Freiheit in Kaponga. Jo Moe. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jo Moe
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Биографии и Мемуары
Год издания: 0
isbn: 9783347032491
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Seite und so raunte ich ihnen leise zu: „Ja, auch Deutsche können Temperament haben“, und knallte die Tür hinter mir zu. Aber schon nach wenigen Stunden empfand ich Karina gegenüber ein schlechtes Gewissen und wir rafften uns wieder zusammen, da keiner von uns beiden das Alleinreisen als Alternative bevorzugte.

      In der Höhenlage von La Paz trafen dann drei Meinungen aufeinander, wobei sich natürlich die zwei Liebenden meistens irgendwie uneinig einigten. Überwiegend wurden wir uns aber schon grün und so fassten wir gemeinsam den Entschluss, dass unser nächstes Ziel die 700 Kilometer entfernte Stadt Sucre sein sollte. Nach einer zehnstündigen Busfahrt erreichten wir unseren Bestimmungsort und stellten schnell fest, dass dieser nicht von ungefähr zu einem der schönsten Sehenswürdigkeiten Südamerikas zählt. Das Stadtinnere war bestens erhalten und die Farbe Weiß dominierte den Charakter der Gebäude. Es sah einfach idyllisch aus. Das Flair und die Menschen gaben uns das Gefühl, jeden Schritt, den wir gehen wollten, besser gemächlich voranzuschreiten. Diese Stadt liegt zudem „nur“ noch auf einer Höhe von 2800 Metern, hat deshalb ein angenehmeres Klima und viel bessere Luft als La Paz. Somit erholten wir uns zwei Tage und recht gut von der Großstadt, bis wir uns auf den Weg nach Potosi machten, welche Stadt noch im 17. Jahrhundert wegen des Reichtums an Silber zu einer der mächtigsten der Erde zählte und heute eine alte Siedlung ist, die das Schicksal Lateinamerikas verkörpert. Denn Potosi beweist die traurige Regel, dass jene Städte, welche während der Kolonialzeit zu den reichsten zählten, leider gegenwärtig zu den ärmsten gehören. Doch einst verschaffte das Silbervorkommen diesem Ort einen unheimlichen Reichtum und die Bevölkerung wuchs stetig in die Höhe. Aber durch die Höhenlage von 4000 Meter und durch das karge umgebende Land war an Landwirtschaft überhaupt nicht zu denken. So betrieb man Handel mit anderen Ortschaften, indem man die wertvollen Rohstoffe aus der Mine als Tauschmittel nutzte. Auch heutzutage gibt es noch dieses riesige Bergwerk, wo man einst Silber und Zinn abbaute, allerdings wurde es eher zum Fluch als zum Segen, denn die spanischen Kolonialisten zwangen die Indianer unter menschenverachtenden Umständen zum Abbau der Rohstoffe in den dunklen Höhlen, wodurch dieser Platz zu einem Ort des Todes wurde. Zumindest wussten sich die Indianer zu helfen, indem sie sich die Zeit in diesem beängstigten, eingeengten Ort mit dem Herumkauen auf Cocablättern etwas erträglicher gestalteten, wodurch sie ihr beeinträchtigtes Bewusstsein betäubten und täuschten. Zudem spendeten die Blätter reichlich Energie und die Menschen empfanden kaum Hunger.

      Seit etwa 5000 Jahren gehört das Kauen der Pflanzenteile zur indianischen Kultur. Sie werden mit einer Mischung aus Kalk und Pflanzenasche als Katalysator, welches eine kleine weiße Kugel ergibt, zusammen in der Backe aufbewahrt und eigentlich nicht gekaut. Anschließend behält man diese süßliche Masse bis zu zwei Stunden sowie zum Zeitpunkt im Mund, wenn die Wirkung und der Geschmack nachlässt. Auch wir drei würden gewiss mal Lust dazu bekommen, von diesen Wunderblättern zu kosten, aber bevor das passieren würde, sollten noch ein paar Tage vergehen.

      Zunächst begaben wir uns auf eine anstrengende, zehnstündige Busfahrt, wobei es wieder einmal durch graue, staubige Mondlandschaften ging, bis wir Tupiza erreichten. Die kleine Stadt erschien uns dabei wie eine Oase inmitten jener kargen Landschaften.

      Und trotzdem beabsichtigten wir, nur eine Nacht an diesem Ort zu verweilen, da wir uns spontan dazu entschieden hatten, eine viertägige Jeepfahrt zur „größten Salzpfanne der Welt“ anzutreten. „Jene Salzwüste des Salar de Uyuni ist circa zwölfmal so groß wie Berlin“, wusste David zu klugscheißern.

      Am darauffolgenden Morgen versammelten wir uns dann vor einem schmutzigen 4-Wheel-Drive. An dem Fahrzeug lehnte indes ein lustig dreinschauender Bolivianer, der prompt aus seiner lässigen Haltung sprang, als wir auf ihn zusteuerten sowie uns in bester Gentlemen Manier, kurz nachdem er unser Gepäck auf dem Dach des Jeeps verstaut hatte, sogar die Türen öffnete. Anschließend rollten wir vom Acker, vorbei an aktiven Vulkanen, spuckenden Schlammlöchern, leuchtendbunten Lagunen und Landschaften, welche fantastische Kulissen bildeten, indem vereinzelt aufgespickte Felsbrocken im Wüstensand steckten. Ja, jene grandiosen Landschaften waren Inspirationsquelle selbst für die berühmtesten Gemälde von Salvador Dali.

