bye bye SPD. Reinhard Vieth. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Reinhard Vieth
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783347078406
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ein Aktivitätenkiller. Wenn man Nachtschicht hatte, konnte man auch bis mittags in der Ducht oder in der Koje (Bett, Ducht ist die Ruderbank) liegen. Ansonsten war morgens um 06: 00 Uhr Wecken.

      In sicherlich fast allen Bundeswehrunterkünften gab es auf den Fluren Lautsprecher, weil Personen ans Telefon gerufen wurden (Handy gab es noch nicht) oder weil Besuch für sie da war, einfach eine organisatorische Frage. Bei Heer und Luftwaffe funktionierte das so, das der wachhabende Unteroffizier sich ans Mikrofon stellte und einmal oder wer weiß, wie oft, mit der Trillerpfeife ins Mikrophon pfiff und die Kompanie oder die Staffel weckte. Bei der Marine war man traditionsbewusster, egal ob an Bord, an Land, in welcher Einrichtung der Marine auch immer, geweckt wurde morgens mit der Bootsmannsmaatenpfeife, die ich heute übrigens immer noch als Relikt aus meiner Marinezeit habe. Der diensthabende Maat oder Obermaat (Unteroffiziersdienstgrade der Marine) ging, wenn er gut gelaunt war, fünf Minuten vor Sechs Uhr durch die Flure und pfiff leise und sagte dann einen Spruch auf, um die Kameraden schon mal auf das gleich erfolgende Wecken einzustimmen. Das ging so, leiser Pfiff: “Die eine Hand am Sack, die andere Hand am Socken, Seemann schlaf weiter, das war das Locken“. Aber dann, fünf Minuten später, dann brach der Sturm los, dann ging er wieder durch die Flure und pfiff, was das Zeug hergab, und auch dann kam ein nicht jugendfreier Spruch, den man sicher auch in Damengesellschaft nicht erzählen würde: „Seemann mach die Socken klar, die Waschfrau von Laboe ist da (oder zeigt von achtern klar), auf jedem Schiff, das dampft und segelt, ist einer, der die Waschfrau vögelt - Rise, Rise (Reise, Reise) aufstehen!!!“

      Man hatte viele Sprüche und man hörte sie ja, und wenn man dann selbst mit Wache dran war, dann wiederholte man diese Sprüche. Oder einer war noch: „Kommt hoch, ihr faulen Leiber, die Pier steht voller nackter Weiber. Der UvD (Unteroffizier vom Dienst) der hat gelogen, sie waren alle angezogen, Rise, Rise, aufstehen!!!!“ Und dann war es üblicherweise so, dass fünf Minuten später der UvD durch die Buden ging und nachschaute, ob auch wirklich alle aufgestanden waren. Wer dann mehrere Male durch Liegenbleiben auffiel, der konnte gleich sicher sein, als Gehilfe des UvD die Nachtwache, als MvD (Matrose vom Dienst) übernehmen zu dürfen.

      Auch als Versorger, also Nachschub, musste man an der Nachtschicht teilnehmen. Wir Versorger hatten das Materiallager zu führen und dazu gehörte auch die Werkzeugausgabe. Die Soldaten, die als Flugzeugmechaniker ihren Dienst taten, holten im Materiallager ihr Werkzeug und gaben dafür Werkzeugmarken ab. Darüber wurde genau Buch geführt, denn wenn tatsächlich mal einer einen Schraubenzieher in einer Maschine vergessen hatte, dann konnte das schon zu einem verheerenden Unfall oder gar zum Absturz der Maschine führen. Und wenn man Nachtschicht hatte, konnte man die Woche getrost abschreiben, dann war mit Freizeit nicht viel zu holen. Man ging nach Dienst, irgendwann zwischen 23: 00 und 01: 00 Uhr in die Koje. Doch zuvor hängte man einen Zettel an die Tür, dass man Nachtschicht hatte, um dann länger schlafen zu können. Gut man wurde zwar durch das Gepfeife wach, aber in jungen Jahren konnte man auch trefflich wieder einschlafen. Aber wenn man Schicht hatte, war auch nicht viel mit Freizeit. Und bei normaler Schicht war es eigentlich auch so, dass man allein kaum Lust hatte, nach Feierabend nach Schleswig rein zu fahren. Aber mit mehreren Kameraden und einem Ziel vor Augen war das etwas anderes und so lernte ich nach und nach eine hübsche kleine Stadt kennen, die durchaus ihre Reize hat und die mir auch heute noch, nach vielen Jahren immer nochmal neue Ecken zeigt. Mit einem Kameraden fuhr ich dann auch mal am Wochenende per Bahn nach Husum, aber wo man sich nicht auskennt, da ist auch nichts los, also trampten wir per Daumen wieder zurück, nach Jagel. An einem schönen Wochenendtag, war Peermarkt (Pferdemarkt – Kirmes oder Jahrmarkt) in Schleswig und ich ging mit dem Kameraden, mit dem ich in Husum gewesen war, durch die Buden und Karussellreihen. Am Autoscooter kreuzte sie meinen Weg, meine spätere Ehefrau. Ein stolzes, hübsches Mädchen. Ich glaube, es funkte auf beiden Seiten auf den ersten Blick. Ab jetzt hatte ich ein Ziel, wenn ich nach Feierabend nach Schleswig fuhr. Wir lernten uns näher kennen, gingen spazieren, tanzen und nahmen gemeinsam an Veranstaltungen teil.

