Aussagekräftiger als die Schlussfolgerungen einer einzelnen Studie sind Metaanalysen, die die Ergebnisse aus vielen Studien bei unterschiedlichen Umwelt- und Ernährungsbedingungen zusammenfassen und auswerten. Allerdings hängt die Aussagekraft einer Metaanalyse von der Qualität der Studien ab, die ausgewertet werden. Eine Metaanalyse von 30 selektierten Beobachtungsstudien kann in ihrer Aussagekraft problematischer sein als die jene einer einzigen kontrollierten Studie.
Einteilung und Klassifizierung klinischer Studien
• Bei Beobachtungsstudien werden Personen in ihrer normalen Lebensführung beobachtet. Die Angaben werden anschließend hinsichtlich bestimmter Fragestellungen analysiert. Die Studien zeichnen sich dadurch aus, dass die untersuchten Bedingungen nicht kontrolliert (bewusst gesteuert) werden. Sie können pro- oder retrospektiv sein, also aktuelle oder ehemalige Verhaltensweisen betreffen. Beobachtungsstudien haben im Vergleich zu kontrollierten klinischen Studien eine geringere Aussagekraft. Sie beschreiben häufig Assoziationen; kausale Zusammenhänge sind nur eingeschränkt feststellbar).
• Bei Fall-Kontroll-Studien werden erkrankte Patienten mit nicht erkrankten Personen verglichen, die ihnen möglichst ähnlich sind. In der Regel handelt es sich um retrospektive Studien: Beide Personengruppen werden befragt bzw. ihre Krankenakten analysiert. Um z. B. Risikofaktoren für Lungenkrebs zu erkennen, werden Patienten mit bzw. ohne Lungenkarzinom nach ihren Rauch- und Ernährungsgewohnheiten sowie ihrem Beruf befragt. Die Studien haben im Vergleich zur kontrollierten klinischen Studie eine geringere Aussagekraft.
• Kohortenstudie: Bei einer Kohortenstudie werden zwei (oder mehrere) Gruppen beobachtet, die verschiedenen Einflüssen ausgesetzt sind. Beispielsweise treibt die eine Gruppe viel Sport, die andere weniger. Untersucht wird, wie sich der Gesundheitszustand in beiden Gruppen über die Jahre entwickelt, ob und woran die Teilnehmer erkranken – und wie viele von ihnen sterben. An Kohortenstudien nehmen oft Menschen teil, die bei Studienbeginn gesund sind. Man beobachtet z. B. Raucher und Nichtraucher – und sieht nach einigen Jahren, wie viele von ihnen an Krebs erkrankt sind. Eine Kohortenstudie ermöglicht die direkte Bestimmung der Neuerkrankungsrate (Inzidenz) und stellt somit eine Möglichkeit dar, Hinweise für das mögliche Risiko einer Exposition gegenüber Krankheiten zu bestimmen. Um Ergebnisse zu erzielen, sind viele Studienteilnehmer notwendig, was das Studiendesign teuer und aufwendig macht. Nachteilig ist auch, dass die Ergebnisse erst nach längerer Zeit verfügbar sind.
• Bei retrospektiven Studien werden Untersuchungsbefunde, Röntgenbilder und Datenmaterialien analysiert, die bei Beginn der Studie bereits vorliegen. Bei prospektiven Studien werden die Daten hingegen nach Beginn der Studie eigens für diese neu erhoben. Wie alle Beobachtungsstudien können auch retrospektive Studien mögliche Kausalzusammenhänge nahelegen, jedoch nicht nachweisen. Mögliche zusätzliche, störende Faktoren (Confounder) sind im ausgewerteten Datenmaterial oft nur unzureichend aufgezeichnet oder fehlen ganz.
• Randomisierte Studien: Bei einer randomisierten, kontrollierten Studie werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer per Zufall unterschiedlichen Gruppen zugeordnet. Die eine Gruppe erhält das neue Medikament A, die andere das bewährte Medikament B oder ein Scheinmedikament (Placebo). Medikament und Placebo sollten äußerlich und im Geschmack nicht unterscheidbar sein. Idealerweise erfolgt die Zuordnung „doppelt verblindet“: Dann wissen weder die Teilnehmenden noch die behandelnden Mediziner, wer zu welcher Gruppe gehört. Verlässliche Aussagen über Ursache und Wirkung sind nur aufgrund der Ergebnisse randomisierter, kontrollierter Studien möglich.
