Second Horizon. E.F. v. Hainwald. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: E.F. v. Hainwald
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783947147373
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lösen konnte. Ein ziemlich lukratives Tätigkeitsfeld.

      Eine Gruppe von Jugendlichen blickte verstohlen zu Wolf und tuschelte untereinander. Die Apothekerin winkte nur ab und bezeichnete ihn als lieben Welpen. Im Augenwinkel sah Babe Wolf lächeln – ja, er fühlte sich hier ganz klar wohl.

      »Hey Wolf, wie lange soll ich hier noch rumstehen und zusehen, wie die Oma schnelles Geld macht?«, murrte Babe und legte aufstöhnend den Kopf in den Nacken.

      Der Rüde ignorierte sie, wenn man von dem Augenzusammenkneifen und den ruckartig aufgestellten Ohren mal absah. Babe hob erneut ihren Kopf und schnalzte mit der Zunge.

      »Heyyyyy Muttchen!«, rief sie gespielt weinerlich. »Wauzi ignoriert mich. Sag dem Welpen, er soll mich nicht ärgern.«

      Sie erntete nur ein Kichern der Alten. Babe schnaufte genervt.

      »Großmüttercheeeeeeen!«, nörgelte sie erneut theatralisch.

      »Gelika«, brummte es aus Wolfs Richtung.

      »Mh?« Babe glotzte ihn an.

      »Ihr Name«, erklärte er knapp und nähte unbeirrt weiter.

      »Achso. Alles klar«, sie holte tief Luft und begann mit quäkender Stimme: »Geeeeeliiiikaaaaa!«

      »Bei den Engeln, Wolf!«, seufzte Gelika und rieb sich die Schläfen. »Rede mit dem nervtötenden Runenmonster.«

      Babe blinzelte überrascht und hielt inne, als sie diese Bezeichnung vernahm. Wolfs kehliges Kichern kratzte in ihren Ohren.

      Sie trat zu Wolf, zog sein Ohr nach oben und brüllte: »Wooooolf – hier das Runenmonster!«

      Daraufhin zuckte er erschrocken zusammen, stach sich in die Pranke, jaulte auf und schnappte unwillkürlich mit dem Maul nach ihr. Die argwöhnischen Kids stürmten aus der Apotheke.

      »Lieber Welpe, mh?«, murmelte Babe, die ihre Hand gerade noch in Sicherheit bringen konnte.

      Wolf warf das Kleidungsstück beiseite, schwang die Beine auf die andere Seite der Theke und rieb sich die schmerzende Stelle. Er begann mit den dicken Sohlen seiner Stiefel gegen das Metall zu trommeln. Die Hose hatte er an den Waden schlicht abgerissen, statt sie umzunähen. Seine braune Weste war mit Keramikplatten beschlagen und die schrägen Verschlussschnallen auf der Brust glänzten im Licht.

      »Und? Entscheidung getroffen?«, fragte Babe und verschränkte erwartungsvoll die Arme.

      »Das siehst du doch«, entgegnete er, nun offensichtlich schlecht gelaunt. »Ich sitze hier und nicht bei deiner Gang, in einer Pfütze aus Pisse.«

      »Das ist keine Antwort. Du hast nicht abgelehnt, nachdem du gelauscht hast«, erwiderte sie und zwinkerte neckisch. »Du hast mich seitdem gemieden. Das bedeutet, dass du noch drüber nachdenkst.«

      Er antwortete nicht, aber seine Augen schwenkten kurz zu seinem Krummschwert. Babe folgte seinem Blick. Sie streckte ihre Hand aus und strich über die Transistorlinien. Ein gelbes Schimmern folgte ihren sanften Berührungen. Die Waffe war Hochtechnologie – eine Kombination aus brachialer Physik und Magie. Die Keramikklinge war nur wenige Atome breit und schnitt damit durch jedes Material, welches nicht magisch geschützt war. Plasmakanäle bildeten Linien, welche durch nanogroße Runengravierungen in Form gehalten wurden. Trafen sie auf ein Hindernis, wurden sie instabil und entluden sich auf eindrucksvolle, und vor allem zerstörerische, Art und Weise. Das Ding war blanker Selbstmord, zumindest in anderen Händen – oder Pranken.

      »Du hast sie stabilisiert und aufarbeiten lassen«, stellte Babe fest. »Das Reißen in meinen Knochen dreht mir nicht mehr sofort den Magen um.«

      Wolf hob sein Kinn. Sein Blick traf auf ihren, er hielt jedoch nur kurz stand und schaute auf die Pranken in seinem Schoß.

      »Vielleicht habe ich doch bereits meine Antwort«, mutmaßte Babe schmunzelnd. »Dein Zögern bedeutetet, dass du mitmachst.«

      »Leg mir keine Worte in den Mund«, murmelte Wolf säuerlich.

