Nein. Cristiana hatte heftiger als er darauf bestanden, dass sich zwischen ihnen nichts Ernstes entwickeln sollte. Sie hatte nicht versucht ihn aufzuhalten und ihm gegenüber nie Gefühle eingestanden. Sie hatten sich auf eine Affäre eingelassen – nichts weiter. Und sie hatten in diesem Arrangement beide bekommen, was sie wollten.
Es blieb nur eine einzige Erklärung. Cristiana war im Leben weiter vorangeschritten, wie alle seine verflossenen Geliebten es getan hatten. Adam würde sie aus seinen Gedanken verbannen und anderweitig Ablenkung finden.
Er ritt in die Stadt und fand im »Schwert mit der weißen Rose« einen Zufluchtsort vor seinem Onkel. Adam ließ sich auf einen Stuhl an einem Ecktischchen sinken. Das Gasthaus des Ortes mit seiner Schenke wäre der perfekte Ort, um an einen kräftigenden Drink zu kommen und eine warme Frau zu finden. Noch wichtiger – Danby würde hier nicht nach ihm suchen.
Es dauerte nicht lange, ehe ihm eine korpulente Magd über den Weg lief. Adam hieß sie gemeinsam mit seinem zweiten Glas Whisky willkommen. Jetzt räkelte sie sich auf seinem Schoß und weckte sein Verlangen. Er ließ den verbleibenden Whisky im Glas kreisen, dann stürzte er ihn hinunter, bevor er ihr ins Ohr flüsterte: »Wie wär’s, wenn wir
uns nach oben zurückziehen?«
Sie wandte sich ihm zu. Ihre Rehaugen erwiderten seinen Blick und sie kicherte.
»Aber gern.«
Er schob sie von seinem Schoß und gab ihr einen Klaps auf den Hintern. Dann
stand er auf, legte ihr einen Arm um die Taille und führte sie auf die Treppe zu, wobei sie sich ihren Weg um andere Tische herum und an Gästen vorbei bahnten. Gespräche erfüllten die Gaststube und es erklangen einige betrunkene Gesänge. Aber er schenkte dem Ganzen keine Beachtung. Seine Aufmerksamkeit war nur auf Eines gerichtet – darauf, das hübsche Ding an seiner Seite ins Bett zu bekommen.
Sie hing kichernd an seinem Arm und warf ihm vieldeutige Blicke zu, während sie sich ihren Weg bahnten. Als sie die Treppe erreichten, erstarrte er. Ein Gespräch ganz in der Nähe erweckte sein Interesse.
»Mary hat mir erzählt, dass es das Baby von Lady Kendal ist«, sagte die Stimme eines Mannes.
Hatte er richtig gehört? Cristiana hatte ein Kind? Er schüttelte den Kopf, dann richtete er seine volle Aufmerksamkeit auf das Gespräch.
»Wer ist Mary?«, fragte eine tiefere Stimme.
Adams Begleiterin zog an seinem Arm. »Nun kommt schon.«
»Schhh.« Adams Blick suchte nach den ins Gespräch vertieften Männern,
während er fortfuhr zu lauschen. Sie trugen die typische Kleidung der einfachen Leute und saßen an einem Tisch in der Nähe. Der eine von ihnen war kräftig und hatte braunes Haar, der andere war schlank und blond. Wer waren sie und worüber unterhielten sie sich? Welches Baby?
»Mary ist eine Magd der Lady«, antwortete der Braunhaarige. »Sie ist zufällig auch die Frau, um die ich werbe.«
»Wer ist dann der Vater?«
Der Braunhaarige nahm einen Schluck und lehnte sich dann etwas vor. »Das kann niemand außer der Lady mit Sicherheit sagen«, sagte er mit leiser Stimme. »Mary hat mir erzählt, es sei die uneheliche Tochter eines Verwandten des Duke of Danby.«
Der andere Mann gluckste. »Kannst du dir vorstellen, was der Duke dazu sagen
würde?«
»Er würde einer dieser besonderen Genehmigungen hervorzaubern und eine
Heirat verlangen.« Der Braunhaarige lachte.
Adam hatte mehr als genug gehört und löste die Hand der Frau von seinem Arm.
Er bemerkte ihren verwirrten Blick. »Ein andermal«, sagte er.
