Diese Offenheit ist die Haltung des Glaubens: Ihr korrespondiert das aufnahmebereite Herz, die Achtsamkeit des Geistes, die hörenden Ohren und die geöffneten, zum Empfang bereiten Handflächen. Mit ihnen schöpfen wir aus der Quelle des lebendigen Wassers, dessen Strom sich zum Meer des ewigen Lebens hin weitet. Dann erkennen wir, dass ein anderer für uns sorgt, und dass er unser Leben auf eine Weise erfüllt, wie wir das nie könnten: Ich weiß, dass der Messias kommt, der da Christus heißt. Wenn dieser kommt, wird er uns alles verkündigen. Jesus spricht zu ihr: Ich bin 's, der mit dir redet. - Vielleicht ist es Zeit, ihm jetzt zu antworten.
B: Gruppen-Workout
C. Isotonisches zur Wegzehrung
1. Glaube leistet sich kindliche Lebenszuversicht (Mk 9,33-37)
Willkommen in der Leistungsgesellschaft! Das bekommt auch Jesus zu spüren, als er seine Nachfolger auf seinen Weg ins Leiden vorbereiten will. Die Jünger verstehen ihn überhaupt nicht. Die Leistungsgesellschaft ist taub für Ohnmacht und Leiden. Sie ist nicht zufällig erstaunlich inkompetent für die Belange des Menschen am Anfang und Ende seines Lebens. Die Ohnmacht des Alters möchte sie deshalb gerne mit milder Spritze entsorgen. Und auch die Kinder unterliegen als künftige „Human Resources“ für den Arbeitsmarkt den Ökonomierungsmechanismen einer leistungsorientierten Politik.
Welchen Code nutzt du, um das Muster des Lebens zu entschlüsseln?
Folgerichtig diskutieren die Jünger in dem Paradigma, das die Leistungsgesellschaft vorgibt: Wer hat am meisten zu bieten? Wer ist der Größte? Wer hat die meisten Kapazitäten, in diesem Schema seine Vitalität auszubreiten?
Es geht bei dem Gegensatz zwischen Jesus und seinen Jüngern um nicht mehr und nicht weniger, als um das, was das Leben eigentlich ausmacht und nach welchen Spielregeln es funktioniert. Die zugrunde liegende Regel ist das, was die Bibel Glauben nennt: Worauf verlässt du dich? Welchen Code nutzt du, um das Muster des Lebens zu entschlüsseln?
Um den Gegensatz zu veranschaulichen und seine Überzeugung zu verdeutlichen, stellt Jesus ein Kind in ihre Mitte. Denn: Das Kind ist in all seiner Zerbrechlichkeit doch ein Bollwerk gegen jede Leistungs- und Anspruchsmentalität. Es hat keinerlei besondere Fähigkeiten, Qualitäten oder Expertise und doch gleichzeitig die im Sinne des Leistungsgedankens befremdliche „Fähigkeit“, jederzeit in dem Gefühl zu leben, von jedermann angenommen zu sein. Der Papa mag sich gerade mit Kanzlerin, Wirtschaftsweisen und der Fußballnationalmannschaft zusammen im wichtigsten Meeting der Welt befinden. Völlig egal! Der Sohnemann wird reinkommen und fragen, ob er ihm die Jacke zumacht. Und wenn die Kanzlerin eine komische Frisur hat - der Kleine wird keine Sekunde zögern, sie darauf anzusprechen. Statusfragen? Völlig uninteressant! Mit Rotznase vor so wichtigen Leuten? „Ei, warum denn nicht?! Irgendeiner von denen wird sie mir schon abwischen…“
Das Kind lebt in einem anderen Paradigma. Es deutet die Welt ganz anders. Und wenn Jesus den Jüngern sagt, dass sie die Kinder in ihre Welt, auch ihre Denkwelt aufnehmen sollen, dann wird bei den Jüngern der Groschen fallen: „Wir haben ja auch einmal in dieser Freiheit gelebt. Wir waren ja auch einmal frei von diesem Denken, dass man sich sein Leben und seine Stellung erst verdienen muss, und dass man angeblich solange an seinen Defiziten und all dem Unfertigen leiden wird, bis es ausgemerzt ist.“
Das Credo: „Ich leiste, also bin ich“ ist ein Erwachsencredo. Es führt nicht zum Leben, sondern allenfalls in den Hitzetod, ins „Burnout“.
