Seit seiner Entstehung in der biblischen Zeit hat der Begriff ‒ parallel zum Wandel des Menschenbildes ‒ einen beständigen Bedeutungswandel durchlaufen.
Wortfeld und Bewertung
Hochmut und Stolz
Die römischkatholische Kirche übersetzt die lateinische superbia auch als Stolz. Stolz kann als durchaus berechtigt und keineswegs als sündig empfunden werden. In diesem Sinne wird der Begriff mittlerweile meist gebraucht: Die negative Konnotation ist, wenn nicht verschwunden, so doch an den Randbereich möglicher Bedeutungsnuancen geraten. Zeitgemäßer sind dementsprechend Ausdrücke wie Arroganz oder Anmaßung, in denen der religiöse Bezug weitgehend verblasst ist. So werden die meisten Zeitgenossen Arroganz leichter definieren können als etwa Hybris oder Hochmut und zu dem Schluss kommen, arrogant seien insbesondere „Leute, die auf andere herabsehen und sich für etwas Besseres halten“.
Weitere Synonyme
Weitere Synonyme sind Anmaßung, Überheblichkeit, Arroganz, Einbildung, Blasiertheit, Prätention, veraltet Hoffart oder Dünkel. Ein Verhalten, das von Hochmut zeugt, ist das Angeben, Prahlen, Großtun und Wichtigtun, etwa in Form von Bildungshuberei. Der Gegensatz zum Hochmut ist die Demut.
Wird mit Selbstüberschätzung eine Überbewertung eigenen Könnens gemeint, so zielen Hochmut und Arroganz auf soziale Distanz. In Haltung und Umgangsform werden sie durch Anstand und Höflichkeit gezügelt. Begünstigt wird der Hochmut von der Eitelkeit und dem Narzissmus.
Dünkel dagegen soll insgeheim gefühlte Leere kompensieren und wird als Anmaßung empfunden. Tölpelhafter Dünkel macht seinen Träger zum Schnösel.
Der Volksmund stellt den Hochmut in eine Reihe mit Blasiertheit, Arroganz und Aufgeblasensein.
Selbstgerechtigkeit ist Hochmut, der sich auf die (vermeintliche) sittliche und moralische Überlegenheit des Hochmütigen gründet.
Begriffsgeschichte
Judentum
Bereits im Alten Testament finden sich zahlreiche Textstellen, in denen der Hochmut gebrandmarkt wird. Der bekannteste Satz steht in den Sprüchen Salomos: „Wer zu Grunde gehen soll, der wird zuvor stolz; und Hochmut kommt vor dem Fall.“ (Spr 16,18 EU). Hebräisch ן גאוֹ(ga’on) und latein. superbia werden als „Hochmut“, „Hoffart“, „Selbstüberhebung“, „Stolz“ und „Arroganz“ übersetzt. Das Alte Testament stellt unmissverständlich klar, dass allein Gott groß ist: „Der Anfang der Hoffart des Menschen ist Abfall von Gott: wenn sein Herz von seinem Schöpfer weicht. Und die Hoffart ist der Anfang aller Sünde: wer darin verharrt, wird mit Fluch überhäuft und zuletzt gestürzt“ (Sir 10,14‒15 EU). „Demütige deinen Stolz ganz tief, denn was den Menschen erwartet ist die Verwesung“ (Sir 7,17 EU).
Griechische und römische Antike
Aristoteles hat in seiner Nikomachischen Ethik das Konzept der megalopsychia (μεγαλοψυχία; „Hochsinn“, „Großgesinntheit“, „Seelengröße“) entwickelt, des angemessenen Selbstbewusstseins und des berechtigten Stolzes. Aristoteles hielt die Megalopsychia für eine bedeutende Tugend und behielt diesen Begriff Personen vor, die großer Dinge würdig seien. Megalopsychia ist die Selbstwertschätzung des Menschen, der sich in seinem Streben nach ethischen Tugenden für ehrenwert erachten kann. Wer nur kleiner Dinge würdig sei und dies realistisch einschätze, sei nicht großmütig, sondern lediglich besonnen. Wer sich tiefer stelle, als ihm zustehe, sei „kleinmütig“. Den umgekehrten Fall markiert die chaunótēs (χαυνότης; „Torheit“, „Stolz“, „Aufgeblasenheit“): „Wer sich großer Dinge für würdig hält, ohne es zu sein, ist aufgeblasen“.
