Das Handtuch aus der Küche von Ursula Kaschube
An den Bekleidungsstücken des Beschuldigten ließ sich ebenso Menschenblut nachweisen. Im Fingernagelschmutz gelang nur der Blutnachweis. An der Außenseite des Mantels befanden sich an der Manschette des rechten Ärmels und auf der linken Taschenklappe Blutwischspuren. An der linken Brustpartie und am Kragen waren mehrere Blutspritzer mit einem Durchmesser von weniger als einem Millimeter erkennbar. Bluttypische Durchtränkungen befanden sich im rechten Taschenfutter und im Futter der Brusttasche. Mit Ausnahme der Blutspritzer wurde bei den Spuren der Blutnachweis nach Masao Takayama und der Menschenblutnachweis nach Örjan Ouchterlony durchgeführt. Sie fielen positiv aus. Mit den Spuren aus dem Taschenfutter konnten Agglutininbestimmungen nach Lattes (Verklumpung, Verklebung von Zellen durch Antikörper) vorgenommen werden. Bei den Spuren aus dem Brusttaschenfutter handelte es sich um Agglutinine der Gruppe 0, während an dem Futter der rechten Außentasche keine Reaktionen festgestellt wurden. Das unterschiedliche Spurenverhalten erklärten die Gutachter damit, dass die Spuren von zwei verschiedenen Individuen stammten. Die Gutachter stützten ihre These darauf, dass die Spur aus der rechten Tasche Gm (a+) reagierte und sich die Spur aus der Brusttasche Gm (a-) verhielt.
Die Jacke von Hilmar Switalla trug minimale Blutspuren. An der braun-schwarz-karierten Herrenhose konnten bluttypisch aussehende Spuren festgestellt werden. Sie befanden sich innen und außen am linken Taschenfutter sowie am eingesetzten Futterstoffzwickel und besaßen die Eigenschaft Gm (a-). Das weiße Nylonoberhemd und das Unterhemd trugen insbesondere auf der Rückenpartie umfangreiche, teils großflächige, bluttypisch aussehende Spuren. An insgesamt sieben Stellen wurden Tests durchgeführt, die alle Gm (a-) reagierten. Auf der Unterhose und an den Socken des Hilmar Switalla konnte ebenfalls Menschenblut mit der Eigenschaft Gm (a-) nachgewiesen werden.
Das als Tatwerkzeug verwendete Küchenmesser trug auf der gesamten Oberfläche minimale Blutspuren. Zwischen Griff und Messerangel konnten Menschenblutspuren der Gruppe 0 nachgewiesen werden, die Gm (a+) reagierten. Dieser Befund schloss nach Ansicht der Gutachter nicht aus, dass sich an dieser Stelle außerdem Gm-(a-)-Blutspuren befanden. Das Opfer Inge Schubert hatte, wie wir wissen, die Serumeigenschaft Gm (a+).
Die zwei Tatmesser, die in der Wohnung des Opfers
Rosemarie Switalla aufgefunden wurden
Das als zweites Tatwerkzeug verwendete Taschenmesser war einschließlich der größeren Klinge fast vollständig mit Menschenblut bedeckt, das die Eigenschaft 0 Gm (a-) besaß. Diese Eigenschaft wiesen auch die Opfer Ursula Kaschube und Rosemarie Switalla auf.
Auf der in der Wohnung des Opfers Rosemarie Switalla aufgefundenen Streichholzschachtel und auf der angebrochenen Zigarettenschachtel der Marke »Lux« konnten Blutspuren der Serumeigenschaft Gm (a-) nachgewiesen werden. Der aus dem Flur des Opfers stammende Stoffvorhang wies mehrere bluttypisch aussehende Spritzspuren auf, die Gm (a-) reagierten. Auf einer Wolldecke, die auf dem Sofa in der Tatwohnung von Inge Schubert gelegen hatte, wurden Spermaspuren nachgewiesen, die aber offenbar vor längerer Zeit entstanden waren.
Das Blut von Hilmar Switalla wurde auf Spuren des Schlafmittels »Kalypnon« untersucht, wozu man eine Extraktion mit Chloroform ausführte. Das Extrakt wurde mit Natriumhydroxid (NaOH) und Essigsäure umgefällt und nochmals mit Chloroform extrahiert. Das auf 50 Mikroliter eingeengte Extrakt wurde vergleichend mit Chlorformlösung von »Kalypnon« untersucht. Die Reaktionswerte beider Peaks stimmten überein. Die Gutachter schlussfolgerten, dass es sich bei der im Blut nachgewiesenen Substanz mit hoher Wahrscheinlichkeit um »Kalypnon« gehandelt hat. Die Konzentration war allerdings sehr gering und besaß somit keine pharmakologische Wirkung. Für eine eindeutige Aussage war das Untersuchungsmaterial jedoch nicht ausreichend.