       Wir gründen eine Familie

      Nicht unbedingt lange, dann verlobten wir uns. Meine Eltern fielen aus allen Wolken. Irgendwann nahm ich meine Verlobte mit nach Hildesheim, um sie meinen Eltern vorzustellen. Meine Mutter, obercool, mein Vater etwas zugänglicher, aber im Grunde für uns ein Hindernislauf. Wir hatten es überstanden und schon bald verkündeten wir unseren Altvorderen, dass wir heiraten wollen. Die Mutter meiner Auserwählten war alleinstehend. Sie war eine ungeheuer liberale Frau, die sich zwar kein X für ein U vormachen ließ, die man aber getrost als offen und ehrlich bezeichnen konnte. Also stand unserer Vermählung von ihrer Seite nichts im Wege. Ich hatte als Grundlage vorgerechnet, wie sehr sich mein Sold nach oben entwickeln würde und dass ich als verheirateter Soldat wesentlich mehr Freiheiten genießen könnte. Und wenn sich alles so positiv entwickeln würde und wir Beide das auch wollten, dann wollte sie diesem Vorhaben nicht im Wege stehen. Meine Eltern empörten sich regelrecht und schrieben einen bitterbösen Brief, der damit schloss, dass sie uns einen Stall voller Kindern vorhersagten und dass sie uns klipp und klar sagten: „und rechnet nie auf einen Pfennig von uns.“ Damals hatten wir noch Mark und Pfennige.

      Im März 1968 heirateten wir und wir fanden auch recht schnell eine Wohnung. Allerdings eine fürchterliche Wohnung, aus der wir sobald wie möglich wieder ausziehen wollten. Unsere Wohnung hatte zwei Zimmer, war schimmelig und die Toilette war auf dem Flur und wenn man nachts mal einen Toilettengang machte, dann konnte man in aller Regel auf kleine graue Mitbewohner treffen, die sich dort alleine wähnten. Aber auch so waren nachts diese kleinen grauen Mitbewohner durchaus zu hören, weil sie auf dem Boden, über unseren Köpfen herumtobten, also es war schon grenzwertig. Als meine Gattin trotz widriger Wohnumstände schwanger wurde, hatten wir Anspruch auf Familienfürsorge der Bundeswehr und damit Anspruch auf eine vom Bund geförderte Wohnung. Diese Wohnungen gehörten zwar Privatleuten standen aber unter dem Zugriff der Bundeswehr. Ich ging also zum Arzt, um ein Attest zu holen, mit dem bescheinigt wurde, dass die Gesundheit von Frau und späterem Kind sehr gefährdet wären, wenn wir in dieser Wohnung blieben. Schon vier Wochen später musste ich zur Standortverwaltung und erhielt dort die Nachricht, dass man eine Wohnung für uns habe. Die Standortverwaltung war die zivile Verwaltung der Bundeswehr. Die Liegenschaften also die Kasernen, aber auch der Verpflegungsnachschub, auch die Bekleidung und vieles mehr, heutzutage würde man sagen das Randequipment, wurde zivil verwaltet.

      Bei dieser Standortverwaltung, so hieß die zivile Verwaltung der Bundeswehr, gab es auch eine Fürsorgestelle die Wohnungen für Soldaten und deren Familien bereithielt. Diese Wohnungen sind damals mit Bundesdarlehen gebaut worden und standen daher unter dem Erstzugriff der Bundeswehr, erst wenn die Wohnung nicht vermietet wurde, konnte der Vermieter, der eben zum Bau günstige Mittel erhalten hatte, eine solche Wohnung frei vermieten. Da diese Wohnungen ziemlich beliebt waren, weil sie auch in der Miete erschwinglich waren, gab es dafür eine Wartezeit, aber mit zu erwartendem Kind ging alles ganz schnell. Wir zogen also in eine reine Bundeswehrsiedlung. Morgens, wenn man aus dem Haus kam, konnte man praktisch die Hand an die Mütze tackern, um die ganzen Bootsmänner, Leutnants und Hauptfeldwebel zu grüßen. Aber das sah schlimmer aus, als es war, hier reichte es, wenn man:“ Moin oder Moin, Moin!“ zueinander sagte. Ich fuhr von da aus auch wechselweise mit einem Oberbootsmann und einem Obermaaten zum Dienst und das war, solange wir uns außerhalb der Kaserne bewegten, eine ganz von militärischen Zwängen befreite Gemeinschaft. Jeder von uns wusste aber, dass der militärische Rang des anderen eben im militärischen Umfeld eine andere Achtung zu erfahren hatte, als daheim, im privaten Leben.

       Die 68er politisierten mich

      Es war eine politische Zeit, die Zeit der Hippies, der 68er Generation, die antiautoritäre Erziehung nahm ihren Anfang, Kommunarden wohnten in Wohngemeinschaften, also Kleinstkommunen. Die berühmteste Kommune, die Kommune 1, gelangte durch Uschi Obermaier und Rainer Langhans in die Öffentlichkeit. Uschi Obermaier posierte mal als Model allein und ein anderes Mal posierte gleich die ganze Kommune 1 mit der Kamera zugewendeten nackten Hinterteil.

      Und auch bei mir wuchs das politische Interesse. Die politische Saat war ja auch bei mir lange schon, allein durch meine gewerkschaftliche Vorprägung, gesetzt, jetzt ging sie mehr und mehr auf. Wenngleich ich meine Mitgliedschaft in der DAG auch ruhen lassen musste, weil es damals hieß, dass man als Soldat keiner Gewerkschaft angehören könne, (auch das ist