Blind Date in Paris. Stefanie Gerstenberger. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Stefanie Gerstenberger
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Учебная литература
Год издания: 0
isbn: 9783401808475
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      Stefanie Gerstenberger

      Marta Martin

      Blind Date in Paris

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       Ava und der Junge in Schwarz-Weiß

      Stefanie Gerstenberger und Marta Martin sind Mutter und Tochter und legen mit Blind Date in Paris ihren fünften gemeinsamen Roman vor. Stefanie Gerstenberger wurde 1965 in Osnabrück geboren und studierte Deutsch und Sport. Nach Stationen in der Hotelbranche und bei Film und Fernsehen begann sie, selbst zu schreiben. Ihre Italienromane sind hocherfolgreich.

      Marta Martin, geboren 1999 in Köln, ist eine junge Nachwuchsschauspielerin und wurde durch ihre Rolle in »Die Vampirschwestern« bekannt. Die beiden leben in Köln.

      1. Auflage 2019

      © 2019 Arena Verlag GmbH, Würzburg

      Alle Rechte vorbehalten

      Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur

      Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover.

      Umschlaggestaltung: Uta Krogmann, unter Verwendung eines

      Fotos von © Getty Images/AleksandarNakic

      Innenvignetten: Uta Krogmann

      Vektorgrafiken: PinkPueblo/Shutterstock

      E-Book-Herstellung und Auslieferung: readbox publishing, Dortmund, www.readbox.net

      E-Book ISBN 978-3-401-80847-5

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      Ich hatte hingeschaut!

      Es war nur ein Versehen, aber es war nun mal passiert.

      Völlig in Gedanken war ich am Zug entlanggelaufen und hatte einen Blick in die verspiegelte Fensterscheibe geworfen. Oh, bitte nicht! Sofort hatte ich den Blick wieder abgewandt. Ich sah immer noch so schrecklich aus wie an diesem Morgen, als ich in Bremen in den Zug gestiegen war. Natürlich. Was hätte sich auch ändern sollen?

      Ich biss die Zähne zusammen und sah mich hektisch um. Gleis 6! Wo war Gleis 6? Wenn der Zug nur nicht diese verdammte Verspätung gehabt hätte. Nun wurde es knapp. Meine Augen irrten über den Bahnsteig auf der Suche nach dem blauen Schild mit der verdammten Zahl darauf. Endlich entdeckte ich es. 10! Der Zug war auf Gleis 10 eingelaufen, ich musste also erst einmal die Treppe hinunter. Wo war die Treppe? Da vorne vermutlich, wo die Menschenmenge sich staute. Noch sieben Minuten, das schaffst du, beruhigte ich mich. Du bist schon in unzähligen Städten gewesen, du bist viel gereist, kein Grund, so nervös zu werden. Einen kleinen Moment kam ich mir dennoch verloren vor, so allein in dieser riesig hohen Halle mit den vielen Menschen um mich herum, die alle zielstrebig aussahen und irgendwohin wollten. Der rote Koffer rollte neben mir, der Rucksack drückte auf meinem Rücken. Alles in Ordnung, alles richtig gemacht, Gleis checken, wissen, wo man hinwill, Gepäck immer schön dicht bei sich halten, wegen der Taschendiebe, hörte ich Papas Stimme in meinem Kopf. Unzählige Städte, unzählige Turnhallen, ebenso viele Pokale – und dennoch hatten wir immer Zeit gehabt, die Sehenswürdigkeiten zu besichtigen und uns umzuschauen. Meine Trainerin legte viel Wert darauf, dass wir in der Gruppe zusammenhielten, gleichzeitig sollten wir aber auch selbstständig sein. So ein Sport ist doch die beste Vorbereitung auf das Leben, sagte Papa immer. Der Koffer schlug schwer gegen mein rechtes Bein, als ich ihn die Stufen hinunterwuchtete, ich heftete meinen Blick auf meine Füße in den Nikes. Jetzt bloß nicht umknicken oder an den Kanten abrutschen, nicht noch ein Unfall!

      Die Leute, die mir auf der Treppe entgegenkamen, sahen mir ins Gesicht – auch ohne hinzuschauen, bemerkte ich das. Ja, glotzt nur. Sieht blöd aus, ich weiß! Nein, es war keine Schönheits-OP! Gott sei Dank waren Sommerferien, in die Schule musste ich also nicht mehr. Aber da, wo ich hinfuhr, würde es auch nicht besser sein.

