsteres.

      „Sie erholen sich gerade. Die letzte Nacht war anstrengend für sie. Ein Fremder ist immerhin hier eingedrungen und hat ihre Vitrine zerstört, Gott erbarme sich!“, sie setzte ihre Isabell sanft in die Runde.

      „Heute Nacht werden sie dann wieder munter“, erklärte sie und zupfte an Isabells Kleidchen.

      „Sie werden munter? Was … was meinen Sie denn damit?“, stockte Eleonora. Ihr war das hier alles zu verfahren, zu verrückt und diese Puppen verwirrten sie.

      „Oh, sie laufen umher, tun all das, was Mädchen eben gerne tun“, erzählte Misses Greenwood selbstverständlich.

      „Sie laufen umher? Sie meinen, die Puppen laufen dann durch das Schloss?“ Eleonora wurde ganz schwindelig. Sie hätte niemals hier her gehen sollen.

      „Oh ja, natürlich. Ich höre sie nachts tanzen. Das tun sie am liebsten.“ Gelassen setzte sich Misses Greenwood in einen Sessel.

      Eleonora fehlten die Worte. Sie hatte ein unangenehmes Gefühl. Sie fühlte sich beobachtet, gemustert von den Puppen mit ihren eindringlichen Blicken und es machte ihr Angst, dass sie den Gedanken bekam, an Misses Greenwoods Geschichte könnte etwas Wahres dran sein.

      3

      Zwei Wochen waren nun seit dem Umzug in die neue Heimat London für das italienische Liebespaar vergangen.

      Lorenzo, Eleonoras mio caro verbrachte beinahe täglich den gesamten Tag von früh bis spät in seiner Arbeitsstelle im Bauunternehmen. Eleonora hatte es satt. Sie wollte nicht zu den Frauen gehören, dessen Liebesleben schon vor der Hochzeit in Arbeit erstickt wurde. Deshalb hatte sich Lorenzo einen Tag frei genommen, um seiner principessa in der Wohnung unter die Arme greifen zu können und um einen schönen Tag mit ihr zu verbringen. Eleonora hatte Ablenkung auch dringend nötig. Der Besuch bei Elisabeth Greenwood schlug ihr immer noch auf den Magen. Das düstere Schloss und der Gedanke, dass dort, hinter den dicken Mauern eine alte Lady mit ihren sieben Puppen wohnte, die angeblich nachts durch das Schloss schleichen. Dann der Einbruch. Ein gestohlener Saphir Ring. So viele offene Fragen in nur einem einzigen Schloss. Eleonora hatte es bisher noch nicht geschafft, all diese einzelnen Geschehnisse zusammen zu fügen und zu beginnen, ein Buch zu schreiben. „Heute machen wir uns einen schönen Tag, ma principessa“, lächelte Lorenzo und gab seiner Prinzessin einen Kuss. Gerade hatten die beiden ein paar Möbel aufgestellt, die sie im Internet bestellt hatten. Allmählich wurde die Wohnung fertig und Eleonora begann langsam, zufrieden zu werden und diese Wohnung als ihr neues Zuhause zu akzeptieren.

      Das Paar saß zusammen auf der Ledercouch und trank einen Espresso.

      Doch Eleonora hatte nur ein Gesprächsthema: Elisabeth Greenwood.

      „Ich möchte so gerne ein Buch über sie schreiben. Und über all die Geschehnisse dort. Aber ich weiß nicht, wo ich ansetzen soll. Bei der Puppe? Bei der Greenwood?“, jammerte sie. Es passte ihr ganz und gar nicht, dass Lorenzo eine Arbeit hatte, die ihn glücklich machte und ihn zufrieden stellte, und sie es momentan nicht einmal auf die Reihe brachte, ein paar Seiten zu verfassen, wo es ihr doch früher so leichtgefallen war, zahlreiche Artikel und ganze Berichte zu schreiben.

      „Beginn doch mit dem Einbruch. Dass eine unbekannte Person durch ihr Fenster steigt und sie beklaut“, meinte Lorenzo und zuckte mit den Schultern. Er konnte Eleonoras Unzufriedenheit nicht nachvollziehen.

      „Durch ihr Fenster…“, überlegte Eleonora laut.

      „Ja, so ist es doch passiert, oder nicht?“, Lorenzo nippte an seinem Espresso.

      „Mio Dio! Meine Güte!“, schoss es Eleonora durch den Kopf und verschüttete beinahe ihr Getränk, so hektisch sprang sie auf. „Lorenzo! Das ist es!“ Sie schlug die Hände über dem Kopf zusammen.

      Lorenzo hob fragend die Augenbraue. „Lorenzo! Ich bin zu Misses Greenwood aufs Schloss gegangen, richtig?“

      Lorenzo nickte.

      „Und ich konnte einfach durch die Eingangstüre spazieren, es war nichts verschlossen!“

      Ihr Verlobter sah sie fragend an. Er konnte ihrem Gedankengang offensichtlich nicht folgen.

      „Mia cara, überleg doch mal! Wer steigt denn durch ein Fenster, wenn alle Türen geöffnet sind?“

      „Du meinst, der Einbrecher ist einfach durch die Türe hineingekommen?“

      Eleonora nickte. „Deshalb hat die Polizei auch keine Spuren am Fenster finden können. Es muss also jemand gewesen sein, der sich auf Red Side bereits ausgekannt hat. Er wusste, dass die Türen nicht abgeschlossen sind.“

      Lorenzo grinste. „Dann hast du ja deinen Anfang für dein Buch?“, fragte er.

      „Oh ja“, Eleonora nickte zufrieden und konnte endlich ihren Espresso in Ruhe austrinken.

      Und an diesem Nachmittag ließ sich auch endlich die Sonne einmal blicken. Ihre Strahlen drückten sich zwischen den Wolken hindurch und die Hirsche im Gloomy Forest reckten ihre Gesichter zum Himmel, um die sanfte Wärme zu genießen. So trieb es auch die Menschen in London auf die Straße, und das junge italienische Liebespaar wollte den freien Tag draußen in der Natur verbringen.

      Sie marschierten Hand in Hand am Rande von London entlang und erkundeten die neue Wohnumgebung. Eleonora kannte