Über den singenden und vor Schreck noch höher aufjaulenden Herrn A. ergoss sich plötzlich der Inhalt eines Kübels.
Nein, es war keine Jauche, nicht einmal Wasser. Herr A. bemerkte, nachdem sich der erste Schreck gelegt hatte, dass er mit Champagner übergossen worden war. Er hatte die erste Champagnerdusche seines Lebens erhalten.
Während er noch dastand wie ein begossener Pudel, war Frau B. schon nach unten geeilt, umarmte ihn, zog ihn hinein, brachte ihn ins Bad und begann, ihn trockenzulegen.
Herr A. genoss es. Sie befeuchteten sich nochmals mit Champagner, diesmal nicht nur von außen, sondern auch von innen, und alberten fröhlich herum. Es wurde eine schöne Nacht.
Schwiegermütter in spe
Es war an der Zeit. Herr A. wollte seinen Eltern Frau B. als seine Partnerin vorstellen. Er fand sich mit ihr zum Kaffeetrinken in seinem Elternhaus ein.
Anfangs schien alles harmonisch zu verlaufen, aber dann traten gewisse Spannungen zwischen Herrn A.s Mutter und Frau B. immer deutlicher zutage. Die Mutter schien die Partnerin ihres Sohnes nicht zu mögen. Herrn A.s Vater hatte bei der ganzen Sache nicht viel zu melden. Er lächelte wohlwollend bis dümmlich und hielt sich heraus.
Herrn A.s Mutter jedoch wurde immer deutlicher. Nicht nur die plötzliche Abkühlung ihrer Mimik, wenn sie sich von einem der beiden anderen Gesprächsteilnehmer Frau B. zuwandte, fiel auf, sondern auch, dass sie dies nur sehr selten und offensichtlich höchst ungern tat, wobei sie Blickkontakt möglichst vermied. Hinzu kam, dass sie Frau B. kaum ausreden ließ, ihr gerade dann, wenn es um persönliche Dinge ging, plötzlich ins Wort fiel. Das Wenige, was sie überhaupt zu Frau B. sagte, zeugte von deutlicher Geringschätzung.
Herr A. saß verlegen daneben und wusste nicht, was er tun sollte.
Später versuchte er, Frau B. eine Erklärung zu geben:
„Du musst das verstehen. Ich bin ihr einziges Kind. Sie will mich nicht mit dir teilen.“
Frau B. wandte ein, dass sein Vater ja sehr wohl mit der Situation zurechtkäme, worauf Herr A. erklärte, dass die Mutterliebe nun einmal etwas ganz Besonderes sei.
Seine Partnerin versuchte zu verstehen. Es wollte ihr nicht so recht gelingen.
Das Rückspiel ließ nicht lange auf sich warten.
Als Herr A. zum Vorstellungsgespräch bei Frau B.s Eltern antrat, wiederholte sich das Ganze mit vertauschten Rollen. Frau B.s Mutter mochte Herrn A. nicht und ging sogar so weit, den Partner ihrer Tochter offen verbal anzugreifen. Sie warf in den Raum, dass es ihr nicht gefalle, dass ihre Tochter mit so einem armen Würstchen zusammen sei.
Herr A. dachte bei sich:
„Moment mal! Wenn ich auch physisch nicht viel hermache und nicht reich bin, so geht es doch wohl hauptsächlich darum, dass wir uns lieben. Und überhaupt: Mag sein, dass ich ein armes Würstchen bin. Ich selbst fühle mich zuweilen so – gerade jetzt wieder. Das gibt jedoch niemand anderem das Recht, mich so zu bezeichnen.“
Laut sagte er:
„Wenn ich eine Wurst wäre, dann eine Habanero-Currywurst und Sie sollten aufpassen, dass Sie sich nicht den Mund verbrennen.“
„Keine Angst, ich werde Sie schon nicht fressen. An Ihnen ist ja nichts dran.“
„An Ihnen dafür umso mehr.“
Frau B.s Mutter, die tatsächlich ein paar Pfunde zu viel auf den Rippen hatte, lief rot an. Sie stieß etwas hervor von rotzfrechen Lümmeln, die noch nicht trocken hinter den Ohren seien und sich einbildeten, bei den Erwachsenen mitmischen zu können, worauf Herr A. replizierte, dass eine feuchte Haut hinter den Ohren immer noch besser wäre als eine runzlige im Gesicht.