Und zu glauben, bedeutet dann, zu merken, dass wir wieder der werden können, der wir ursprünglich eigentlich sind. Nicht leistungsfeindlich, das ist das Kind ja auch nicht. Es freut sich ja, wenn sein Turm nicht einstürzt und es ihn heute höher gebaut hat als jemals zuvor. Aber es kommt nicht auf den tödlichen Gedanken, die erbrachte oder nicht erbrachte Leistung mit dem Wert seiner Person in Verbindung zu bringen. Das Credo: „Ich leiste, also bin ich“ ist ein Erwachsencredo. Es führt nicht zum Leben, sondern allenfalls in den Hitzetod, ins „Burnout“.
Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, so werdet ihr das Reich Gottes nicht erben, sagt Jesus an anderer Stelle. Leistungs- und Verdienstmentalität sind keine (Er-)Lösungsstrategien. Sie lösen nicht die Frage, die der menschlichen Existenz gestellt ist. Leben gelingt nur da, wo Menschen sich dem Widerfahrnis des Lebens in dem Vertrauen öffnen, dass darin eine wohlwollende Wirkkraft begegnet. Diese nennen religiöse Menschen „Gott“.
Uns fehlt der Glaubensmut der Kinder! Kinder haben die Fähigkeit, sich selbstverständlich lieben zu lassen. Darin sind sie uns Vorbild.
Die Schwierigkeit besteht nun aber darin, dass wir uns durch Enttäuschungen und Verletzungen hindurch angewöhnt haben, das verlorene Vertrauen in das Leben zu ersetzen durch Weltklugheit, sog. Nüchternheit, im schlimmsten Fall Zynismus. Damit reagieren wir aber nur auf eine Verschleißerscheinung, kompensieren eine verlorene Fähigkeit: Uns allen erlebten Widrigkeiten zum Trotz dem Geheimnis des Lebens anzuvertrauen, das uns liebend begegnet.
Uns fehlt der Glaubensmut der Kinder! Kinder haben die Fähigkeit, sich selbstverständlich lieben zu lassen. Darin sind sie uns Vorbild. Das Kind spottet dem Grunddogma dieser Welt: Ich bin, wenn ich erfolgreich bin.
Der Lebensstil Jesu entspricht diesem kindlichen Paradigma: Ich bin geliebt, also bin ich. Aus dieser Freiheit entspringt die Kraft der Hingabe, die Jesus in die Passion führen wird, die ihn aber deshalb nicht abschreckt, weil er sich als Kind seines Vaters im Himmel weiß, der sein Leben trägt und erhält - selbst an der Grenze des Todes, die nur nach menschlichem Ermessen nicht überschritten werden kann. In dieser Kindschaft liegt das ganze Geheimnis wahrhaft erwachsenen Glaubens: Nur wer sich ohne eigene Leistungen bei Gott angenommen weiß, ist im wirklichen Leben angekommen, wie es aus Gott entspringt. Das „Reich Gottes“ entspricht diesem Masterplan des Lebens. Und wer aus der Liebe lebt, statt durch Leistung dem Leben etwas abringen zu wollen, der wird für diese ursprüngliche Bestimmung des Lebens sozusagen „resozialisiert, in der man in kindlicher Lebenszuversicht an den Vater „glaubt“ und darauf vertraut, dass das Leben so gelingen wird.
2. Glaube erwächst aus einer begründeten Hoffnung (Mt 14,22-34)
Wenn man mit Menschen spricht, die dem Glauben gegenüber zwar aufgeschlossen sind, aber bisher keinen Zugang dazu gefunden haben, sagen die nicht selten: „Das ist schon beneidenswert, wenn man solch einen inneren Kompass hat und sich von einer größeren Wirklichkeit getragen weiß.