Sie verzog ihre verführerischen Lippen zu einem Schmollmund. »Da kann ich
vielleicht nicht.«
Er trat einen Schritt auf die Männer zu. »Das mag schon sein, aber es gibt da
etwas, um das ich mich kümmern muss.« Er drehte sich auf dem Absatz um, trat an den Tisch der Männer und griff sich den Stuhl zwischen ihnen.
Der Blonde verengte die Augen. »Wir haben Euch nicht gebeten, Euch zu uns zu setzen.«
Adam starrte ungerührt mit verengten Augen zurück. »Das hat Eure Unterhaltung getan. Lasst uns irgendwo hingehen, wo es ruhiger ist.«
»Ich glaube kaum«, erwiderte der Braunhaarige.
Adam versuchte eine andere Strategie. »Ich werde Euch für die Informationen bezahlen, die ich will.«
»Wie viel?« Der Blonde musterte Adam.
»Ein Pfund.« Adam griff in seine Tasche und warf eine Ein-Pfund-Note auf den Tisch.
Der Blonde griff danach, aber sein Begleiter hielt ihn zurück und packte seine Hand auf halbem Wege, bevor er Adam ansah. »Ein Pfund für jeden, oder wir sagen Euch gar nichts.«
Adam lehnte sich zurück und täuschte Langeweile vor. »Scheint mir ganz schön teuer, wenn ich noch nicht mal eine Garantie dafür habe, dass die Informationen relevant sind.«
»Seid Ihr mit dem Duke verwandt?«, fragte der Blonde.
»Habt ihr Zeit mit Lady Cristiana verbracht?«, fügte der Braunhaarige hinzu. Adam sah zur Tür. »Ein Pfund für jeden, wenn wir die Unterhaltung draußen
fortsetzen.«
»Wie Ihr wünscht, aber bezahlt uns zuerst«, verlangte der Braunhaarige.
Adam erhob sich und warf eine weitere Ein-Pfund-Note auf den Tisch. Die Männer ergriffen die Scheine gierig, bevor sie ihm nach draußen folgten. Adam schlang seinen Mantel enger um sich, um sich vor der Winterkälte zu schützen, als er an ihnen vorbeitrat. Als keiner von ihnen sprach, starrte er sie unnachgiebig an. »Erzählt mir von dem Baby, von dem Ihr gesprochen habt.«
»Da gibt es nicht viel zu erzählen«, sagte der Blonde. »Die Lady ist einige Monate nach Weihnachten vor zwei Jahren verschwunden. Hat einige Zeit in Frankreich verbracht. Als sie zurückkam, hatte sie ein Neugeborenes bei sich.«
Adam machte einen Schritt auf den Mann zu. »Und die Gerüchte?«
»Das überlass ich ihm.« Der Blonde sah zu seinem Freund, der mit den Schultern zuckte.
»Sie hat behauptet, es sei ein Findelkind, dass sie adoptiert hätte.« Der Braunhaarige warf einen Blick auf die Tür des Gasthauses. »Alle schienen die Geschichte zu glauben.«
Adams Miene verfinsterte sich. »Was ist mit der Wahrheit?«
»Wahrheit?« Der Mann hob eine Augenbraue.
Adams Blut geriet in Wallung. Er machte einen Satz nach vorn, packte den Mann
am Kragen und stieß ihn gegen das Gebäude. »Lasst Eure Spielchen.«
»Eine ihrer Dienerinnen hat gesagt, sie sei bei der Geburt dabei gewesen. Es ist
kein Findelkind, sondern das Kind der Lady.« Der Mann wand sich. Adam packte ihn noch fester. »Und was ist mit dem Vater?« »Sie hat gesagt, es sei von einem von Danbys Neffen.« »Wie alt ist das Kind?«
»Woher soll ich das wissen?«
»Stellt eine Vermutung an.« Adam schüttelte ihn, bevor er ihn wieder gegen die Wand presste.
Der Mann starrte ihn mit aufgerissenen Augen an. »Ein Jahr vielleicht… etwas älter.«
Adam gefror das Blut in den Adern. Cristiana hatte ein Kind – sein Kind. Jetzt
ergab alles einen Sinn. Sie hatte sich verleugnen lassen, um ihr Geheimnis zu wahren. Wut stieg in ihm auf. Sein Herz pochte heftig. Er ließ den Mann los. Womit nahm sie sich das Recht, sein Kind vor ihm geheimzuhalten? Hatte sie wirklich geglaubt, er würde