»Guude mein Lieber«, begrüßte Moritz seinen besten Freund, den etwas kurz und breit geratenen, kahlköpfigen Chris, der mit seinen außergewöhnlichen Fähigkeiten die verstecktesten Informationen ausgraben konnte. »Wie geht´s Dir? Hat sich die siebte Etage nach dem Vorfall wieder beruhigt?«
»Moritz, schön von Dir zu hören. Evas Artikel hat sehr viel Staub aufgewirbelt, Respekt. Zwei Kollegen sind immer noch dran und verfolgen die Auswirkungen bis ins kleinste Detail.« Durch das Handy war das Klappern der Tastatur zu hören. »Hau raus Alter, was kann ich für Dich tun?«
»Wir suchen zusätzliche Informationen über eine Katharina von Arche. Sie ist zirka dreißig Jahre alt, plus minus und die Tochter des Automo-Hessen Besitzers.«
»Mehr nicht?! Ist das alles? Moment«, bat er, »so, ich habe hier eine Katharina von Arche, ja sie ist dreißig, die Unternehmertochter der Automo-Hessen, Wohnsitz im Kreis Wiesbaden. Arbeitet bei … Moment mal, hier passt was nicht«, führte Chris eine Art Selbstgespräch. »Ich melde mich«, und legte auf.
Fragend sahen sich Eva und Moritz an.
»Ich wusste, da stimmt was nicht.« Die Sorge um Kathi spiegelte sich in ihren Augen.
»Ja. Du hast Recht«, nickte er, »so wie meistens.«
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Das diabolische Glühen seiner stahlgrauen Augen steigerte sich zu einem Lodern, befriedigt legte Stephan von Arche den Hörer auf die Gabel. Die letzten Anweisungen waren erteilt und Katharina, die Verräterin der Familiengeheimnisse, würde einen sehr hohen Preis für ihr aussichtsloses Unterfangen bezahlen. Ärgerlich verzog er den Mund, undenkbar, eine Frau an der Führungsspitze! Niemals! Nicht solange er das Sagen hatte und die Geschicke der eigenen Unternehmen lenkte.
Vor dreißig Jahren hatte er sich gegen seine Überzeugung überreden lassen, einen der Bälger aufzunehmen, um ihren Charakter zu formen. Sie entwickelte sich überraschenderweise ausgesprochen gut, erwies sich als sehr intelligent und besaß eine schnelle Auffassung. Sie wuchs zu einer begehrenswerten jungen Frau heran und würde die Verhandlungen mit dem Großindustriellen der Stahl-Branche erleichtern. Sie war sein perfektes Aushängeschild, wie bedeutungsvoll die Veränderung der DNA sein konnte. Sebastian hatte er zu seinem Ebenbild erschaffen lassen und setzte wirklich alles daran, ihn mit absoluter Härte zu dem eigenen, persönlichen Charakter zu formen. Mit Genugtuung stellte Stephan fest, dass sein Sohn ebenfalls die Vorliebe zum Sadismus verinnerlichte und ließ ihm freien Lauf. Empathielose Menschen sind die besseren Führungskräfte. Keine Gefühlsduseleien lenkten sie ab, Mitgefühl und Anteilnahme waren störende Züge, um die notwendige Entscheidungen zu treffen.
Schade, dass Katharina aus einem anderen Experiment stammte und kein männlicher Nachkomme war. Sie übertraf Sebastian an Intelligenz um ein Vielfaches. Immer wieder hatte er die Organisation bedrängt, endlich auch männliche Ausführungen in dieser Versuchsreihe zu erschaffen. Aus für ihn nicht nachvollziehbaren Gründen sei dies angeblich unprofitabel. Die jetzigen Erkenntnisse aus den Experimenten waren bedeutend aber noch nicht hundertprozentig zu ihrer Zufriedenheit. Die Produktion lief auf vollen Touren und bescherte ihnen satte Gewinne. Erst wenn der letzte Baustein zum perfekten, komplikationsfreien Produkt gefunden war, würde seinem Wunsch entsprochen werden.
All dies lag viele Jahre zurück, Sebastian war schon siebenundzwanzig Jahre alt und sich jetzt noch einmal mit einem Säugling zu befassen, ihn zu formen und ihm seine grausamen Vorlieben beizubringen, kam für ihn als Vater nicht mehr in Frage. Sein Sohn sollte sich damit auseinandersetzten, auf einen Enkel hatte er immer noch genügend Einfluss, um ihm den rechten Weg zu weisen.
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Durch den Lärm der Bohrmaschine und den hohen, durchdringenden Laut der Kreissäge war der markante Klingelton von Fritz mobilem Telefon kaum zu hören.