Die Untersuchung der Speichelprobe von Hilmar Switalla ergab, dass es sich bei ihm um einen starken Sekretor von 0 (H)-Substanzen handelte. Da bei den Sektionen der drei Opfer keine Bestimmung der Sekretoreigenschaften erfolgte, sie jedoch alle der Blutgruppe 0 angehörten, war eine Zuordnung der gesicherten Zigarettenreste nicht möglich. Von Absorptionsbestimmungen wurde im Einvernehmen mit dem Untersuchungsführer Abstand genommen und das Material asserviert.
Die Tatmesser wurden dem Institut für Gerichtliche Medizin der Charité zur Begutachtung vorgelegt. Die Gutachter kamen zu dem Schluss, dass die beiden Messer als Tatwerkzeuge geeignet waren. Vom Sektionsergebnis her gab es keinen Widerspruch zum Tathergang, wie ihn der Beschuldigte ausführlich geschildert hatte.
Der zuständige Staatsanwalt vernahm Hilmar Switalla am 20. Mai 1969 abschließend im Haftkrankenhaus Waldheim. Ihm wurden dabei die Beweismittel vorgelegt. In Absprache mit dem Gutachter wurde ihm das Ergebnis der psychiatrischen Begutachtung nicht bekanntgegeben, weil man befürchtete, dass er sich dann aggressiv verhalten würde.
Am 23. Mai 1969 übergab die MUK die Akten mit einem Schlussbericht an die Staatsanwaltschaft zur Anklageerhebung. In der Voruntersuchung war Hilmar Switalla, das soll angemerkt werden, stets bemüht gewesen, zur Wahrheitsfindung beizutragen. Er hatte in keinem Fall versucht, zu lügen beziehungsweise Tatsachen zu bestreiten. Seine Angaben deckten sich völlig mit den objektiven Feststellungen. Während des Ermittlungsverfahrens äußerte er mehrfach Suizidabsichten.
Wer war Hilmar Switalla? Wie konnte aus ihm ein grausamer, gefühlsloser Dreifachmörder werden? Seine Biografie gibt auf diese Fragen einige Antworten.
Hilmar Switalla wurde 1938 im damaligen Ostpreußen als einziges Kind seiner Eltern geboren. Dort besuchte er im Alter von sechs Jahren die Grundschule. Ein Jahr später siedelte die Familie kriegsbedingt nach Berlin um.
Switalla zeigte wenig Interesse am Lernen und an allen schulischen Belangen und beendete die achte Klasse mit befriedigenden Ergebnissen. Von 1952 bis 1953 absolvierte er im Pflichtschuljahr die neunte Klasse. Anschließend begann er eine Lehre als Maschinenbauschlosser, die er aber alsbald aufgrund von Streitigkeiten mit seinem Lehrmeister abbrach. Eine weitere Berufsausbildung zu beginnen, lehnte er strikt ab. Sein Wunsch war es, zur See zu fahren, was jedoch aufgrund einer Sehschwäche abgelehnt wurde.
Sein Vater, der immer kategorisch und wenig väterlich aufgetreten war, war wenig zu Hause, und so lag die Erziehung von Hilmar Switalla in den Händen der Mutter. Die durchaus pflichtbewusste und ruhig wirkende Frau behandelte den Sohn stets mit Nachsicht. Die Beziehung zur Mutter war zwiespältig. Zuerst hing er sehr an ihr, später störte ihn ihre dauernde Bevormundung, und er widersprach ihr immer heftiger.
Die Ehe der Eltern wurde 1949 aufgrund außerehelicher Beziehungen des Vaters geschieden. Bis 1954 lebte der Vater aber noch in der häuslichen Gemeinschaft, wobei es zwischen den Eltern immer wieder zu tätlichen Auseinandersetzungen kam, die von beiden Seiten aggressiv geführt wurden.
In der Schule bezog Hilmar Switalla von älteren Schülern gelegentlich Prügel und wurde oft gehänselt. Bis zum Eintritt in die Lehre hatte er stets Angst vor solchen Auseinandersetzungen, weinte oft und war verstimmt. Im Alter von fünfzehn Jahren verprügelte Switalla erstmals einen älteren Jugendlichen, der ihn in der Vergangenheit traktiert hatte. Er merkte damals plötzlich, dass er kräftiger als seine Altersgenossen war und seine Fäuste zu gebrauchen verstand. Seitdem hörten die Hänseleien auf, und er hatte weniger