      Tante Aurélie hätte mich eigentlich am Hauptbahnhof treffen sollen, weil sie zufällig an diesem Tag in Köln etwas zu tun hatte, zusammen wären wir dann in den Thalys nach Paris gestiegen. Das war der Plan, aber dazu würde es nicht kommen. Auf der Höhe von Hagen hatte ich eine endlose und wirre Nachricht erhalten, die mit Ma chérie! begann. Ich hatte nicht alles verstanden, warum war mein Französisch denn auch so verdammt schlecht? Was ich kapiert hatte: Tante Aurélie war noch in Paris, würde also nicht vor dem Dom stehen. Mais oui, bien sûr, hatte ich in meinem miesen Französisch zurückgeschrieben, schaffe ich auch so, die Tickets habe ich ja. Warum hatte ich Papa eigentlich nie geantwortet, wenn er als Kind mit mir Französisch gesprochen hatte? »So eine verpasste Chance«, sagten die neuen Mütter beim Training, wenn sie an Papas Akzent erkannten, dass er Franzose war. Tja, diese Chance hatte ich also auch verschwendet. Irgendwann hatte er das mit der Zweisprachigkeit dann bei mir aufgegeben.

      Mein Herz klopfte schneller, jetzt war ich doch ein bisschen aufgeregt. Noch sechs Minuten bis zur Abfahrt. Wenn ich doch erst im Zug auf meinem reservierten Platz saß, ab da würde alles gut! Vom Gare du Nord sollte ich ein Taxi nehmen, in die Rue … keine Ahnung. Aurélie hatte mir die genaue Adresse per WhatsApp geschrieben, sie liege krank in ihrer Wohnung, unfähig, auch nur einen Schritt nach draußen zu machen. Schaffst du das? »Klar, schaffe ich das«, sagte ich vor mich hin. Erzähl es aber nicht Matthieu, hatte die Tante mich gebeten.

      Ich kannte Aurélie nicht besonders gut, das letzte Mal hatte ich sie mit acht Jahren gesehen. Sie schien aber ebenso viel Respekt vor ihrem älteren Bruder zu haben wie ich vor meinem Vater. Kein Wunder, er konnte sich wirklich ganz schön aufregen. Unnötig also, ihm die Sache mit dem Alleine-Umsteigen in Köln zu erzählen. Nicht dass er es mir nicht zugetraut hätte, er mochte es einfach nicht, wenn Verabredungen nicht eingehalten wurden.

      Endlich, Gleis 6! Keuchend wuchtete ich den Koffer die Stufen empor. Meine Nase und der ganze Kopf taten bei jedem Aufwärtsschritt weh, aber das war egal, denn hier stand er ja schon! Erleichtert lief ich auf das Dunkelrot des Zuges zu, der ganz vorne am Gleis stand. Es sah fremd, französisch und gleichzeitig abenteuerlich aus. Ich kontrollierte zur Sicherheit noch einmal die Anzeigetafel. Paris. Gare du Nord. Abfahrt 12: 20, stand dort oben. Ich war richtig, hatte es geschafft. Das erste Mal seit dem Unfall durchzuckte mich so etwas wie Freude. Ich fuhr nach Paris!

      Die letzten Wochen waren echt … schwierig gewesen. Papa hatte sich erst totale Sorgen um mich gemacht, aber nur kurz, dann getobt und gebrüllt und später kaum noch mit mir gesprochen. Das hatte ich anscheinend (wie auch seine dunklen Augen) von ihm geerbt: Wenn eine Enttäuschung richtig fett und groß war, schnürte sie mir einfach die Worte ab. Ich hastete am Zug entlang, mein Blick huschte über die Waggons.

      »Immer langsam, Mademoiselle, wir nehmen Sie schon noch mit! In welchen Wagen müssen Sie denn?«

      Ach typisch, ich rannte hier wie ein kopfloses Huhn herum und wusste noch nicht mal die Wagennummer. Hastig nahm ich den Rucksack ab, holte die ausgedruckte Seite hervor und reichte sie dem Schaffner, ohne ihn dabei anzuschauen. Vielleicht fiel ihm dann nicht so auf, wie entstellt ich war. Der Typ räusperte sich nur und tat so, als bemerke er nichts: »Zwei Plätze im Waggon nümmero 28, da sind Sie schon dran vorbei!« Plötzlich schob er das Kinn vor und fragte mit seinem französischen Akzent: »Und Maman oder Papa kommen noch?«

      »Nein.« Ich schaute noch immer auf den grauen Boden. Neben meinem Fuß flatterte eine Papiertüte von McDonald’s davon. »Hat nicht geklappt.«