Installationsmeister Röhrl hat zunächst dadurch zur volkswirtschaftlichen Sachvermögensbildung beigetragen, dass er mit der Erweiterung seines Firmengebäudes eine Bruttoinvestition und unter Abzug der bereits angefallenen Abschreibung auf dieses Gebäude auch eine Nettoinvestition getätigt hat. Sie wurde mit Eigenmitteln durch das Sparen (Reinvermögensbildung) seines Unternehmens finanziert, das seinem verfügbaren Selbständigeneinkommen als versteuertem, nicht ausgeschüttetem Gewinn entspricht. Sollten die Eigenmittel bzw. das Sparen zur Finanzierung nicht ausgereicht haben, so muss es zu einem Finanzierungsdefizit, also zu einer negativen Geldvermögensbildung, gekommen sein, d. h., es muss z. B. eine Kreditfinanzierung vorgelegen haben.
Ein weiterer Beitrag zur volkswirtschaftlichen Vermögensbildung könnte über den privaten Haushalt von Installationsmeister Röhrl außerhalb seines Unternehmensbereichs dadurch erfolgt sein, dass sein weiteres verfügbares Selbständigeneinkommen als versteuerter, ausgeschütteter Gewinn von ihm nicht voll zum Konsumgüterkauf (z. B. Anschaffung einer neuen Wohnzimmereinrichtung) verwendet, sondern zum Teil gespart wurde (z. B. als Bankguthaben oder durch Aktienerwerb). Dieses Sparen würde dann (z. B. unter Vermittlung des Bankensektors) zur Finanzierung von Nettoinvestitionen in anderen volkswirtschaftlichen Produktionsbereichen (z. B. auch im staatlichen Sektor durch den Erwerb von Staatsanleihen) dienen.
Situationsbezogene Frage 6
Wie stellen sich die Geldbewegungen bzw. die eingesetzten Finanzierungsmittel bei der Betriebstätigkeit von Installationsmeister Röhrl und bei seinen Kunden aus volkswirtschaftlicher Sicht dar?
1.2.6 Das gesamtwirtschaftliche Kreditänderungskonto
Bei der Buchung der wirtschaftlichen Aktivitäten von Tauschpartnern darf nicht übersehen werden, dass es sich um unterschiedliche Personengruppen in Gestalt der Verkäufer und Käufer handelt, bei denen nicht gleichzeitig der Verkauf und Kauf gebucht wird. Zwischen Leistung und Gegenleistung vergeht meist Zeit. Sie wird durch das Auftreten von Forderungen und Verbindlichkeiten überbrückt. Am Beispiel des privaten Konsums wird dies deutlich:
Tauschaktivitäten führen zu Forderungen und Verbindlichkeiten
Der Verkauf der privaten Konsumgüter auf der rechten Seite des Produktionskontos führt bei den Verkäufern zunächst zu einer Forderungszunahme bzw. Verbindlichkeitsabnahme, die eigentlich auf der linken Seite eines eigenständigen Kontos, des Kreditänderungskontos, gegengebucht werden müsste. Die Forderungszunahme wird z. B. durch eine Rechnung dokumentiert und besteht darin, dass die Käufer die Gegenleistung zunächst schuldig bleiben. Sie tritt aber auch bei einer Geldzahlung als Gegenleistung bzw. der Rechnungsbegleichung auf, denn Geld (Bargeld oder Buchgeld) stellt immer eine Forderung dar, wie wir noch zeigen werden (vgl. Abschnitt 6.1.4). Im Gegenzug erscheint der Kauf der Konsumgüter als Einkommensverfügung auf der linken Seite des Einkommenskontos und führt zu einer Verbindlichkeitszunahme bzw. bei Geldzahlung zu einer Forderungsabnahme bei den Käufern. Sie ist auf der rechten Seite des Kreditänderungskontos gegenzubuchen. Das Kreditänderungskonto legt also die Verteilung der Gläubiger- und Schuldnerpositionen offen. Nur wer diese Information wünscht, benötigt das Konto. Ansonsten ist es überflüssig. Da in einer geschlossenen Volkswirtschaft ohne wirtschaftliche Außenbeziehungen die Gläubiger- und Schuldnerpositionen in der Summe einander entsprechen müssen, kann in diesem Fall auch kein Saldo entstehen. Er kann nur in einer offenen Volkswirtschaft auftreten und ist dann identisch mit dem Saldo des Vermögensänderungskontos.
