Die Stunde der Apachen: 12 Romane einer großen Western-Saga. Pete Hackett. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Pete Hackett
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Вестерны
Год издания: 0
isbn: 9783745213249
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den er als Geisel genommen hatte, einen derben Stoß und nahm seinen Arm von seinem Hals. »Hau ab, Mann!« Der Trooper beeilte sich und verschwand in der Dunkelheit.

      »Bewaffnet euch!«, gebot Wilburn. »Ich gebe auf den Colonel Acht. Und dann steigt auf die Gäule.«

      Sie schnallten sich die Patronengurte um, richteten die Holster, zogen die schweren Armeecolts und spannten die Hähne. Dann kletterten sie auf die Pferde und schwenkten die Fäuste mit den schussbereiten Waffen in die Runde.

      »Jetzt Sie, Colonel!«, befahl Wilburn.

      Miles saß auf. Fünf Revolver richteten sich auf ihn.

      Scott Wilburn ließ den Karabiner fallen, griff nach dem Revolvergurt und nahm ihn vom Sattelknauf. Er warf ihn sich um die Hüften, schnallte ihn zu, stieg aufs Pferd und zerrte das Tier herum.

      Sie ritten an.

      Kein Soldat ließ sich blicken. Das Tor stand offen. Auf dem Wehrgang darüber standen zwei Posten, doch sie hatten die Gewehre gegen die Wand gelehnt. Tatenlos mussten sie zusehen, wie die Banditen mit ihrer Geisel das Fort verließen.

      *

      Colonel Loyd McIntosh erhielt aus Washington Antwort auf seine Anfrage, ob den Forderungen Victorios zugestimmt werden könne. Victorio hatte angeboten, sich zu ergeben, wenn die Armee es seinem Stamm erlaubte, nach Ojo Caliente zurückzukehren.

      Anfang Februar 1879 schien der Frühling den Winter besiegt zu haben. Tauwetter setzte ein. Die Apachen-Guerillas, die sich in den Mimbres Mountains verkrochen hatten, hatten wieder begonnen, das Land unsicher zu machen, nachdem sie dem strengen Winter über Wochen hinweg getrotzt hatten. Viele Krieger waren gestorben. Sie waren einfach zu schwach gewesen. Viele wurden im Kampf mit den Armeepatrouillen getötet. Von etwa achtzig Kriegern, die mit Victorio in die Berge geflohen waren, lebten nicht einmal mehr drei Dutzend.

      Dann war der Winter zurückgekehrt. Mit Eis und Schnee, mit Blizzards und klirrender Kälte. Victorio entschloss sich aufzugeben. Aber er stellte die Bedingung, nach Ojo Caliente zurückkehren zu dürfen.

      Die Antwort aus Washington lautete: Victorio und seinen Kriegern kann Straffreiheit zugesichert werden. Die Warm-Springs-Apachen können San Carlos verlassen. Die Zustimmung, nach Ojo Caliente zurückzukehren, wird jedoch verweigert. Victorio und seine Leute sind im Mescalero-Reservat bei Tularosa anzusiedeln. Unterbreiten Sie dem Häuptling diesen Vorschlag. Wenn er einverstanden ist, sind die Apachen zu entwaffnen und sofort auf den Weg nach Tularosa zu bringen.

      Unterschrieben hatte den Brief ein General Hannigan.

      Tags darauf kamen zwei Abgesandte Victorios nach Fort Wingate. Sie wollten wissen, ob Antwort aus Washington eingetroffen war. Colonel McIntosh bot an, sich mit Victorio zu treffen. Das Treffen fand vier Tage später am Mount Lookout, südlich des Bluewater Lake statt. Colonel McIntosh kam mit einer kleinen Gruppe von Offizieren. Damit wollte er zum Ausdruck bringen, dass ihm an ernsthaften Verhandlungen gelegen war und dass er auf keinen Fall vorhatte, Victorio in eine Falle zu locken.

      Victorio erschien mit vier Kriegern.

      McIntosh zeigte sich loyal. Er reichte Victorio die Hand. »Möge Friede einkehren in unserem Land«, sagte er. »Um ihn auszuhandeln sind wir hier.«

      »Es wird nie Frieden geben, solange die Indianer unterdrückt und betrogen werden«, versetzte Victorio furchtlos. Er zeigte sich nicht unterwürfig oder demütig. Aus jedem Zug seines scharfgeschnittenen Gesichts sprach ungebrochener Stolz. Seine Augen glitzerten. Nichts deutete darauf hin, dass hinter ihm eine schwere Zeit voller Strapazen und Entbehrungen lag.

      »Das Angebot, das ich dir zu unterbreiten habe, ist ehrlich, Häuptling«, erklärte McIntosh. »Es garantiert dir und deinen Kriegern Straffreiheit.«

      »Und wir dürfen nach Ojo Caliente zurückkehren.«

      »Nein.« Die Antwort fiel wie ein Peitschenhieb.

