Wainright jagte kurz entschlossen eine Kugel in seine Richtung, aber er duckte sich, presste sich dicht an den Hals seines Pferdes und preschte dann davon.
Dann sahen sie nur noch eine große Staubwolke, die sich zusehends entfernte!
"Diese Teufel...", murmelte Wainright.
Laura Barrington wirkte in sich gekehrt.
"Dafür werden sie bezahlen", flüsterte sie. "So wahr ich hier stehe, aber das soll ihnen nicht durchgehen!"
13
Farleys Besuch bei McCann, dem Sheriff von San Pablo, war nicht sehr erfolgreich gewesen.
Einen Mann, dem ein halbes Ohr fehlte, hatte er nie gesehen, aber Farley war sich nicht sicher, ob McCann die Wahrheit sprach.
McCann war ein Sheriff, der schon etwas in die Jahre gekommen war und Farley konnte sich untrüglichen Eindrucks nicht erwehren, dass er Angst hatte.
Es war nun ein Gefühl, nicht mehr, aber Farley glaubte nicht, dass es ihn trog.
McCann hatte sich den Steckbrief nicht einmal richtig angesehen.
Es schien, als wollte er Farley überhaupt nicht helfen und als sei es ihm unangenehm, mit dieser Sache belästigt zu werden.
Nachdem er mit McCann gesprochen hatte, wollte Farley noch auf einen Drink in den Saloon.
Vielleicht erfuhr er hier mehr, auch wenn um diese Tageszeit wahrscheinlich noch nicht allzu viel dort los war.
Mehr als auf ein paar unentwegte Zecher würde er kaum treffen, aus Erfahrung wusste er, dass gerade die oft sehr dankbare und auskunftsfreudige Gesprächspartner waren.
Farley hatte sich gerade in Sattel geschwungen, um die wenigen Meter nicht zu Fuß zurücklegen zu müssen, da kam ein Fuhrwerk in die Stadt gerattert.
Der Kutscher fuhr wie der Teufel und vor dem dem Büro des Sheriffs zog er dann die Bremse und sprang ab.
"McCann!"
Er platzte in die Tür hinein und ließ sie offen, so dass Farley mithören konnte, was drinnen gesprochen wurde.
"Bei der Barrington-Ranch geht eine riesige Rauchfahne in den Himmel und es wird herumgeballert! Da ist was Übles im Gange, sag' ich Ihnen, Sheriff!"
"Nun beruhigen Sie sich erst einmal..."
"Beruhigen? Da tobt eine regelrechte Schlacht!"
Sie kamen zusammen heraus, aber McCann wirkte sehr langsam, fasst ein bisschen apathisch.
Er schien es nicht sehr eilig zu haben.
Als er Farley sah, veränderte sich sein Gesicht ein wenig.
Es gefiel ihm offensichtlich überhaupt nicht, dass der Marshal noch hier war.
"Na, McCann? Schätze, jetzt wird's Zeit, etwas zu unternehmen, finden Sie nicht? Oder tragen Sie das Abzeichen dort an Ihrer Brust nur als Blechschild gegen verirrte Kugeln?"
McCann bleckte die Zähne. Seine Nasenflügel bebten vor Erregung, aber er verkniff sich eine Antwort.
Er blies erst einmal kräftig Luft durch die Nase.
"Reiten Sie mit, Farley, oder haben Sie nur eine große Klappe?", meinte er dann.
"Ich reite mit."
14
Laura Barrington stand vor den lodernden Ruinen ihrer Ranch.
Tränen rannen ihr über das glatte Gesicht und es gab nichts, was sie dagegen tun konnte. Mit der Hand wischte sie sich über die Augen.
Wainrights Gesicht war finster.
Er hatte den Toten die Augen geschlossen und jetzt stand er mit geballten Fäusten da und hatte ebenfalls feuchte Augen.
Er fühlte ohnmächtige Wut.
"Das werden sie büßen", flüsterte er immer wieder vor sich hin. "Das werden sie büßen!"
Es war wie ein schlechter Traum, aber in diesem Fall gab kein Erwachen.
Laura schluckte und als die dann aufblickte sah sie zwei Reiter herankommen.
Der eine war Farley, der andere McCann.
Farley ließ den Blick kurz über das angerichtete Chaos schweifen, stieg dann aus dem Sattel und trat an die Rancherin heran.
"Wir sind wohl zu spät gekommen...", murmelte er und fühlte sich nicht sehr wohl in seiner Haut.
"Ja", brachte sie fast tonlos heraus.
Sie sah ihn mit ihren traurigen, rotgeweinten Augen an und es fiel ihm in diesem Moment schwer, diesem Blick standzuhalten.
Ich hätte hier sein müssen!, schoss es ihm durch den Kopf, obwohl er wusste, dass das ein absurder Gedanke war. Er hatte den Angriff der Bande ja schließlich nicht voraussehen können...
"Wir warten noch auf den jungen Mickey", erklärte Wainright, der sich unterdessen wieder etwas gefasst hatte.
"Er muss jeden Moment mit der Mannschaft eintreffen... Dann werden wir uns auf die Jagd machen!"
Er verzog das Gesicht zu einer Maske unbändigen Zorns.
Farley konnte ihn gut verstehen.
Das Furchtbare, was hier geschehen war, stellte selbst das in den Schatten, was man Rogers, dem Mann mit dem halben Ohr zur Last legte.
Nach einer Pause fragte Wainright: "Kommen Sie mit uns, Marshal? Schätze, das ist jetzt Ihr Job, oder nicht?"
Farley nickte.
"Ja."
In der Ferne tauchte Mickey auf. Er ritt, als ob der Teufel nur ein Pferdelängen hinter ihm her war.
Wainright runzelte die Stirn.
"Wo sind die Männer?", fragte er aufgebracht, als Mickey herangekommen und aus dem Sattel gesprungen war.
"Sie sind tot", sagte Mickey.
Man konnte ihm ansehen, wie schwer es ihm fiel, das zu sagen.
"Was?"
Wainright packte ihn an den Schultern und Mickey wich seinem Blick aus und sah zur Seite.
"Sie haben sie einfach über den Haufen geschossen..."
"Und die Herde?"
"Ist nicht mehr da."
"Die ganze Herde?"
"Ja. Als ich kam, war schon alles vorbei. Ich fand nur noch die Toten und Spuren einer Rinderherde, die weggetrieben wurde."
15
Von der Barrington Ranch war kaum mehr geblieben, als ein paar verkohlte Ruinen. Es würde lange brauchen, bis alles wieder aufgebaut war.
Aber zunächst galt es, sich an die Spur der Banditen zu heften.
"Wir werden erst nach San Pablo reiten müssen, um ein Pferd für Sie, Wainright, zu besorgen!", meinte Farley.
Sie würden dadurch zwar etwas an Zeit verlieren, aber Farley konnte kaum ohne Wainright reiten. Er brauchte Verbündete, auf die er sich einigermaßen verlassen konnte.
Es mit dieser Bande aufzunehmen, war an sich schon Wagnis genug. Man musste den Bogen ja nicht überspannen.
Wainright nickte.
"Diese Hunde haben jeden Gaul mitgenommen!"
"Ich werde ebenfalls mitkommen!", erklärte Laura Barrington mit entschlossen klingendem Tonfall.
Farley