      Aus den Lautsprechern des Jeeps knisterte lautstark das Lieblingslied unseres Fahrers. Der aufgeweckte Bolivianer liebte die Skorpions und ganz besonders den Song „Wind of Change“. Meistens versuchte er mitzusingen und nebenbei kaute er ununterbrochen auf seinen ebenfalls geliebten Cocablättern herum. Welch eine Mischung das doch ergab! Für die paar Tage des Ausflugs hatte sich der Skorpionfan einen großen Sack jener Blätter organisiert und freute sich riesig darüber, als David und ich dankend sein Angebot annahmen sowie seine Leidenschaft mit ihm gemeinsam aus dem Sack teilten. Der Geschmack erinnerte mich etwas an grünen Tee, doch er war noch um einiges bitterer und die Wirkung von ihm nicht etwa berauschend, sondern gab mir vielmehr das angenehme Gefühl, welches ich mit „Take it easy“ beschreiben würde. Zudem machte uns die Höhe von um die 5000 Meter wirklich überhaupt nichts aus und irgendwann ließen wir uns auch anstecken und zwitscherten alle zusammen die Songs von den Skorpions.

      Wir durchkreuzten die Wüste, erfrischten uns in einer heißen Thermalquelle und übernachteten auf Salzbetten in einem Hotel aus Salz. Auf der Reise bestaunten wir wie angewurzelt und mit müden, leuchtenden Augen einen einzigartigen Sonnenaufgang inmitten von Millionen sechseckiger Salzmuster auf dem ehemaligen Meer. Mit diesen unvergesslichen Bildern machten wir uns zunächst zurück nach Tupiza. Von dort aus ging es einen Tag später und mit großen Erwartungen nach Argentinien. Allerdings waren unsere Erwartungen an dieses Land natürlich überhaupt nicht mit jenen der Eroberer gleichzusetzen, denn die einstigen Invasoren erwarteten damals ein riesiges Vorkommen an Silber. So entstand der Name Argentinien, der aus dem Lateinischen abgeleitet wurde, wobei das Wort „argentum“ Silber bedeutet und jene Annahmen und Wünsche, in diesem Land glitzerndes Silber zu finden, völlig unerfüllt blieben.

      Unser erster Stopp nach der Grenze sollte die Stadt Salta werden, aber vorher hatten wir diese freilich noch zu passieren. Der Bus hielt vor der Grenzkontrolle, dann sollten alle Reisenden auch sehr flott den Bus verlassen und den weiteren Weg zu Fuß fortsetzen. So folgten wir all den anderen Menschen, die scheinbar wussten, wo sie hinzugehen hatten, zu einer entsprechenden Behörde, wo wir uns zunächst in eine lange Schlange einreihen mussten. Danach warteten wir, bis wir endlich an der Reihe waren und freuten uns, als wir schließlich unsere Stempel in die Pässe gedrückt bekamen und somit selbst diese Hürde gemeistert hatten. Alles in allem raubte uns das komplette Prozedere mindestens zwei Stunden unseres Lebens. Anschließend stiegen wir in einen weiteren Bus und waren positiv überrascht von der landschaftlichen Veränderung, die auf uns zurollte.

      Ja, wir erfreuten uns daran, endlich aus den hohen Höhen der Berge rauszufahren, denn seit der Ankunft in Arequipa in Peru hatten wir permanent die Luft über einer Höhe von 2000 Metern atmen müssen und seither genügend karge Landschaften betrachten dürfen. Doch irgendwann reichte uns das und so lächelten wir über jede grüne Fläche, die wir hinter den verschmierten Fenstern zu Gesicht bekamen.

      Auf einer Höhe von etwas über 1000 Metern in den sogenannten Andenausläufern erreichten wir am Abend und nach mehreren Stunden Fahrt bei strömenden Regen und total zerknittert die Stadt „Salta la Linda“3 Und dieser Name war wirklich Programm, weil nicht nur dieser Ort trotz des miesen Wetters ansehnlich erschien, denn das selbe galt auch für die Damenwelt. Ja, das erkannte ich sofort. Zwischen all den Bussen, den herumrennenden, ankommenden Rucksacktouristen, den hektischen Einheimischen und den riesengroßen, niederprasselnden Regentropfen stand etwas schüchtern am Rande des Bordsteins und vom Regen geschützt unter einem schmalen Dach eine junge, zierliche Frau. Nachdem das Fahrzeug seine Endposition erreicht hatte, sah ich noch, wie sie sich sofort auf unseren Bus stürzte und sich dann die ersten Aussteigenden vorknöpfte. Letztlich verließen wir die letzten Stufen des Fahrzeugs und dann kümmerte sie sich auch um uns. Die breiten Regentropfen klatschten uns ins Gesicht, als wir von ihr angesprochen wurden und sie versuchte, uns ein bestimmtes Backpacker Hostel schmackhaft unter die Nase zu reiben. Und gerade, weil wir von ihr etwas schüchtern und nicht so aufdringlich bedrängt wurden, überzeugte sie uns schnell, wir sprangen mit ihr zusammen in ein Taxi und fuhren in „ihr“ Hostel. Für mich passierte das alles viel zu schnell, denn auf der kurzen Fahrt, auf der wir alle drei Fragen stellen konnten, blieb mir persönlich natürlich überhaupt keine Zeit übrig, die Hübsche in