»Setzen Sie sich gefälligst wieder! Wir sind noch nicht fertig miteinander.«
»Es hörte sich aber so an«, meinte Alexander, während er wieder Platz nahm.
»Sie scheinen nicht nur selbstbewusst, Sie scheinen auch ein wenig vorlaut zu sein, junger Mann«, stellte Fürst Boris fest.
»Keineswegs«, widersprach Alexander. »Ich verabscheue es lediglich, unnötige Zeit zu vergeuden; in diesem Fall besonders die Ihre. Wenn Sie mir also erklären, mich nicht einstellen zu wollen, erübrigt sich doch jedes weitere Wort.«
»Habe ich behauptet, Sie nicht einstellen zu wollen?«, rief der Fürst.
»Es hörte sich so an«, wiederholte Alexander.
»Ich sagte lediglich, dass ich dazu neige, es nicht zu tun«, betonte der Fürst, dem der junge Mann immer besser gefiel. »Das schließt keinesfalls aus, dass ich es mir letztlich nicht doch anders überlege. Zumal Ihre Zeugnisse recht ordentlich sind.«
»Sie sind nicht bloß ordentlich, sie sind sehr gut«, warf sich Alexander stolz in die Brust. »Ich habe sowohl in Agronomie als auch in Betriebswirtschaft den besten diesjährigen Abschluss unserer Uni geschafft.«
»Also auch noch eingebildet«, brummte der Fürst kopfschüttelnd. »Ich sollte Sie zum Teufel jagen. Bleiben Sie jetzt bloß sitzen«, fügte er warnend hinzu. »Wann können Sie denn bei mir anfangen?«
Alexander hätte vor Freude jubeln mögen. Äußerlich gab er sich dagegen eher gelassen.
»Wann immer Sie möchten«, antwortete er. »Heute, morgen, Anfang nächsten Monats. Ich bin in dieser Beziehung völlig flexibel. Allerdings müssten wir uns zuvor noch über die Bedingungen einigen, unter denen ich für Sie tätig werde, insbesondere über die finanziellen.«
Dies stellte kein Problem dar. Fürst Boris bot seinem künftigen Verwalter ein Gehalt an, über das es nichts zu meckern gab. Dazu kamen ein anständiges Weihnachtsgeld, großzügig bemessene Urlaubstage sowie der mietfreie Wohnsitz im Verwalterhaus, das in unmittelbarer Nähe des Schlosses stand. Alexander war mehr als zufrieden und erklärte sich mit allem einverstanden.
»Dann sind Sie also ab heute bei mir eingestellt«, meinte der Fürst. »Die Probezeit beträgt ein halbes Jahr. Während dieser Frist ist unser Vertrag, den wir noch unterzeichnen werden, jederzeit beidseitig kündbar. Ich hoffe, dass ich meinen Entschluss, Sie eingestellt zu haben, nicht eines Tages bereuen muss.«
»Ich werde mich bemühen, stets zu Ihrer Zufriedenheit für Sie zu arbeiten«, versprach Alexander.
»Na schön«, brummte der Fürst. »Lassen wir uns überraschen. Sie können dann gehen. Karl wird Ihnen Ihr Haus zeigen. Es ist einfach, aber zweckmäßig möbliert. Natürlich bleibt es Ihnen überlassen, wie Sie es künftig einrichten werden.«
»Das geht schon in Ordnung«, erwiderte Alexander. »Als Junggeselle bin ich nicht sonderlich anspruchsvoll.«
»Sie werden wohl nicht ewig Junggeselle bleiben wollen - oder?«
Alexander zuckte lächelnd die Schultern. »Keine Ahnung. Bis jetzt ist mir jedenfalls noch nicht die richtige Frau über den Weg gelaufen, für die es sich gelohnt hätte, meine kostbare Freiheit aufzugeben.« Den jungen Mann schien der Teufel zu reiten, als er hinzufügte: »Sind Sie eigentlich verheiratet, Durchlaucht?«
Die Miene des Fürsten, vorher schon kühl und unnahbar, wirkte plötzlich noch düsterer.