• Meta-Studien kombinieren eine Vielzahl von Einzelstudien zu einer Gesamtschau. Die Resultate bereits gemachter Studien werden verglichen und als Kollektiv ausgewertet. Bei Meta-Studien fallen Fehler, die in einzelnen Studien auftreten, weniger stark ins Gewicht. Die Datenlage wird auf eine breitere Basis gestellt.
• Interventionsstudien sind prospektive Studien. Der Aufbau der Studie wird vorher festgelegt. Es wird geklärt, welche Menschen für die Studie in Frage kommen (Ein- und Ausschlusskriterien). Wissen die Studienteilnehmer, welche Behandlung sie bekommen, so handelt es sich um eine unverblindete Studie. Andernfalls spricht man von einer verblindeten Studie. Werden die Teilnehmer per Zufall unterschiedlichen Gruppen zugeordnet, so handelt es sich um eine randomisierte Studie.
• Querschnittstudie: Die klassische Form der Querschnittstudie ist die Umfrage: Eine repräsentative Auswahl von Menschen – meist eine Zufallsstichprobe – wird für die Erhebung bestimmter Meinungen oder Fakten interviewt bzw. untersucht. Da die Daten nur einmal erhoben werden, sind Querschnittstudien meist schnell und vergleichsweise günstig machbar. Sie können Erkenntnisse z. B. über die Häufigkeit einer Erkrankung liefern. Querschnittstudien erlauben keine festen Aussagen über die Ursache oder die beste Behandlung einer Erkrankung.
Tücken (Pitfalls) bei Studien zum Einfluss von Übergewicht auf Krebs
• Bei vielen Ernährungsstudien wird nicht berücksichtigt, dass Lebensmittel komplexe Systeme sind, deren Inhaltsstoffe und Wirkungen untereinander bzw. mit anderen Einflüssen in Wechselwirkung treten. Kochen und backen ändern z. B. ihre Eigenschaften.
• Häufig konzentriert sich die Fragestellung ausschließlich auf die Ernährung, obwohl sich deren Einfluss nicht separat von anderen Einwirkungen beurteilen lässt.
• In vielen Arbeiten wird nicht berücksichtigt, dass der Body-Mass-Index (BMI) und der Bauchumfang keine eigene Krankheitsidentität darstellen. Der BMI ist ein reiner Surrogat-Parameter, der weder die Anfälligkeit für Krebs noch die Sterblichkeit abbilden kann.
• Die Sensitivität (Empfindlichkeit) einer Untersuchungsmethode sagt nicht zwangsläufig etwas über ihre Wertigkeit bzgl. der Zielkriterien der Studie aus.
• Übergewicht wird häufig nicht näher definiert. Handelt es sich um starkes, mittleres oder leichtes Übergewicht? Die Messparameter sollten angegeben sein (z. B. BMI, Waist to height Ratio, Taille-Hüft-Quotient).
• Ein erhöhter BMI-Wert sagt weder etwas über die Ursache des Übergewichts aus, noch lässt er Schlussfolgerungen für die einzuschlagende Therapiestrategie zu.
• Häufig wird der Zeitpunkt der Gewichtsmessung nicht angegeben, gleichwohl das Körpergewicht bei der Krebsdiagnose kaum etwas über den möglichen Einfluss auf die Krebsentstehung aussagt.
• Gelegentlich erfolgt keine Differenzierung der Krebserkrankung, obwohl die Auswirkungen von Übergewicht von Organ zu Organ unterschiedlich sein können.
• Wie lange das Übergewicht bestand, wird manchmal nicht präzisiert, obwohl dies durchaus einen Einfluss haben kann.
• Gelegentlich ist nicht klar erkennbar, wo und unter welchen Begleitumständen die Angaben erhoben worden sind. Ethnische und soziale Einflüsse werden z. B. selten gewürdigt. Dabei reagieren sozial Benachteiligte anders und leiden häufig unter zusätzlichen Erkrankungen.
• Mitunter wird bei der angeblichen Häufigkeitszunahme von Krebserkrankungen nicht die höhere Intensität an Diagnostik, speziell an Vorsorge-Früherkennungs-Maßnahmen, berücksichtigt.
• Oft erfolgten die Analysen nicht altersangepasst, gleichwohl der Organismus auf Schadstoffe je nach Alter unterschiedlich reagiert.
• Genderunterschiede werden gelegentlich nicht berücksichtigt, obwohl sich Ernährungsverhalten und Übergewicht hier unterschiedlich auswirken. Manchmal werden Erfahrungen aus Tierversuchen – oder gar Zellkulturen – auf den Menschen übertragen, was nicht statthaft ist.
• Gelegentlich fehlen Angaben zu den Zielkriterien. Geht es um das Gesamtüberleben