Situationsbezogene Antwort 6
Da Geld in jeder Form (z. B. als Bargeld oder Bankguthaben auf dem Girokonto) eine Forderung für den Geldbesitzer und entsprechend eine Verbindlichkeit für den „Produzenten“ des Geldes darstellt, gilt dies auch für die Geldbewegungen bzw. die eingesetzten Finanzierungsmittel bei der Betriebstätigkeit von Installationsmeister Röhrl und bei seinen Kunden. So führt z. B. die Installation einer Pelletheizung mit anschließender Rechnungsstellung durch Installationsmeister Röhrl bei ihm in seiner Betriebsbuchführung zu einer Forderungszunahme und entsprechend beim Kunden zu einer Verbindlichkeitszunahme. Bezahlt der Kunde eines Tages die Rechnung bar oder durch Banküberweisung, so nimmt zwar die Rechnungsforderung bei Installationsmeister Röhrl bzw. die Rechnungsschuld bei seinem Kunden ab, im Gegenzug bekommt er aber von seinem Kunden eine andere Forderung, nämlich eine Forderung gegen die Europäische Zentralbank (EZB) bei Barzahlung oder eine Forderung gegen eine Bank bei Banküberweisung. Er kann dann diese neue Forderung selbst z. B. beim Güterkauf als Gegenleistung einsetzen.
Da grundsätzlich jeder Forderung irgendwo eine Verbindlichkeit bzw. einem Gläubiger ein Schuldner gegenüberstehen muss, ist klar, dass bei einer Zusammenfassung von Installationsmeister Röhrl und seinen Kunden zu einer gemeinsamen Gruppe ohne weitere Außenbeziehungen, die Forderungen und Verbindlichkeiten dieser Gruppe sich zu Null saldieren müssen. Das gilt auch für eine geschlossene Volkswirtschaft. Nur in einer offenen Volkswirtschaft, d. h., im Außenverhältnis gegenüber Dritten kann überhaupt in der Summe ein Saldo als Gläubiger- oder Schuldnerposition auftreten.
Die Installation einer Pelletheizung durch Installationsmeister Röhrl bei einem Kunden in Österreich als Export führt zwar zu einer Forderungszunahme der deutschen Volkswirtschaft gegenüber der österreichischen Volkswirtschaft. Da Österreich aber ebenso wie Deutschland der Europäischen Währungsunion (EWU) angehört, würde eine Rechnungsstellung und Rechnungsbegleichung in Euro (EUR) zu Forderungen und Verbindlichkeiten führen, die innerhalb der geschlossenen Volkswirtschaft der EWU einander entsprechen müssen. Es kann dann auch keinen Export innerhalb dieses geschlossenen Systems geben, so wie es z. B. keinen Export von Bayern nach Sachsen gibt. Das würde sich erst dann ändern, wenn Installationsmeister Röhrl seine Pelletheizungen eines Tages in den USA oder in Schweden installiert, also in Ländern außerhalb der EWU. Es kommt also darauf an, wie eine Volkswirtschaft abgegrenzt und was z. B. unter Inländer und Inland bzw. Ausländer und Ausland verstanden wird. Im 8. Kapitel werden wir uns mit diesen Fragen näher beschäftigen.
Situationsbezogene Frage 7
Hat Installationsmeister Röhrl mit der Verbesserung seiner Gewinnsituation auch seine Güterversorgung verbessert?
1.2.7 Nominal- und Realgrößen
Nur Realgrößen zeigen die tatsächliche Güterversorgung
Bei den volkswirtschaftlichen Leistungsgrößen und ihren Komponenten handelt es sich zunächst im Kern um Mengengrößen (Realgrößen). Da Mengen mit ihren unterschiedlichen physikalischen Maßeinheiten (z. B. Kilogramm, Liter, Stück, m2 etc.) nicht einfach addiert werden können, müssen sie auf einen einheitlichen Nenner gebracht werden. Als gemeinsamer Nenner dient der Preis, also die Anzahl der Geldeinheiten (z. B. 4 EUR) pro Mengeneinheit, mit dem die Anzahl der unterschiedlichen Mengeneinheiten multipliziert wird. Die Mengen werden dadurch in einheitliche (z. B. in EUR bewertete) Geldgrößen (Nominalgrößen) umgewandelt und lassen sich dann addieren. Als Preis wird bei der Ermittlung des Inlands- bzw. Sozialprodukts der Marktpreis genommen, der sich aus dem Herstellungspreis und der Differenz aus indirekten Steuern und Subventionen (Tind − Z) zusammensetzt. Sofern keine Marktpreise vorliegen, weil die betreffenden Güter