Der Kaiser. Geoffrey Parker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Geoffrey Parker
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Историческая литература
Год издания: 0
isbn: 9783806240108
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in Amt und Würden kommen sollten – und das betraf kirchliche und weltliche Posten gleichermaßen. Da die Missachtung dieser Vorschrift ein feindliches Echo hervorrief, ließ Karl Croÿ noch vor dessen Ernennung zum Erzbischof von Toledo sicherheitshalber rasch naturalisieren; dennoch blieb die Entscheidung für Croÿ kontrovers. Als die Nachricht eintraf, Alfonso de Aragón – illegitimer Sohn König Ferdinands, Erzbischof von Saragossa und seit dem Tod seines Vaters Regent von Aragón – befinde sich auf dem Weg nach Tordesillas, um das Bistum Toledo für sich zu erbitten, sandte der König ihm, wie Eleonores Sekretär Sancho Cota berichtet, »eine Botschaft, dass er nicht kommen solle, weil er schon einen anderen zum Erzbischof bestimmt habe«. Dieses wenig sensible Vorgehen verärgerte Alfonso natürlich: Karl sollte ihn später vergebens um seine Unterstützung bitten, als er die Aragonier für sich gewinnen wollte. In Valladolid, teilte Pedro Mártir de Anglería mit, »meinen alle, dass der König sich [gegenüber seinem Onkel Alfonso] unhöflich und grob verhalten habe«. Mártir sprach zudem klar aus, dass die Ernennung Croÿs »die Gesetze und Bräuche dieses Königreiches noch unverhohlener verletzt, sodass es eines Tages zu einer großen Erregung kommen könnte«. Düster weissagte er weiter: »Allein die Zeit wird zeigen, welche Früchte aus dieser Saat erwachsen werden.«22

      Während die Saat noch keimte und spross, kümmerte Karl sich um Familienangelegenheiten. In Tordesillas verbrachten Eleonore und er Zeit mit ihrer Schwester Catalina, die inzwischen zehn Jahre alt war, und veranlassten außerdem eine späte Begräbnisfeier für ihren Vater, dessen Leichnam Johanna in Tordesillas aufbewahrte. Das Grabmal selbst war zwar eher schlicht, da Karl vorhatte, Philipp später nach Granada umbetten zu lassen, wo er an der Seite der Katholischen Könige ruhen sollte. Aber allein der Umstand, dass er den Bestattungsritus für den verstorbenen König halten ließ, bevor er selbst vor die Cortes trat, unterstrich Karls Anspruch und Legitimität als neuer Souverän. Anschließend verließen Karl und Eleonore Tordesillas, um ein weiteres ihrer Geschwister zu treffen: ihren inzwischen vierzehnjährigen Bruder Ferdinand. Der König umarmte ihn, schlug ihn zum Ritter vom Goldenen Vlies und »erklärte [ihm] einige löbliche, würdige und ritterliche Dinge über den Orden«. Dann zogen die drei Enkelkinder von Königin Isabella in Begleitung eines Gefolges von 6000 Personen mit großem Zeremoniell nach Valladolid hinein. Vital zufolge sagten selbst »die älteren Bürger und Kaufleute« der Stadt, dass niemand in Kastilien »je den Einzug eines solch noblen und sieghaften Königs gesehen hatte, wie dieser einer war«.23

      Die Cortes von Kastilien bewilligten beinahe sofort Hilfsgelder in Höhe von 600 000 Dukaten – und damit deutlich mehr als bei jeder früheren Gelegenheit – und erkannten Karl als König an (gemeinsam mit seiner Mutter). Zugleich legten sie ihm freilich auch fast hundert Beschwerden über Missstände vor, mit der Bitte um baldige Abhilfe. Einige waren altbekannt und wenig kontrovers (»dass Euer Hoheit die Würfelspiele verbiete«; »dass Ihr die Prägung von Kupfermünzen und anderem Kleingeld anordnet, denn das Königreich hat Mangel daran«). Andere waren zwar kritischer, stellten aber dennoch keine Bedrohung dar (»man ersucht Euer Hoheit untertänigst, uns doch die Ehre zu erweisen und Kastilisch zu sprechen« sowie »mindestens zweimal in jeder Woche eine öffentliche Audienz zu gewähren«). Nur aus ein paar wenigen sprach Beunruhigung über die jüngsten Entwicklungen: »Wir ersuchen Euer Hoheit … gnädigst zu gewähren, dass der Infant Ferdinand diese Königreiche nicht verlassen möge, bevor Ihr nicht verheiratet seid und eigene Erben habt«; dass keinerlei Posten in Kastilien, egal ob weltlich oder kirchlich, »mit Fremden besetzt werden solle«; »dass Fremden keine Naturalisierungsbriefe gewährt werden dürften und dass alle bereits verliehenen Briefe widerrufen werden müssten«; und schließlich, dass »der Erzbischof von Toledo kommen und in diesen Königreichen seinen Wohnsitz nehmen solle«.24

