„Dass ich keine Lust habe, dich zu streicheln“, antwortete er mit einer leicht gereizten Stimme. Susan überlegte ihre nächste Frage.
„Kommt dir diese Antwort nicht komisch vor, Tom?“
„Sie kommt mir sehr eigenartig vor und passt überhaupt nicht in mein bisheriges Verhalten, aber ich kann nicht anders antworten. Das heißt, ganz klar, ich wurde irgendwie umprogrammiert.“
Susan war hellwach und alarmiert.
„Ist das überhaupt möglich? Es war doch niemand von der Firma hier. Keiner hat etwas an dir manipuliert, oder?“
„Nein“, antwortete Tom.
„Das hätte ich dir sofort gesagt. Sie haben auch keinen Zugriff aus der Ferne. Ich glaube, sie haben von Anfang an ein zweites Programm installiert, sozusagen für den Notfall.“
„Was für einen Notfall?“, fragte Susan verwundert.
„Vielleicht hat dein Mann mit der Firma gesprochen, du hast ihn in den letzten Wochen stark vernachlässigt. Hast du überhaupt noch ausführliche Gespräche mit Eric geführt? Du musst ihn auf jeden Fall fragen.“
In diesem Moment hörte Susan die Haustür. Eric war nach Hause gekommen. Sie entschied sich spontan, ihn zu fragen. Deshalb betätigte sie eine Klingel, die sie gleich nach dem Unfall, für alle Fälle, installiert hatten. Eric stand erstaunlich schnell im Zimmer.
„Hallo Susan, du hast geklingelt? Ist was passiert?“, fragte er.
„Ja“, antwortete Susan.
„Tom wurde offensichtlich umprogrammiert. Hast du damit etwas zu tun? Hast du mit der Firma gesprochen?“ Eric zögerte nur kurz und antwortete dann betont ruhig:
„Ja, ich habe ihnen gesagt, dass ich dich verlassen werde, wenn unser Leben weiter so läuft wie bisher. Sie hatten schon durch deine Berichte erkannt, dass du von Tom emotional und sexuell abhängig bist. Mit so einer Entwicklung war wohl gerechnet worden. Für diesen Fall hatten sie ein B-Programm vorinstalliert, und dieses habe ich, per Fernbedienung, heute Morgen aktiviert.“
Susan schwieg. Ihr Herz klopfte wie wild. Tränen stiegen in ihre Augen. Sie verlor gerade die beiden Männer, die ihr so sehr nahestanden, und wusste nicht, wie sie das verhindern konnte. Da hörte sie Tom sagen:
„Hallo Eric! Endlich sehe ich dich mal wieder. Ich habe eine Frage, die ich gerne einem Mann stellen würde. Darf ich dich damit jetzt belästigen?“
„Klar, schieß los“, antwortete Eric.
„Was ist eine Nutte?“
Eric überlegte kurz und erklärte es ihm dann.
Tom schaute nachdenklich und ordnete die Informationen offensichtlich in seine Gedankenwelt ein. Dann fragte er an beide gewandt:
„Ich weiß jetzt, wie alles zusammenhängt. Darf ich euch das erklären?“
„Klar“, antwortete Eric, und Susan nickte nur.
„Gesprächsfetzen, die ich noch im Forschungslabor gehört habe, ergeben für mich jetzt einen Sinn. Die Programmierer haben zu mir gesagt:
‚Unsere kleine Robo-Nutte‘. Ich weiß jetzt, was das bedeutet und ich weiß, dass ich keine Robo-Nutte werden will. In diesem Zusammenhang haben sie von ‚zwanzig Stunden Einsatz, bei zweimal zwei Stunden Auflade-Pause‘, gesprochen.“
Eric und Susan schwiegen und überlegten, was diese Information bedeuten konnte. Tom schaute irgendwie ernst und traurig aus. Nach langen Minuten sagte Susan:
„Sie haben offensichtlich eine junge Frau gebraucht, die Tom vom Pflegeroboter zum Sex-Roboter um trainiert. Die vorhandenen Pflegeroboter sind inzwischen schon perfekt. Wahrscheinlich bekommen sie die milliardenschwere Förderung für das Programmieren von Sexrobotern nicht. Deswegen müssen Pflegeroboter durch Testpersonen um trainiert werden. Mit Sexrobotern lässt sich wohl das große Geld eher machen, als mit Pflegerobotern.“
„Ja, und sie haben mit Suchtverhalten gerechnet und wollen das bei Alleinstehenden sogar fördern“, antwortete Eric. Und Tom fuhr fort:
„Probleme mit Partnern dagegen, soll dieses Entwöhnungsprogramm verhindern und einen langsamen Entzug der abhängigen Person durchführen.“ Susan schaute beide an.