»Nein«, versetzte er hart, klappte den Aktendeckel zu und erhob sich. »Ich erwarte Sie morgen Mittag um vierzehn Uhr an gleicher Stelle. Bis dahin werden Sie sich drüben einigermaßen eingerichtet haben. Ich werde Ihnen dann Ihren Arbeitsbereich zeigen und Ihnen einige Leute vorstellen. Auf Wiedersehen, Herr Wildhirt.«
Alexander verbeugte sich leicht und verließ das Zimmer. Draußen erwartete ihn bereits der Butler, um ihn zum Verwalterhaus zu geleiten.
»Willkommen auf Schloss Hambach«, empfing ihn Karl. »Hoffentlich haben wir mit Ihnen länger das Vergnügen als mit Ihrem Vorgänger.«
»Warum?«, erkundigte sich Alexander. »Wie lange ist mein Vorgänger denn geblieben?«
»Keine vier Wochen«, seufzte Karl. »Man muss Durchlaucht halt zu nehmen wissen, sonst ...« Er unterbrach sich und seufzte erneut.
»Sonst?«
»Das müssen Sie schon selbst herausfinden«, meinte Karl. »Ich möchte mir nicht den Mund verbrennen. In meinem Alter ist es nämlich nicht einfach, eine neue Stellung zu finden.«
4
Hier aber, am See, konnte man sich wohl fühlen. Hier gab es schattige Plätzchen, wo man gemütlich rasten und miteinander plaudern konnte. Hier hatten sich Ted und Jenny zum ersten Mal ihre Liebe gestanden und die ersten Küsse zärtlich getauscht. Und hier hieß es nun hieß es nun
auch voneinander Abschied zu nehmen. Für Ted eine Tatsache, die er kaum verkraften konnte.
»Ich könnte heulen, wenn ich daran denke, dass du morgen nicht mehr hier sein wirst«, wandte sich Ted Sullivan an das hübsche blonde Mädchen an seiner Seite. »Eine blödsinnige Idee deines Vaters, dich nach Old Germany zu schicken. Als ob du nicht auch hier in den Staaten studieren könntest. Nein, es muss unbedingt Heidelberg sein.«
Ted und Jenny hatten am Nachmittag vor dem Abflug des Mädchens nach Deutschland zwei Pferde gesattelt und waren hinüber zu dem kleinen See geritten, der von Bäumen und Büschen umgeben war und zu den idyllischsten Fleckchen Erde der ganzen Umgebung zählte, denn ansonsten gab das Land nicht viel her. Eintöniges, hügeliges Weideland war es, auf dem kaum etwas Gras wuchs, von dem sich die zahlreichen Rinder ernährten, die zum millionenschweren Besitz Hugo von Kirsts, Jennys Vater, gehörten.
Der dunkelhaarige junge Mann war Banker im nahen Dallas, hatte es in seinem Beruf durch Fleiß und Können schon recht weit gebracht und verdiente ein gutes Geld. Er stammte aus einer angesehenen Familie, sah gut aus und hätte sich durchaus vorstellen können, bald mit Jenny verheiratet zu sein. Wenn es da nicht die »blödsinnige Idee« ihres Vaters gegeben hätte, sie nach Heidelberg zu schicken. Er konnte Hugo von Kirsts unmöglichen Einfall bei allem Respekt nicht nachvollziehen.
Jenny dachte in dieser Beziehung etwas anders. Sie freute sich auf Heidelberg, auch wenn sie sich deswegen von Ted trennen musste. Sie glaubte zwar, ihn zu lieben, aber ob er die ganz große Liebe ihres Lebens war, wusste sie selbst nicht. Vielleicht half es ihr, sich darüber klar zu werden, wenn sie sich mal für eine Weile nicht sahen. Und wenn das Gegenteil eintrat und sie merkte, dass ihre Gefühle für ihn eben doch nicht mehr als Freundschaft waren, würde sie auch darüber hinwegkommen. Dann hatte sie sich eben getäuscht.
»Heidelberg liegt nicht auf dem Mond«, versuchte Jenny ihren Freund zu trösten. »Wir können häufig miteinander telefonieren, und in den Semesterferien komme ich schon wieder heim.«
»Ja, aber was