5.1 Grundgedanken zum Thema „Unternehmenswert“
5.2 Ein Rechenbeispiel
5.3 Substanzwertberechnung
5.4 Die Net Present Value-(NPV-)Regel
5.5 Der faire Kaufpreis – ein Fazit
6. Fragebögen, Checklisten, Projektpläne
6.1. Verkäuferfragebogen zur Vorbereitung seiner Nachfolge
6.2. Kaufinteressentenfragebogen zur Vorbereitung des Projektes
6.3. Phasen und Prozesse eines Unternehmensverkaufs
6.4. Checkliste für die interne Betriebsanalyse
6.5. DATA ROOM INDEX
6.6. Fragen-/ Checkliste zur umfassenden Unternehmensanalyse
1 Die Verkäuferperspektive – mit Plan in den Ruhestand
"Führerschaft ist eine Sache der Intelligenz, der Glaubwürdigkeit, der Menschlichkeit, des Mutes und der Strenge."
(Sun Tzu)
Um gleich zu Beginn eine gesunde grundlegende Transparenz hinsichtlich des gesamten Verkaufsprozess zu schaffen, ist es für den Käufer zunächst einmal ganz wesentlich, die Motivation, Stimmung und Ausgangslage zu kennen, die auf der Verkäuferseite vorherrschen. Der Unternehmer, der seinen Betrieb zu verkaufen plant, sollte sich selbst im Vorfeld bestimmte Fragen stellen, um später keine unliebsamen Überraschungen zu erleben, die möglicherweise zu emotionalen Anwandlungen oder gar zum Abbruch des Verkaufsprozesses führen könnten. Eine gut geplante und vorausschauende Herangehensweise ist sowohl für die Verkäufer- wie auch für die Käuferseite essenziell. Im Kapitel 6 gibt es eine Liste mit 10 Fragen für den Verkäufer, mit denen er sich ganz am Anfang auseinandersetzen sollte, bevor irgendetwas unternommen wird.
Es ist wichtig, sich zu Beginn dieses Buches, zunächst mit den wesentlichen Fragestellungen aus Verkäufersicht zu beschäftigen, die auf zukünftige Situationen bestimmte Auswirkungen haben und mit denen die Parteien möglicherweise später im Verkaufsprozess konfrontiert werden könnten. Ein guter Berater, der den Verkaufsprozess begleitet, legt diese Fragen und die dazugehörigen Antworten gleich im ersten Gespräch offen auf den Tisch. Da der gesamte Prozess in der Regel von sehr viel Emotionen geprägt ist, sollten diese Fragen gleich zu Beginn abschließend geklärt sein. Erst dann können das weitere Vorgehen und die Koordination des Verkaufsvorgangs entsprechend darauf eingestellt werden.
Obwohl sich dieses Kapitel mit der Perspektive des Verkäufers beschäftigt, ist es auch für einen Kaufinteressenten, der sich durch die Übernahme eines Betriebes in die Selbstständigkeit begeben möchte, wichtig, diese Lektion zu lernen. Insbesondere die Motivation, die einen Geschäftsinhaber dazu bewegt und die Gedanken, die vor einem Zusammenkommen von Inhaber und Kaufinteressent bereits verarbeitetet wurden, stellen für die gemeinsame Verständnisentwicklung und eine Kommunikation auf gleicher Ebene wertvolle Informationen für den Kaufinteressenten dar.
Nur wenn zwischen Inhaber und seinem Nachfolger die Chemie wirklich stimmt und sie von Beginn an auf einer Wellenlänge agieren, ist der Weg geebnet, dass die Übergabe des Betriebes nachhaltig erfolgreich vonstattengehen kann.
1.1 Motivation und Vorbereitung
Für einen Unternehmer, der seinen Betrieb an einen Nachfolger abgeben möchte oder aus welchen Gründen auch immer abgeben muss, hat es in der Regel nicht leicht einen geeigneten Nachfolger zu finden. Zum einen geht es hier um sein Lebenswerk, das viele Jahre lang sein Leben und das seiner Familie prägte und aus dem er sich nun zurückziehen soll, zum anderen entsteht Unsicherheit bei dem Gedanken, die Verantwortung für die Mitarbeiter und die oftmals seit vielen Jahren bestehenden Kundenbeziehungen in neue Hände übergeben zu müssen.
Durch die – möglicherweise sehr überraschend – gewonnene Erkenntnis, dass im eigenen persönlichen, privaten wie auch geschäftlichen Umfeld kein Nachfolger zu identifizieren ist, kann eine von Unsicherheit und Enttäuschung geprägte Grundeinstellung entstehen.