»Dein Handy«, schrie Berti laut, stellte den Strom der Maschine ab und deutete auf die Weste seines Präsidenten. Nickend dankte der drahtig schlanke Mann von mittlerer Größe. Er wischte rasch die mit Holzstaub bedeckten Hände an der Dachdeckerhose ab. Seine schwarze Lederweste mit dem Abzeichen des Lakota Motorradclubs hing über der benachbarten Stuhllehne und geschickt zog das Telefon aus der Innentasche.
»Guude«, begrüßte er den Anrufer herzlich mit seiner sonoren Stimme, »was has´de?« Ein harter Zug um die Mundwinkel zeigte sich auf dem mit tiefen Furchen durchzogenen Gesicht. Schmerzlich dachte er an die vergangenen Monate zurück. Sie hatten dem Lakota MC gravierende Lücken in ihre Reihen gerissen, viele der Brüder waren getötet und einige von ihnen mit schwersten Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert worden. Die Beerdigungen der, durch die mutwillige Explosion ihres ehemaligen Clubhauses in Eschborn, Getöteten, waren vergangen. Der Trauerflor wehte, als sichtbares Zeichen des Gedenkens an jedem einzelnen Motorrad. Der MC hatte seine eigenen Gesetzte, die Hierarchie war klar abgesteckt und deutlich auf jeder Weste der Rocker erkennbar.
»Danke Mann«, nickte er kurz, legte auf und sah in die Gesichter der anderen.
»Habt ihr was rausgefunne?!«, wartend standen Berti, Hugo und Mike vor ihm. Unerwartet flog polternd die Haustür auf und Kralle, der bärtige Vizepräsident, kam mit zwei Eimern Farbe herein.
»Draußen ist noch mehr im Auto, ihr steht hier und babbelt, los, auf, auf!« Seine unverkennbare, raue und tiefe Stimme, die einem Schauer über den Rücken jagte, drang durch die Eingangshalle. Ein kurzer Blick auf die Brüder genügte, »Was ist passiert?«
»Neuigkeiten«, bestätigte Fritz.
»Ihr habt was, ich seh´s Euch genau an«, Berti schwang sich behände auf die halbfertige Theke, zündete sich eine Zigarette an und blickte erwartungsvoll auf sie.
»Ja, das ist korrekt«, bestätigte Kralle und strich sich mit der Hand durch den Bart. »Wir sagen es heute Abend beim Meeting. Schon mal zur Beruhigung, den Bombenbastler haben wir gefunden.«
»Ha! Ich wussd es!«, rief Hugo. »Bestimmd bis de schon seid Taachen an em dran«, grinste er breit und schlug ihm mit seiner riesigen Hand anerkennend auf die Schulter.
Kralle nickte, baute bedächtig einen Joint, zündete ihn an und zog den Rauch tief in seine Lungen. Dann reichte er ihn weiter, langsam drehte er die Runde und der unverkennbare Geruch des erstklassigen Marihuanas breitete sich im Erdgeschoß aus.
»Wir konnten alte Verbindungen neu aufleben lassen und ham eine Übereinkunft getroffen. Alle Brüder entscheiden heute Abend, ob und wie es weitergeht«, bestätigte er.
»Okay, dann lasst uns weidermache, vielleichd läufd zum Meeting schon des ersde kühle Blonde aus em Zapphahn.« Mike schupste Berti von dem Tresen und warf Hugo den Schraubendreher zu.
»Wie sagte unser Vize vorhin? Los, auf, auf, babbelt ned, es gibt viel zu tun.«
Fritz stellte sich unauffällig zu Kralle und reichte ihm eine Flasche Wasser.
»Bist Du in eigner Sache weitergekomme?«, er sah besorgt, wie dieser den Kopf schüttelte.
»Nein, leider nicht.«
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Gekonnt hatte Chris eine Recherche gestartet und innerhalb kurzer Zeit lagen die ersten Ergebnisse vor.
Das Unternehmen, für welches Kathi arbeitete, beriet Firmen, die Führungskräfte entsprechend ihren Anforderungen suchten. Geeignete Kandidaten wurden gerne mit unwiderstehlichen Angeboten abgeworben. Dieses Vorgehen bescherte ihnen nicht nur Lob und Anerkennung, sondern ebenfalls unverhohlenen Tadel bis hin zu Drohungen.
Umgehend meldete er sich per Mail mit einigen interessanten Neuigkeiten.
- Hallo ihr beiden, es gibt eine Diskrepanz in Kathis frühster Vergangenheit, die ich beinahe überlesen hätte. Ihr Vorname und das Geburtsdatum wurden am 20. September eingetragen, der Familienname ›von Arche‹ allerdings erst zehn Tage später, am 30. Ich habe etwas weiter gegraben, anscheinend wurde sie kurz nach der