In diesem Zusammenhang ist auch der weitere Zweck der Vergütungsregelungen zu nennen, wonach das Amt für eine potentielle Nachfolge attraktiv gehalten werden soll.271 Die einzelnen Vorschriften sollen Nachteile für Betriebsräte verhindern und dadurch den Fortbestand des Amtes sichern. Anderenfalls ist zu befürchten, dass sich in naher Zukunft bei stetig steigenden Anforderungen und zunehmendem Aufwand qualifizierte Arbeitnehmer nicht mehr zur Wahl stellen. In manchen Betrieben gestaltet sich die Nachfolge bereits schwieriger.272 Auch der Gesetzgeber hat schon bei der Reform des Betriebsverfassungsgesetzes im Jahr 2001 festgestellt, dass die Zahl der Betriebsräte rückläufig ist.273 Im Interesse einer ordnungsgemäßen Durchsetzung der Belange der Arbeitnehmer sowie auch für eine reibungslose und konstruktive Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber wäre es aber gerade wichtig, dass sich in erster Linie qualifizierte und engagierte Arbeitnehmer um das Amt bemühen.274 Nicht nur die zu befürchtende hohe Belastung ohne entsprechenden Ausgleich kann für potentielle Kandidaten aber eine abschreckende Wirkung entfalten. Teilweise werden Betriebsräte im Hinblick auf ihre Tätigkeit sogar als unterbezahlt angesehen.275 Auch die stetige Abnahme der beruflichen Entwicklungschancen wird von besonders qualifizierten Arbeitnehmern häufig als Einwand gegen eine Aufstellung zur Wahl angeführt. Grund für die schlechteren Aufstiegschancen ist nicht nur, dass sich viele Mandatsträger trotz passender Qualifikationen von sich aus oft nicht mehr auf entsprechende Aufstiegspositionen bewerben.276 Ein solcher Nachteil kann sich schon aus der ordnungsgemäßen Anwendung der derzeit geltenden gesetzlichen Vorschriften ergeben, wie sich in den folgenden Ausführungen noch deutlicher zeigen wird.
Auch dieser mit dem Gesetz verfolgte Zweck ist daher im Ergebnis bei der Gruppe der „verberuflichten“ Betriebsräte gefährdet und kann in Fällen von besonders ausgeprägter Beanspruchung und Belastung einzelner Mandatsträger nicht mehr erreicht werden.
bb) Gerechtigkeits- und Gleichbehandlungserwägungen
Nicht zuletzt sind bei einer (objektiv) teleologischen Auslegung auch Gerechtigkeitserwägungen zu berücksichtigen, um Wertungswidersprüche zu vermeiden, die aufgrund unterschiedlicher Beurteilung gleichartiger Tatbestände entstehen könnten.277 Dabei gilt es das Prinzip der „Gleichbehandlung des Gleichartigen“ zu beachten.278
Bezogen auf die vorliegende Konstellation läge es zunächst nahe, das Unentgeltlichkeitsgebot des § 37 Abs. 1 BetrVG grundsätzlich für die darin ausdrücklich genannten „Mitglieder des Betriebsrats“ gleichermaßen gelten zu lassen und keine Unterschiede hinsichtlich ihrer Leistung oder Qualifikation zu machen, um so Wertungswidersprüche zu vermeiden. Allerdings bedeutet die von der Vorschrift selbst vorgesehene gleiche Behandlung aller Betriebsräte innerhalb eines Gremiums nicht schon zwingend auch Gerechtigkeit durch Gleichbehandlung gleicher Sachverhalte. Wendet man nämlich die Regelung konsequent auf alle Mandatsträger unterschiedslos an, kann das – und zwar nicht selten – zu ungerechten Ergebnissen führen. Betriebsratsmitglieder untereinander werden aufgrund der früher von ihnen ausgeübten Arbeitstätigkeiten regelmäßig ein unterschiedliches Entgelt erhalten. Das kann dazu führen, dass sie zwar die gleiche Betriebsratsarbeit erledigen, aber unterschiedlich entlohnt werden. So sieht es die ausdrückliche gesetzliche Konzeption vor und kann im Grundsatz noch hingenommen werden. In extremen Fällen könnte das aber auch bedeuten, dass beispielsweise ein dauerhaft freigestellter Betriebsratsvorsitzender mit deutlich erhöhten Anforderungen und Aufgaben gegenüber einem anderen Betriebsratskollegen, der nur an den Sitzungen teilnimmt und darüber hinaus nicht mit besonders anspruchsvollen Amtsaufgaben betraut ist, weniger verdient, nur weil er in seinem ursprünglichen Arbeitsverhältnis eine geringer bezahlte Tätigkeit ausgeübt hat.279 Da es gerade gewünscht ist, dass sich höher qualifizierte Arbeitnehmer um das Betriebsratsamt bemühen, können solche gravierenden Unterschiede häufiger vorkommen. Damit würde derjenige, der objektiv weniger leistet, ein höheres Entgelt erhalten und das selbst dann, wenn beide das Amt schon über Jahre hinweg dauerhaft wie einen Beruf ausüben. Eine von dem Gesetz beabsichtigte Gleichbehandlung könnte dadurch zu einer deutlichen Ungleichbehandlung führen. Dabei wäre die unterschiedliche Behandlung verschiedener Angehöriger betriebsverfassungsrechtlicher Gremien nach ihrer Position bzw. Stellung dem Gesetz jedenfalls nicht fremd, schließlich unterscheidet es auch in § 76a BetrVG bei der Vergütung von Mitgliedern der Einigungsstelle ausdrücklich hinsichtlich des Vorsitzenden und anderer Beisitzer.