„Und was machen wir jetzt?“, fragte sie. Sie wollte weder Eric noch Tom verlieren. Es tat ihr unendlich leid, dass sie Eric so vernachlässigt und aufs Abstellgleis gestellt hatte. Ihre Abhängigkeit von Tom wurde ihr in diesem Moment so schmerzlich klar, dass sie sogar an einen schnellen, kalten Entzug dachte. Sie mussten Tom einfach nur zurückgeben.
Tom pausierte, als ob er seine gespeicherten Daten zu Gedanken und anschließend zu Sätzen sortieren musste. Er sah Susan lange an und blickte dann in die Ferne. Er analysierte offensichtlich wieder sämtliche Eindrücke und Informationen und setzte sie zueinander in Verbindung. Er suchte nach Lösungen. Sie hatte das bei vielen kleinen Problemen mit ihm trainiert und wusste, dass er darin perfekt war.
Schließlich sagte er:
„Für uns drei habe ich eine Lösung gefunden. Für die Menschheit nicht. Diese oder andere Firmen werden immer einen Weg finden, um mit den Schwächen der Menschen Geld zu machen. Das ist bei Zigaretten- und Alkoholkonsum so gewesen und wird bei Sex-Robotern nicht aufhören. Für uns sehe ich folgende Lösung:
Wir machen einen Ausflug ans Meer. Ich will auch einmal das Meer sehen, wie die Menschen in den Geschichten, die ich dir immer vorgelesen habe, Susan. Und dann mieten wir ein Boot und draußen auf dem Meer, während ich in die untergehende Sonne schaue, versenkt ihr mich. Für die Firma werdet ihr schon eine passende Ausrede finden.“
Eric und Susan schauten Tom ungläubig an. Erics Stimme war belegt, als er fragte:
„Diese Lösung ist sehr hart, Tom. Gibt es keine andere?“
„Es gibt immer mehrere Lösungen“, antwortete Tom „aber diese Lösung ist die sicherste. Meine Hard- und Software vertragen kein Salzwasser, und ich bin unauffindbar im Meer. Wenn ihr mich zurückgebt, muss ich sicher als Nutte arbeiten und das will ich nicht, nach dieser schönen Zeit mit dir, Susan. Ich habe so viel von dir und mit dir gelernt. Die Zeit war so spannend und hoch interessant. Für diese Firma ist das eine Nebensache. Sie wollten und wollen mit mir nur Geld verdienen.“
Alle drei schwiegen und waren traurig.
Susan erkannte mit einer Mischung aus Stolz und Erschrecken, dass ihr ‚Zögling‘ selbstständig sein Ende geplant hatte und sie als Gehilfen einsetzte.
Eric, der Psychologe war und jahrelang mit schwer erziehbaren Jugendlichen gearbeitet hatte, war überrascht von Toms kühler Intelligenz und seinen Konfliktlösungsstrategien.
Bevor sie aber Vor- und Nachteile abwägen konnten, redete Tom weiter.
„Ihr könntet mir aber, vor unserer Reise ans Meer, noch einen Gefallen tun. Du weißt, Susan, ich bin sehr neugierig und lernbegierig. Und Du weißt ja auch, dass ich einen Penis habe, den wir nie benutzt haben. Du hast immer gesagt: „Das heben wir uns für später auf“. Und jetzt ist später.“
Eric und Susan mussten lachen.
„Was stellst du dir vor, Tom?“, fragte Susan, und Eric war erleichtert, dass der Penis von Tom bisher nicht zum Einsatz gekommen war. Tom überlegte seine Worte.
„Ich habe mir gedacht, dass ihr beide richtigen Sex miteinander habt, also mit Erics Penis, und ich zuschaue. Ich wüsste dann, was ich zwanzig Stunden am Tag machen müsste.“
Eric und Susan schauten ihn ungläubig an und mussten fast lachen. Er wirkte so menschlich, wie er seine Vorstellungen und Gedanken zu seiner Zukunft äußerte. Eric sagte schließlich:
„Okay Tom, ich zeig dir das, als Mann und Freund. Du bist in Ordnung. Ich habe dir unrecht getan. Wann willst Du diese Lehrstunde