      »Du brauchst eigentlich immer Kohle, aber die kann dich nicht in die Gefahr eines stinksauren Schwarms locken. Das Wissen darum, wie man Mensch und Bestie in Einklang bringen könnte jedoch …«, sprach Babe, während sie ihr verzerrtes Spiegelbild in der Klinge beobachtete.

      Wolfs Antwort war ein verhaltenes Grummeln. Sie grinste von Ohr zu Ohr, wirbelte herum und schlug enthusiastisch auf seine Oberschenkel.

      »Das wird ein Mordsspaß!«, jubelte sie glücklich.

      »Dir ist einfach viel zu langweilig. Halten dich die Eremiten nicht ausreichend bei Laune?«, entgegnete Wolf und rieb sich resignierend die Augen.

      »Ach! Prügeleien mit hochfrisierten Indies, perverse Infos aus dem Hacken von privaten E-Mails, Schmuggeln von verschnittenen Runenfragmenten …«, Babe schluchzte überschwänglich auf, legte ihre Hand auf ihr Dekolleté und schüttelte heftig ihren Kopf. »Ich sterbe bei denen noch vor Langeweile!«

      Der Boden vibrierte unter dem rhythmischen Stampfen der Zuschauer. Hände packten die Schutzgitter um die Arena und rüttelten so heftig daran, dass es schepperte. Das Johlen des begeisterten Publikums schwoll zu einem Tosen an. Wolfs Ohren zuckten, die Geräusche stachen in seinen empfindlichen Ohren wie tausend Nadeln.

      Die Faust donnerte gegen seine Wange und warf seinen Schädel zur Seite. Ein gepeinigtes Jaulen entwich seiner Kehle.

      »Du gehörst mir!«, schrie die auf ihm sitzende Frau und leckte sich über ihre Lippen.

      Erneut schlug sie zu. Sein Gesicht ruckte in die andere Richtung, Blut benetzte seine Lippen. Wolf hob jedoch nicht seine Arme zum Schutz. Laut auflachend schlug sie immer wieder auf ihn ein, die Augen voller Gier. Ihre Finger krallten sich in das Fell seines Kopfes. Seine Gegnerin begann seinen Schädel anzuheben und gegen den Boden zu hämmern.

      Immer wieder. Gnadenlos. Die Menge tobte.

      Wolf konnte seine Schreie nicht zurückhalten. Plötzlich rammte seine Angreiferin ihm ihre kleine Faust in das geöffnete Maul. Sie schob sie, ohne zu zögern, bis tief in seine Kehle. Er konnte kaum atmen, würgte und spürte, wie ein Brennen seine Speiseröhre hinaufstieg – er würde gleich jämmerlich an seiner eigenen Kotze ersticken.

      Nackte Angst stieg in ihm auf. Sein Herz raste. Dennoch drückte er seine Fußsohlen fest nach unten und schüttelte seine Peinigerin nicht ab.

      Mit weit aufgerissenen Augen blickte er in die vor Mordlust glitzernden Augen seiner Angreiferin. Er schloss seine Pranken um ihren Unterarm und versuchte sie zu bremsen. Ihre Mundwinkel waren zu einem zufriedenen Grinsen verzogen. Sie genoss jede Sekunde.

      Macht über Leben und Tod. Vollkommene Kontrolle. Bejubelte Heldin.

      Auf einmal wurde sie an den Schultern gepackt und von Wolf hinunter gezerrt. Als der Druck in seiner Kehle verschwand, rollte er sich schnell zur Seite – jämmerlich gurgelnd würgte er seine letzte Mahlzeit heraus.

      Verschwommen sah er die Frau in der Mitte der Arena ihre Arme heben. Blut lief ihre Unterarme hinab. Wolfs Blut – oder hatte sie sich an seinen Zähnen verletzt? Die Scheinwerfer tauchten sie in das goldene Licht des Sieges. Die Zuschauer jubelten ihr stürmisch zu. Ihr strahlendes Lächeln zeugte vom Erfolg des heutigen Abends.

      Wolf kroch langsam aus der Arena – auf allen vieren, wie ein geprügeltes Tier. Letztendlich war er das in diesem Moment wohl auch. Mit offenem Maul rang er nach Atem. Sein Herz wollte einfach nicht aufhören, wie wild gegen seine schmerzenden Rippen zu hämmern.

      Er setzte jedes Mal sein Leben aufs Spiel, wenn er diese Sache durchzog. Er biss die Zähne zusammen, knurrte frustriert und versuchte sich zu beruhigen. Als er endlich den Gang erreicht hatte, lehnte er sich mit seinem schweißnassen Rücken an den kühlenden Stein und schloss einen Moment lang die Augen. Er trug nur eine zerfetzte Hose,