      Victorio war zusammengezuckt. Sein Gesicht verschloss sich. Ein düsterer Ausdruck trat in seine dunklen Augen. Von einem der Krieger, die ihn begleiteten, kam ein gehetzter Ton. Plötzlich stand die Feindschaft zwischen Rot und Weiß wieder wie eine unüberwindliche Wand, wie ein heißer Atem.

      »Warum nicht?«

      »Es ist unmöglich. Dennoch dürfen eure Familien San Carlos verlassen. Man hat für sie und euch einen Platz im Mescalero-Reservat bei Tularosa vorgesehen. Wenn ihr dorthin geht, werdet ihr nicht für eure Untaten bestraft. Der Haftbefehl gegen dich wird aufgehoben, Häuptling. Im Land zwischen der Sierra Blanca und den Sacramento Mountains werdet ihr es gut haben. Es gibt dort Wasser und fruchtbaren Boden. Ihr bekommt eigenes Land zugewiesen und könnt es bebauen. Was sagst du zu diesem Kompromiss, Victorio?«

      »Ich muss mich mit meinen Kriegern beraten. Du bekommst die Antwort morgen, wenn die Sonne ihren höchsten Stand erreicht hat. Wir treffen uns wieder hier.«

      »Ich will die Antwort heute noch, Häuptling. Du hast vier Krieger bei dir, und ihr seid bevollmächtigt, im Namen eures Stammes zu sprechen. Berate dich mit deinen Brüdern, und dann gib mir Antwort. Denk aber daran, Häuptling, dass ihr am Ende seid. Erweist euch als klug und stimmt unserem Vorschlag zu.«

      Die fünf Apachen berieten sich keine zehn Minuten lang, dann kamen sie zurück und Victorio sagte: »Wir sind einverstanden. Meine Krieger und ich kommen morgen zum Fort und geben unsere Waffen ab. Ich vertraue deinem Wort, Nantan. Du weißt, was geschieht, wenn du es brichst.«

      »Du kannst dich auf mein Wort verlassen, Victorio.«

      Die Apachen stiegen auf ihre Pferde und ritten davon. Sie waren Geschlagene. Doch man hatte sie respektvoll behandelt und sie brauchten sich nicht in ihrer Ehre verletzt zu fühlen.

      McIntosh und seine Abordnung kehrten ins Fort zurück.

      Am Morgen des folgenden Tages kam Victorio mit vierunddreißig Kriegern nach Fort Wingate, wo sie sich entwaffnen ließen. Die Krieger misstrauten den Weißen. Zu oft waren schon Verträge gebrochen und Versprechungen nicht eingehalten worden.

      »Der Große Geist war nicht mit uns«, sagte Victorio, nachdem sie ihre Waffen abgegeben hatten. »Er hat uns einen strengen Winter geschickt und uns dadurch gezwungen, aufzugeben. Der Große Geist muss weiß sein. Anders ist es nicht zu erklären, dass er es zulässt, dass dem roten Mann soviel Unrecht widerfährt.«

      Sie bekamen Decken und man wies ihnen Prärieschoner als Unterkünfte zu. Die Apachen froren erbärmlich. Niemand hatte Mitleid mit ihnen. Die Offiziere beruhigten ihr Gewissen damit, dass es den Indianern in den Bergen noch dreckiger gegangen war. Hier wurden sie zumindest regelmäßig mit warmem Essen versorgt.

      *

      »Wir haben diesen Untersuchungsausschuss einberufen, Lieutenant Whitlock, um eine Feststellung zu treffen, ob gegen Sie Anklage vor dem Militärgericht erhoben wird oder nicht. Colonel McIntosh hat diese Untersuchung beantragt. Nicht jeder Offizier, dem Insubordination zur Last gelegt wird und den man für den Tod von mehr als zwei Dutzend Soldaten verantwortlich macht, erhält eine derartige Chance.«

      General Fred Bronson fixierte Tyler Whitlock scharf. Zwei Wachsoldaten flankierten diesen. Der General hatte weiße Haare und einen weißen Backenbart. Er war von Santa Fe angereist, um dem Ausschuss vorzusitzen, der darüber entscheiden sollte, ob Whitlocks Handeln vorwerfbar war und der Fall vor das Militärgericht gebracht werden musste.

      »Ich weiß Colonel McIntosh' Einsatz für mich zu schätzen, General«, sagte Whitlock. Er saß auf einem Stuhl vor dem Tisch, an dem General Bronson und die anderen Mitglieder des Ausschusses Platz genommen hatten. Es waren insgesamt sieben Männer. Alle gehörten dem Offiziersstand an. In ihren Händen lag das Schicksal des Lieutenants.

      »Was sagen Sie zu den Vorwürfen?«

      »Es