„Der Boss hat mir sämtliche Vollmachten erteilt. Eventuelle Konsequenzen wird die Zentrale in San Francisco tragen. Jedenfalls habe ich den Auftrag, sofort die Verfolgung der Waffenhändler aufzunehmen.“
„Siehst du, Carringo“, meldete sich Henry Duncan, „das gefällt mir so an Mister Hume. Obwohl er weit weg vom Schuss sitzt, drückt er sich nie vor klaren Aussagen. Er lässt seine Mitarbeiter nicht hängen, indem er sich bei kitzligen Angelegenheiten windet.“
Damit hatte er recht. Obwohl James B. Hume mich nie in ein enges Korsett von Vorschriften und Anordnungen presste, die meine Handlungsfreiheit beeinträchtigt hätten, war er doch stets ein Mann des klaren Wortes, in dem ich notfalls einen zuverlässigen Rückhalt fand.
Es war also schon wieder soweit. Kaum dass ich zu Hause eingetroffen war, musste ich auch schon wieder fort. Ich hatte mich so sehr auf Manuela und die Kinder gefreut, nachdem ich wochenlang unterwegs gewesen war, doch es waren mir nur wenige Stunden vergönnt gewesen.
Andererseits war ich froh, dass ich den Halunken das Handwerk legen sollte. Diese illegalen Waffenhändler waren eine üble Plage. Durch ihre gewinnsüchtige Tätigkeit halfen sie, überall neue Brandherde zu schüren. Sie sorgten dafür, dass die ohnehin schon Starken noch stärker und die Unterdrückten völlig vernichtet wurden. dass sie dabei selbst noch über Leichen gingen, kennzeichnete ihre Rücksichtslosigkeit, von der ich bereits eine kleine Kostprobe erhalten hatte.
„Wir werden in südwestliche Richtung reiten müssen“, sagte Chaco und massierte mit grimmigem Gesicht seine geschundenen Körperpartien.
„Wir?“, fragte ich scheinheilig.
Der Kerl grinste mich an.
„Dachtest du, ich lasse dir diese fette Beute allein? Schließlich habe ich noch eine kleine Rechnung zu begleichen.“
„Slinger?“
„Genau! Die kleine Laus wird noch gern in unserem Jail sitzen und nicht mehr daran denken, harmlose Leute halb tot zu reiten.“
„Woran mag es liegen, dass du mir nie einfällst, wenn ich an harmlose Leute denke?“
Chaco warf mir einen drohenden, aber freundschaftlichen Blick zu. Wir verstanden uns, und ich freute mich, dass er mit von der Partie sein würde, wenn er auch nicht gerade den Eindruck eines vollwertigen Partners erweckte, wie er mühsam durch das Office humpelte und alles Notwendige für den Aufbruch vorbereitete.
Doch ich ließ mich nicht täuschen. Chaco war ein Bursche, den sein Schicksal gehärtet hatte. Er würde erst aufgeben, wenn sechs Fuß Erde über ihm lagen. Und das war gut so.
Als Manuela mich sah, brauchte ich kein Wort zu sagen. Sie wusste auch so, dass dieser Morgen bereits wieder den Abschied brachte. Tapfer versuchte sie, ihre Enttäuschung zu verbergen. Sie war eine prächtige Frau, und sie war klug. Sie wusste, dass sie sich nun mal für einen Mann entschieden hatte, dessen Beruf ihn weder hinter einem Schreibtisch hocken noch ein Stückchen Land dicht beim Haus bearbeiten ließ.
„Wird es lange dauern?“, fragte sie lediglich.
Ich nahm sie in den Arm und gab ihr ein Versprechen, von dem ich hoffte, dass ich es auch würde halten können: „Nicht lange. Die Männer, hinter denen ich her bin, sind vermutlich im südwestlichen Teil von Arizona zu finden.“
Sie erschrak.
„Das ist dicht bei der Grenze. Dort herrschen stets Unruhen.“
„Kein Grund für dich, ebenfalls unruhig zu sein. Chaco passt schon auf mich auf.“
„Ehrensache“, sagte Chaco, der schon auf mich wartete. Manuela lächelte schmerzlich.
Wir waren an Abschied gewöhnt. Als ich mit Chaco aus der Stadt ritt, bemühte ich mich, jeden Gedanken an Manuela und die Kinder zu verdrängen. Jetzt musste ich meine ganze Kraft der vor mir liegenden Aufgabe widmen.
