Sie erlaubte es ihm gönnerhaft, und als er das Zimmer verließ, hörte er hinter sich Sandra zu Henriette reden: „Da siehst du mal, wie gut du es hast. Musst nicht erst um Erlaubnis fragen wie ein kleines Kind. – Wenn er fertig ist, kannst du dann gehen. Aber dabei bleibst du ein braves Hündchen!“ Falls es eine Antwort gab, bekam er diese nicht mehr mit, da er nun hinausgegangen war durch die gläserne Tür. Ja, doch, das mit der Leuchtreklame kam hin, so sah er in der Gästetoilette beim Blick in den Spiegel. Als würde er Werbung machen für ein Bordell. Aber nein, kein Bordell, denn Gerald bezahlte ja nicht. Wofür dann? Darüber wollte er jetzt lieber nicht nachdenken und konnte den Gedanken daran samt den dazugehörigen Bildern doch nicht mehr aus dem Kopf verscheuchen … Gründlich wusch er sich danach dort unten ab, rieb alles trocken mit einem weißen Handtuch, zupfte String und Negligé zurecht, guckte, ob die Schaumstoffeinlagen in den Körbchen des Korseletts richtig saßen, was sie taten, wie immer eigentlich – da läutete es an der Tür. Gerald? Was er zu tun hatte, wusste Daniel ganz genau, musste danach nicht erst die Herrin fragen, denn ganz eindeutig verlangten die Anweisungen, dass stets er die Tür zu öffnen habe, ohne erst auf eine Extraaufforderung zu warten. Vorsichtig machte er auf. Ja, Gerald!
Dieser musterte ihn ungeniert von oben bis unten. „Hübsch siehst du aus.“ Sachte schloss er die Tür hinter sich und zielstrebig ging er die zwei Schritte hin zum runden roten Teppich, auf dem Daniel wortlos niederkniete. Er brauchte nichts zu sagen, durfte es nicht einmal, musste den Gast auf andere Weise begrüßen. Kurz nur währte sein Zögern, dann zerrte er den Reißverschluss der Jeans herab, nestelte den halb aufgerichteten Penis hervor, betrachtete einen Moment lang, wie er zuckend in seiner Hand lag, umschloss ihn ohne weiteres Vorspiel mit seinen provozierend roten Lippen und begann an ihm zu lutschen, gierig fast, als hätte er tatsächlich auf ihn gewartet. Hinter sich hörte er ein leises Ächzen und ein schleifendes Geräusch, dann sah er aus den Augenwinkeln heraus Henriette auf allen vieren zur Gästetoilette krabbeln, nein, nicht wie ein Hündchen, eher wie ein gelenkiger flinker Käfer. Ihre Hand griff hoch zur Klinke, die Tür schwang auf und schloss sich hinter ihr, fast noch bevor sie hindurchgekrochen war.
Ein perplexes Murmeln Geralds ließ sich vernehmen. „Was war das?“
Daniel konnte keine Auskunft geben. Zu voller schwellender Größe war der Penis angewachsen, zitterte, pulsierte, barst schier vor Lust, noch tiefer sog er ihn in den Mund, schmiegte die Zunge dagegen, wollte es jetzt endlich haben. – Und bekam es im nächsten Moment, wurde überschwemmt von der klebrigen Flut, die heute nicht bitter schmeckte, nein, sondern süß und cremig, fast so gut wie bei Hubert oder vielleicht sogar noch ein bisschen besser. Ohne zurückzuweichen, schluckte er alles hinunter und saugte ihn dann weiter aus, um sich keinen einzigen Tropfen entgehen zu lassen, hätte ihn am liebsten aufgefressen in seiner Lust, war in seiner Seligkeit gar überzeugt davon, ihn zu lieben, und ließ ihn nur ungern von den Lippen gleiten, als sein Kopf sachte, aber unnachgiebig zurückgeschoben wurde.