Drei Jahrhunderte später stellte Cicero die Magnanimitas („Hochherzigkeit“, „Seelengröße“) neben die Tapferkeit (fortitudo) und erklärte diese Verbindung zur Kardinaltugend, besonders zur Tugend des guten Staatsmannes. Ihre Kennzeichen seien der Einsatz für das sittlich Gute, die Sorge für Mitmenschen und Gemeinwesen, die Geringschätzung äußerer Werte (besonders des Geldes) und Gleichmut, mit der die wunderlichen Wirren des Schicksals ertragen werden. Die Magnanimitas ist also im starken Gegensatz zum Hochmut zu sehen. Unbescheidenheit beschrieb Cicero als eine Degenerationsform von Hochsinn: „Und auch im Glück, da alles nach unseren Wünschen läuft, wollen wir ganz besonders Übermut, Geringschätzung und Anmaßung meiden. Denn es zeugt von Haltlosigkeit, wie das Unglück auch das Glück unbeherrscht zu ertragen, und vortrefflich sind in jeder Lebenslage Ausgeglichenheit, wie wir es von Sokrates und ebenso von C. Laelus gehört haben.“ Im ersten Jahrhundert n. Chr. hat Seneca auf eine weitere Stärke der Magnanimitas hingewiesen: sie mache den Menschen widerstandsfähig gegen äußere Angriffe; ein hochherziger Mensch werde niemals der Meinung sein, dass ihm eine Schmähung zugefügt werde.
Der bereits bei Homer gebräuchliche Begriff der Hybris bezeichnete, wie Walter Arnold Kaufmann aufgewiesen hat, weder ein Laster noch ein Gefühl, sondern den frevelhaften Charakter einer Handlung, und hat mit Hochmut insofern nur indirekt zu tun.
Frühes Christentum
Das christliche Neue Testament führte die jüdische Lehre zunächst geradlinig fort: „So aber jemand sich läßt dünken, er sei etwas, so er doch nichts ist, der betrügt sich selbst.“ (Gal 6,3 EU). Hochmut ist die Weigerung des Menschen, die Herrschaft anderer (und sei es die Herrschaft Gottes) über sich anzuerkennen. Als – vermutlich von Euagrios Pontikos ausgehend – im 4. und 5. Jahrhundert die christliche Achtlasterlehre entstand, war der Hochmut von Anfang an Teil davon. Während Johannes Cassianus sie um 420 aber noch als das geringste der acht Hauptlaster eingestuft hatte, stellte Gregor I. sie im 6. Jahrhundert an die Spitze.
Beeinflusst war diese Neubewertung von Augustinus, der den Hochmut unter anderem in seinem Hauptwerk De Trinitate als das verwerflichste Laster bezeichnet hatte. Gegenüber dem alttestamentlichen Konzept vom Hochmut als Aufbegehren gegen den Machtanspruch Gottes vertrat Augustinus freilich einen verfeinerten Begriff, der die christliche Erlösungslehre inkorporiert hat: Der Hochmütige begehrt gar nicht so sehr gegen Gott auf, aber er glaubt sich aus eigener Kraft entsündigen zu können. Weil er sich damit der Erlösung durch den Heiland Jesus Christus zu entziehen sucht, die das Fundament der christlichen Lehre bildet, befindet er sich zum göttlichen Gesetz im maximalen Widerspruch.
Mittelalter
Im Mittelalter wurde die Magnanimitas in Teilen der Kultur erneut aufgewertet und erhielt vorübergehend etwas von dem Glanz zurück, den sie in der Antike besessen hatte.
Einen Beitrag dazu leistete im 13. Jahrhundert Thomas von Aquin, der sich wie kein anderer Kirchenlehrer um eine Versöhnung des christlichen Denkens mit dem der Griechen bemüht hat. Thomas stand zwar in der Tradition Augustinus’ und hielt ‒ mit Jesus Sirach 10.15 ‒ den Stolz (superbia) für den Ursprung aller Sünde. Das Fundament für das christliche Stolzverbot erblickte er in den Zehn Geboten, von denen bereits die ersten vor allem den einen Zweck verfolgen: den Menschen dem Willen Gottes zu unterwerfen, damit er Gottes Gesetz erfülle.0 Andererseits unterschied Thomas klar zwischen superbia und der aristotelischen magnanimitas (Hochherzigkeit), wobei er der Hochherzigkeit nunmehr eine christliche Deutung verlieh: „Wenn Gott einem Menschen das Geschenk einer Tugend mache und ihn großer Dinge für wert halte, dann sei es Sache des betreffenden Menschen, Gottes Geschenk gerecht zu werden und nach einem guten Gebrauch der Tugend zu streben.“ Ein Mensch, der hochherzig eine Tugend umzusetzen suche, könne ‒ wenn er sich seiner eigenen Mängel bewusst ist ‒ gleichzeitig Demut empfinden. Hochherzigkeit und Demut bilden insofern keinen Gegensatz.
Im Mittelhochdeutschen erschien ‒ als Lehnübersetzung der Magnanimitas ‒ erstmals das Wort hôchmuot. Der Wortbestandteil