„Slinger ist ebenfalls nach Süden geritten“, erinnerte sich Chaco. „Vermutlich wird er wieder Kontakt mit den Waffenhändlern aufnehmen, weil er ihnen ja schon mal geholfen hat.“
Ich nickte, während ich Fox beschleunigte.
„Die Burschen haben in Rains ein Pferdegespann gekauft“, sagte ich. „Damit können sie noch nicht allzu weit sein. Wir müssen unbedingt versuchen, die Spur zu finden, bevor sie das Transportmittel wechseln, denn mit dem Kastenwagen werden sie kaum bis zur Grenze fahren.“
„Sicher nicht. Wenn wir erst mal die Spur haben, werden die Halunken uns nicht mehr abschütteln. Und Slinger wird sich sicher auch freuen, mich endlich wiederzusehen.“
„Wirst du einen schnellen Ritt durchstehen, Amigo?“
Chaco sah mich fast wütend an.
„So schnell wie du mit deinem Klepper bin ich sogar noch zu Fuß.“
Ich freute mich. Er war jedenfalls noch immer der Alte.
„Hast du das gehört, Fox?“, schrie ich dem Braunen ins Ohr. „Dieser Bandit hat dich einen Klepper genannt. Was sagst du dazu?“
Wie ein Pfeil schoss der Hengst vorwärts. Er hatte den Druck meiner Schenkel richtig verstanden. Chaco nahm die Herausforderung an, und es dauerte nicht lange, da jagten wir nebeneinander dahin.
4
So wild wie die Berge, so wild waren die Gesichter der Männer, die sich um Maxwell Hook scharrten. Henry Carter knetete seine riesigen Hände. Die gekrümmte Nase stach aus seinem Gesicht, als wollte er sich jeden Moment damit auf ein wehrloses Opfer stürzen.
„Jetzt hocken wir hier herum“, nörgelte er, „statt etwas Richtiges zu unternehmen.“
Maxwell Hook rieb sein unrasiertes Kinn. Es hörte sich an, als scheuere sich ein Esel an einem Kaktus. Aber der Anführer dieser skrupellosen Männer war kein Esel. Er war mit allen Wassern gewaschen, und was er sich einmal vornahm, das führte er auch durch. Egal wie. Einen Weg fand er immer, wenn es auch selten ein gerader war.
„Jedenfalls ist es besser, hier zu sitzen als in dem engen Loch in Cabeza Prieta“, erinnerte er, und die Männer stimmten ihm eifrig zu. „Es war Pech, dass uns das Aufgebot von Sheriff Brookson erwischte, als wir auf die Waffenladung warteten, die wir über die Grenze bringen wollten.“
„Und einen Mann haben wir außerdem dabei verloren.“ Fred Steel zeigte offen seine Wut auf diesen Sternträger, der ihnen derart ins Handwerk gepfuscht hatte.
„Ist nun unser Geschäft geplatzt?“, wollte John Millis wissen.
Maxwell Hook sah den bulligen Kerl zornig an.
„Wo denkst du hin, John? Der mexikanische Provinzgouverneur wird seine Gewehre erhalten, damit er damit seine Privatarmee ausrüsten kann. Die Aufständischen im Grenzgebiet bereiten ihm anscheinend ziemliches Kopfzerbrechen.“
„Dir nicht, Maxwell?“, fragte Al Burn. „Immerhin müssen wir die Waffen genau durch dieses Gebiet transportieren. Die Aufständischen werden sich denken können, für wen sie bestimmt sind und das gar nicht nett von uns finden.“
„Hast du Angst?“
Der Bursche mit der gepflegten Frisur und dem fast vornehm wirkenden Schnurrbart winkte empört ab.
„Angst? Was ist das? Aber so ein tollwütiger Haufen ist nicht zu unterschätzen.“
„Was soll das Gequatsche?“, warf Henry Carter ein. „Erst müssen wir die Ladung doch mal haben, bevor wir sie über die Grenze schaffen, und ich könnte mir vorstellen, dass es nicht gerade günstig ist, wenn wir wieder unseren alten Treffpunkt aufsuchen.“
„Natürlich nicht“, bestätigte Maxwell Hook. „Wenn wir Pech haben, werden wir dort noch einmal geschnappt. Der Marshal von diesem Nest hat