Wohlwollend wuschelte Geralds Hand über sein Haar und fast ehrfürchtig klang seine Stimme herab. „Du machst das wunderschön.“
Das war ein Kompliment, das Daniel mit einem gewissen Stolz erfüllte, fast so, als hätte man ihm ein Talent zum Schreiben attestiert. Wie es sich gehörte, reinigte er den geschrumpften Penis mit anschmiegsamer Zunge und packte ihn dann in die enge Jeans zurück, hatte Probleme, den Reißverschluss hochzuziehen, schaffte es aber mit einigem Gefummel und durfte sich von den Knien erheben, während man in der Toilette das Rauschen der Spülung hörte. Gemeinsam betraten sie das Wohnzimmer, in dem Gerald von Barbara umarmt und dann Sandra vorgestellt wurde, die ihn überrascht beäugte, als hätte sie sich unter jemandem, dem Daniels Aufmachung gefiel, nur ein hässliches altes Scheusal vorstellen können und keinen attraktiven sympathischen Mann. Ausgelaugt ließ er sich aufs Sofa sinken und staunend schaute er zu, wie Henriette wieder hereingekrochen kam, ihren Platz auf dem Teppich einnahm, mit dem Gesicht dem Fenster zugewandt, und den Unterleib in die Höhe reckte. Barbara erklärte ihm, was es damit auf sich hatte, und seine Worte glichen den Gedanken, die Daniel bei der Aufklärung vorhin durch den Kopf gehuscht waren: „Ach, deshalb? Na, dann hat sie es nicht besser verdient.“
Nie hätte Daniel für möglich gehalten, dass Gerald einmal sein Geistesverwandter sein würde, so dachte er auf dem Weg in die Küche, in der er eine Kanne voll Kaffee aufsetzte. Beim Servieren fing er mit Sandra an, weil ihm diese am nächsten saß, beugte die Knie zu einem untertänigen Knicks und schenkte ihren Becher halb voll. Der Rest wurde mit Milch aufgefüllt, was er sehr vorsichtig tat mit der frisch geöffneten Milchtüte. – Aber nicht vorsichtig genug! Einmal zu kräftig angepackt und schon schwappte ein Schwall auf die weiß lackierte Tischplatte. Mist, verdammter! Konnte man die Milch denn nicht in ein geeignetes Gefäß füllen? Wäre das nicht stilvoller gewesen und praktischer auch? Doch durfte er nicht lamentieren, nicht klagen, nicht schimpfen, sondern musste etwas anderes tun: Er sank auf die Knie, stellte den Becher sachte zur Seite und leckte die ganze Sauerei gewissenhaft auf, bis nichts mehr davon übrig war.
Beeindruckt klang über seinen Kopf hinweg Sandras Stimme zu Barbara hinüber. „Schon krass, was du ihm alles beigebracht hast.“
Barbara hob den Becher an und schaute zu, wie seine Zunge die weißen Tropfen vom Boden tupfte. „Du lässt dir für deine Henriette ja auch so einiges einfallen.“
Damit hatten sich die Herrinnen genug beweihräuchert. Er durfte sich erheben, und schenkte mit einem braven Knicks auch Gerald und Barbara ein, was ihm unfallfrei gelang. Dann musste er sich wieder in die Ecke stellen, dieses Mal aber ohne an sich herumzuspielen, was er einerseits bedauerte, während er anderseits froh darum war, das Begehren nicht zu schüren und dann wieder verzweifelt eindämmen zu müssen.
Ein Gemurmel Geralds ließ sich vernehmen. „Hier wird ja mächtig Erziehungsarbeit geleistet.“ Dann klang er plötzlich grollend. „Hast du diesen verdammten Strafzettel eigentlich überwiesen?“
Barbara bejahte und es entbrannte eine kurze Diskussion um einen Zwanzigeuroschein, den er ihr zustecken, sie aber nicht haben wollte, da es doch nicht nötig sei, bis sie schließlich leicht genervt nachgab mit der seufzend vorgebrachten Bemerkung, dass es reichlich unsinnig sei, für eine solche Lappalie so viel Energie zu verschwenden. Das Gespräch drehte sich sodann um andere Dinge, ums Wetter, ums Fernsehen, um „Shades of Grey“, das Barbara gelesen hatte und mit der Begründung verriss, dass nur nichtsahnende Vanillas es mit BDSM verwechseln könnten. Und dann sagte sie, dass Daniel möglicherweise für eine oder zwei Wochen Gesellschaft bekomme.
Was hatte das denn zu bedeuten? Auch Gerald war interessiert, und anders als Daniel konnte dieser auch nachfragen, was sie damit meine.
Sie berichtete, dass Karin (die Daniel nicht kannte, was aber egal war) eine Bekannte habe, Bettina, und diese sich seit einiger Zeit als Herrin versuche, anscheinend aber mit zweifelhaftem Erfolg. Jedenfalls klage sie, dass Florian, ihr werter Gatte und mehr oder weniger ergebene Sub, immer wieder ziemlich über die Stränge schlage. So habe sie denn Bettina gefragt, ob sie sich vielleicht mal um ihn kümmern könne, um ihm Gehorsam beizubringen, doch habe Karin keine Zeit und deshalb sie, Barbara, als Erzieherin empfohlen. Tja, und morgen Nachmittag würden sie alle vorbeikommen, Karin und Bettina mit ihrem Florian, damit man sich diesen mal anschaue und eventuell über das weitere Vorgehen rede.
Oh. Was würde das wohl wieder werden? „Shades of Grey“ vermutlich nicht. Daniel wurde aus seiner Ecke erlöst, da er das Kaffeegeschirr wegräumen und die Küche auf Vordermann bringen musste. Als er damit fertig war, fand es Barbara an der Zeit, zum Rotwein überzugehen. Sandra aber lehnte dankend ab mit der Begründung, dass sie noch eine Verabredung habe und nicht länger bleiben könne. Nun endlich wurde Henriette erlöst aus ihrer Haltung,