So ging es hin und her, bis Frau B. vorschützte, Herr A. hätte noch einen Termin, und zum Aufbruch drängte. Wer weiß, wie das Treffen sonst noch geendet hätte.
Auch dieser Besuch konnte nicht als Erfolg verbucht werden.
Herr A. und Frau B. hielten Kriegsrat. Herr A. schlug vor, Feuer mit Feuer zu bekämpfen, die beiden Mütter aufeinander loszulassen. Frau B. äußerte Bedenken: Ohne einen Raubtierdompteur dürfe man das nicht riskieren. Es könne schlimm ausgehen.
Schließlich einigten sie sich darauf, ein größeres Treffen der beiden Familien zu organisieren, bei dem die beiden Glucken selbst entscheiden konnten, ob sie miteinander sprechen wollten oder nicht.
Sie wollten – und wie!
Bei der sorgfältig arrangierten Begegnung der beiden Mütter auf der Feier kam es nämlich zu einer handfesten Überraschung. Die beiden kannten sich von früher! Sie waren einst Jugendfreundinnen gewesen, hatten sich aber nach ihrer Schulzeit aus den Augen verloren und irgendwann geheiratet. Da beide die Namen ihrer Männer angenommen hatten, konnten sie die Kinder einander zunächst nicht zuordnen.
Umso größer war ihre Freude jetzt. Man gratulierte sich und fragte ganz unverblümt, wann denn die Hochzeit sein solle.
Ehealltag
Es gab eine Hochzeit in kleinstem Rahmen. Das entsprach dem Wunsch der Brautleute. Auch wenn die Schwiegermütter gern eine Riesenveranstaltung daraus gemacht hätten, konnte das Brautpaar sich mit seiner Vorstellung durchsetzen. Die beiden wollten keinen Trubel. Sie wollten es ruhig angehen und waren trotz all der lieben Worte am Schluss froh, es hinter sich zu haben.
Ab ging es in die Flitterwochen nach Venedig und von dort aus auf eine Mittelmeerkreuzfahrt. Sie genossen es.
Kaum waren sie wieder zu Hause, zog der Ehealltag in ihr Leben ein und es zeichnete sich ab, wie es in Zukunft laufen würde. Das Grundprinzip war einfach: Die Frau äußerte ihre Wünsche, der Mann erfüllte sie.
Wenn sie ihre Wünsche denn nur klar geäußert hätte! Aber nein, sie erwartete, dass ihr frischgebackener Ehemann ihr alles von den Augen ablas.
Geschah das nicht, schmollte sie. Sprach er sie darauf an, meinte sie nur: „Alles in Ordnung.“ Das allerdings in einem Tonfall, der alles andere als „in Ordnung“ signalisierte.
So war es auch diesmal.
Herr A. hatte bereits gelernt, darauf zu reagieren. Zunächst einmal musste er in sich gehen, um herauszufinden, was er falsch gemacht hatte. Irgendetwas hatte er falsch gemacht, so viel war klar.
Schließlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen: Er hatte das von seiner Frau im Schweiße ihres Angesichts zubereitete Essen wortlos hinuntergeschlungen, ohne es gebührend zu würdigen und zu loben. Und das, obwohl sie wie immer wirklich ausgezeichnet gekocht hatte. Nicht einmal bedankt hatte er sich. Pure Gedankenlosigkeit – so ging es wirklich nicht!
Dabei hätte er sich denken können, dass sie darauf wartete. Hatte er etwa vergessen, dass sie ihn kürzlich nach dem Essen gefragt hatte, wie es ihm geschmeckt hätte. Seine Antwort war die eines unerfahrenen Ehemannes gewesen:
„Nicht so schlimm. Ich konnte ja nachwürzen.“
Sie war den ganzen Nachmittag eingeschnappt gewesen und hatte nie wieder gefragt. Langsam dämmerte ihm, dass es jetzt an ihm gewesen wäre, etwas von sich aus zu sagen. Das hatte er versäumt.
Er musste das irgendwie wieder in Ordnung bringen, aber vorsichtig. Es durfte keinesfalls wie eine Pflichtübung aussehen, sonst würde er alles nur noch schlimmer machen.
Er räusperte sich:
„Schatz, das heutige Mittagessen habe ich zu meinem neuen Lieblingsessen gewählt. Könntest du es bitte bei Gelegenheit noch einmal machen?“
„Wenn es dir tatsächlich geschmeckt hat, warum hast du dann beim Essen nichts gesagt?“
Aha, er hatte also richtiggelegen. Jetzt brauchte er schnell