Das zu berücksichtigende Prinzip der Gleichbehandlung gleichartiger Sachverhalte zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen, ist in diesem Fall daher wenig aussagekräftig und führt zu keinem anderen Ergebnis.
cc) Wahl einer von mehreren Auslegungsalternativen
Auf der einen Seite stehen hier die mit der Vorschrift des § 37 Abs. 1 BetrVG verfolgten Zwecke des Gesetzgebers, die im Sinne einer sach- und vor allem interessengerechten Vertretung der Belegschaft nicht hoch genug bewertet werden können. Auf der anderen Seite haben die Ausführungen jedoch gezeigt, dass im Falle „verberuflichter“ bzw. „professionalisierter“ Betriebsräte der Gesetzeszweck des Unentgeltlichkeitsgrundsatzes – auch im Hinblick auf das korrespondierende Nachteilsverbot – nicht nur gefährdet ist, sondern in besonders ausgeprägten Fällen nicht mehr erreicht werden wird. Auch wenn die teleologische Auslegung eindeutig zu dem Ergebnis führt, dass ein Festhalten an dem Unentgeltlichkeitsgebot für die Fallgruppe von Betriebsräten mit deutlich erhöhten Anforderungen und Belastungen aufgrund zunehmender Professionalisierung der ratio legis zuwiderläuft, sind aber auch die Argumente der strikten Auslegung und Anwendung des Grundsatzes durchaus überzeugend. Bei verbleibenden Zweifeln sind bei einer Gesetzesauslegung daher auch die praktischen Konsequenzen der dargestellten Auslegungsalternativen zu betrachten.280 Von mehreren möglichen Varianten ist dann abzuwägen, welche nicht nur am zweckmäßigsten und gerechtesten ist, sondern sich auch „am besten in den Gesamtzusammenhang der Rechtsordnung einfügt“.281 Selbst wenn im Hinblick auf eine strenge Auslegung des Grundsatzes eine ständige Rechtsprechung anzunehmen ist und diese aus Gesichtspunkten der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes beizubehalten wäre, kann eine andere Annahme dennoch zulässig sein.282
Würde man an einer strengen Anwendung des Unentgeltlichkeitsgebots festhalten, könnte damit die hohe Bedeutung des Grundsatzes sowie seines Zwecks der Amtsausführung ohne Beeinflussung durch finanzielle Mittel und des Verbleibs der Betriebsräte auf Ebene der Belegschaft gewahrt werden. Schließlich darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass stets die Gefahr des Verlustes von Unabhängigkeit und Unparteilichkeit besteht, wenn man Zahlungen an Betriebsräte zulassen würde. Das geht aber auch mit großen Schwierigkeiten bei der Bemessung des Entgeltes einher. Denn dadurch besteht – nach weit verbreiteter Auffassung – keinerlei Spielraum bei der Entgeltbemessung.283 Zum Teil wird sogar vertreten, dass es für den Arbeitgeber nur einen einzig zulässigen Weg gäbe, den er bei der Entgeltbemessung genau einhalten muss.284 Bereits jede geringe Abweichung nach oben, d.h. jeder – auch unfreiwillig – zu hoch bemessener Entgeltbestandteil