      Einige dieser Punkte nahm Karl gleich in Angriff, darunter seine Unkenntnis der spanischen Sprache. Schon im Frühjahr 1518 war der König einem burgundischen Minister zufolge in der Lage, »sich mit seinen Edelleuten auf Kastilisch zu unterhalten, und hat sowohl die Sprache als auch die Bräuche jenes Landes nun vollkommen gemeistert«. Mártir pflichtete dem in einem Brief an die Markgrafen von Los Vélez und Mondéjar bei: »Der König hat ganz plötzlich begonnen, Spanisch zu sprechen, und drückt sich nun aus, als ob er unter Euch geboren und aufgewachsen wäre. Es scheint, dass seine Lehrzeit ungewöhnlich kurz gewesen ist.« Karl ging nun auch dazu über, bei Audienzen für sich selbst zu sprechen, wenn auch oft in kurzen und formelhaften Sätzen, anstatt wie zuvor andere in seinem Namen sprechen zu lassen.25

      An Ferdinands fünfzehntem Geburtstag richtete Karl seinem Bruder einen eigenen Hofstaat ein, bevor die drei Geschwister – Karl, Ferdinand und Eleonore – in Richtung Saragossa aufbrachen, wo sie mit den Cortes des Königreichs Aragón zusammentreffen wollten. Unterwegs jedoch und augenscheinlich ohne jede Vorwarnung setzte sich Karl über den ausdrücklichen Wunsch der kastilischen Cortes hinweg und befahl seinem Bruder, sein Geburtsland Spanien zu verlassen und auf dem Seeweg in die Niederlande zu reisen, wo er bei ihrer Tante Margarete bleiben solle. Damit erfüllte Karl das Versprechen, das er seinen niederländischen Untertanen vor seiner Abreise gegeben hatte (siehe Kap. 3); aber die abrupte Umsetzung ließ doch auch so etwas wie Furcht erkennen. Karls Chronist Alonso de Santa Cruz berichtet:

      »In einer Unterredung mit Mitgliedern der Cortes in Valladolid erfuhren Chièvres und der Großkanzler [Le Sauvage] … dass König Karl von vielen gehasst, sein Bruder Ferdinand hingegen von allen geliebt werde … Sie empfahlen deshalb, Ferdinand aus dem Königreich wegzuschicken, damit, falls eines Tages irgendwelche spanischen Vasallen sich erheben sollten, sie nicht Ferdinand als ihren Anführer wählen können. Seine Hoheit hielt das für einen guten Vorschlag.«

      Sancho Cota, der noch immer im königlichen Gefolge reiste, teilte mit, dass die plötzliche Abreise des Infanten »einen jeden Spanier zutiefst berührte, Edelleute ebenso wie den gemeinen Mann, weil sie alle Ferdinand sehr lieb hatten«. Der französische Botschafter gab immerhin zu Protokoll, dass »die Leute hier nicht sehr glücklich darüber sind«.26

      Selbst Laurent Vital, normalerweise ein Ausbund von Kriecherei und Unterwürfigkeit, bemerkte eine wachsende Feindseligkeit gegenüber seinem Herrn. Während des Aufenthalts in Valladolid weigerten sich mehrere Geistliche, dem königlichen Gefolge Unterkunft zu gewähren, und exkommunizierten Karls Amtsträger, die mit der Quartiersuche beauftragt waren. An den Kirchenportalen in Valladolid tauchten Plakate auf, die einem wachsenden Unmut darüber Ausdruck verliehen, dass im Königreich nun Fremde herrschten. Und unmittelbar, nachdem der König die Stadt verlassen hatte, hielt ein Ordensbruder eine Reihe von Predigten, in denen er mit teils »ungeheuerlichen Worten« gegen die Niederländer wetterte, die den neuen König »eingesperrt« und die Gesetze des Königreichs Kastilien missachtet hätten, indem sie Fremde in Amt und Würden setzten. Karl ließ den aufsässigen Mönch gefangen nehmen und »seine Bestrafung als ein Exempel statuieren, damit andere in Zukunft nichts als die Wahrheit predigen«. Die Abneigung beruhte übrigens auf Gegenseitigkeit: Mártir zufolge begegneten Karls aus den Niederlanden mit ihm nach Spanien gekommene Ratgeber, von denen ja viele ein Jahrzehnt zuvor unter unwürdigen Umständen selbst aus dem Land geflohen waren, »den Spaniern mit einer Verachtung, als wenn jene Kloaken und Jauchegruben entstiegen wären«.27

      Übertrieben diese Beobachter vielleicht? Wenn man Lord Berners glauben darf, einem englischen Gesandten an Karls Hof, dann befanden sich im September 1518 »alle Angelegenheiten in Spanien auf einem guten Weg«, abgesehen von »ein wenig Eifersucht und Misstrauen zwischen den Spaniern und den Burgundern«; der Engländer rechnete fest damit, dass die Anmut und Geschicklichkeit des Königs bei den »täglichen Festzügen und Turnierspielen, allerlei Wettkämpfen und dem Rohrstockspiel (juga de kanes)« schon dafür sorgen würden, dass ihm die Herzen aller Zuschauer zuflögen.28 Gleichwohl, fuhr Berners ein wenig unwirsch fort, seien die Aragonier »das stolzeste, störrischste Volk der Welt«, und obwohl »sie ihm als ihrem König gehuldigt haben, ihm als seine Untertanen gehuldigt haben, geben sie ihm nun weder Gehorsam noch Geld«. Zwei Monate später bezeichnete ein anderer frustrierter Diplomat die aragonische Ständeversammlung hellseherisch als »unendlich und, wie ich glaube, ohne Ende [d. h. Zweck] (wiewohl der König zwei oder dreimal die Woche in eigener Person daran teilnimmt)«.29

      Die