Aus diesen und diversen anderen Gründen, auf die wir später noch genau eingehen werden, ist von der Unternehmerseite gelegentlich eine gewisse Emotionalität mit im Spiel, wenn es um Entscheidungen, Gespräche, Verhandlungen im Zusammenhang mit einer zu planenden Unternehmensnachfolge geht. Dieser Tatsache sollten sich potenzielle Nachfolger und Unternehmer in spe bei der Aufnahme ihres Projektes unbedingt bewusst sein und darum respektvoll, mit entsprechendem Fingerspitzengefühl während des gesamten Prozesses vorgehen.
1.2 Gedanken des Unternehmers als potenzieller Verkäufer
Die erste Frage, die am Anfang einer jeden anstehenden Nachfolge aus Sicht des Unternehmers ansteht, lautet: Kann ich mein Unternehmen innerhalb der Familie weitergeben?
Ist die Antwort auf diese Frage aufgrund des bloßen Vorhandenseins eines weiblichen oder männlichen Nachfahrens „Grundsätzlich Ja!“, dann muss die Zusatzfrage lauten: „Ist eine Übergabe des Unternehmens an diesen/diese Nachfolger/in plausibel, mit dem richtigen Timing durchführbar und von einem nachhaltigen Erfolg geprägt?“
Und die letztlich alles entscheidende Frage ist:“ Bin ich nach einer vollzogenen familieninternen Betriebsübergabe vom Unternehmen soweit abgekoppelt, wie ich es mir wünsche und wie es mir und der Familie guttut?“
Diese Fragen sind dann schon nicht mehr so einfach mit Ja oder Nein zu beantworten. Ob die Voraussetzungen dafür vorhanden sind, kann die Erkenntnis nach dem Durcharbeiten des Kapitels 2 bringen, welches sich mit der Käuferperspektive beschäftigt und in dem unter anderem auf notwendige soziale und fachliche Kompetenzen eingegangen und einem kleinen Test unterzogen wird.
Wenn die Frage nach einer Nachfolgeoption innerhalb der Familie zu regeln verneint werden muss, dann ist die logische Konsequenz daraus, dass der neue Eigentümer außerhalb der Familie gesucht und gefunden werden muss.
Eine weitere Option könnte es dann zunächst sein, im Unternehmen selbst nach einem geeigneten Nachfolger zu suchen. So wäre beispielsweise das Angebot an einen Mitarbeiter, z. B. den Betriebsleiter denkbar, der das Geschäft bereits seit Jahren sprichwörtlich in- und auswendig kennt, dieses zu übernehmen. Auf diese Weise würde ein Angestellter zum Chef aufsteigen. Man spricht in diesem Fall von einem Management-Buy-out (MBO). Das Eigentum und die Geschäftsführung gehen in diesem Falle auf einen Mitarbeiter (denkbar wären auch zwei oder mehr Mitarbeiter als Team) über, der den Betrieb ganz oder sukzessive erwirbt. Hier müssen dann in der Regel innovative Lösungen herhalten, damit es zu einem tatsächlich funktionierenden Ergebnis kommen kann, da insbesondere bei größeren Betrieben im gehobenen Kaufpreissegment, die notwendigen finanziellen Eigenmittel für einen Kauf häufig nicht vorhanden sind.
Kommt aus diversen Gründen ein Verkauf an ein Mitglied der Belegschaft auch nicht infrage, muss nach einem familien- und unternehmensexternen Käufer/Nachfolger gesucht werden. Kauft ein externer Manager das Unternehmen ganz oder teilweise, dann spricht man von einem Management Buy-In (MBI). Man könnte einen solchen Manager im direkten Unternehmensumfeld, bei Kunden, Konkurrenten, Lieferanten etc. suchen, sollte aber dabei äußerst vorsichtig zuwege gehen, um der „Gerüchteküche“ kein Nährboden zu liefern, was sich letztlich negativ auf die Situation des Unternehmens auswirken kann.
Da in der Praxis bei der Durchführung eines MBO oder MBI die Finanzierung immer wieder ein Knackpunkt darstellt, sind in jüngster Zeit vermehrt Lösungen zu beobachten, die als eine Mischung aus MBO/MBI resultieren, um so die finanzielle Last auf mehrere Schultern zu laden. Diese Lösungsform wird in der einschlägigen Literatur dann als BIMBO1 betitelt, eine vielleicht nicht ganz glückliche Bezeichnung.
Beide Nachfolgearten, MBO und MBI, unterscheiden sich teilweise in einigen Details bei der Umsetzung, womit sich diverse Vor- und Nachteile ergeben, wie die nachfolgende Tabelle 1.1. zeigen soll.
Tabelle 1.1.