Wenn die Träume laufen lernen 2: LANZAROTE. Gabriele Ketterl. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gabriele Ketterl
Издательство: Bookwire
Серия: Wenn die Träume laufen lernen
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958691414
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weniger nachdenklich trollte ich mich an den Strand, sondierte die Lage, rief Fernando, und kurz darauf schallte mein neuer Volleyball-Song über den Strand.

      Die Jungs von Def Leppard und »Rock of Ages« passten perfekt.

      Sowohl unsere Gäste als auch wir hatten enormen Spaß, und als wir um Punkt sechs Uhr abbrachen, waren einige regelrecht enttäuscht. Allerdings nur, bis wir die Sundowner-Cocktails an der Strandbar ankündigten.

      Während alle feierten, verkrümelte ich mich still und leise. Kaum hatte ich alles aufgeräumt, kam Roberta angelaufen. »Cara, was machen wir heute Abend? Irgendwas müssen wir doch bieten.«

      Ich war überrascht. »Carlos hat die Sketchshow angesetzt. Hat er das nicht kommuniziert?« Noch während ich redete, wurde mir klar, dass auch ich es nur vom Ankündigungsbrett wusste. »Shit, warte, ich sag den Jungs am Strand Bescheid, Rachel ist auch dort. Weißt du, wo die anderen sind?«

      Roberta nickte. »Ja, da hinten am Pool. Andy hat sich noch mit ein paar Feinheiten der Anlage vertraut gemacht und Oliver passt am großen Becken auf.«

      »Gut, sag du denen Bescheid. Den Ablauf kennen wir ja, okay?«

      »Alles klar.« Roberta verschwand eiligen Schrittes.

      Nachdem ich alle informiert hatte, war es dringend Zeit für eine Dusche. Danach fühlte ich mich besser, schlüpfte in meine Jeans, Cowboystiefel und – den abendlichen Temperaturen geschuldet – ein langärmliges Shirt sowie meine Jeansjacke.

      Mein Magen vermeldete nachdrücklich Hunger, und nachdem ich meine Haare im Griff hatte, beeilte ich mich, ihn zufriedenzustellen.

      Tino wuchs langsam über sich hinaus. Zarte, in Rotweinsauce geschmorte Filetstücke und dazu Rosmarinkartoffeln. Ich war ja so einfach glücklich zu machen!

      Fernando, Silvie, Andy und Rachel waren schon da, die anderen folgten einer nach dem anderen. Nur von Carlos war nichts zu sehen. Schließlich machte Andy sich auf die Suche nach ihm und kehrte kurz darauf mit verwirrtem Blick zurück.

      »Boah, Leute, seid vorsichtig. Irgendwas ist wohl bei Carlos passiert. Der hat geniale Laune. Er kommt pünktlich zur Show. Hunger hat er keinen. Aber ich soll sagen, dass alles in Ordnung ist und es nur positive Rückmeldungen der Gäste gibt.«

      Silvie zuckte die Schultern. »So weit so gut, aber was hat er dann?«

      Alle Blicke richteten sich sofort auf mich. Ich beeilte mich zu schlucken und beteuerte glaubhaft, keine Ahnung zu haben. Dem war ja auch so. Bis Mittag war es ihm gut gegangen, zumindest war er Blumen kaufen gewesen. Nun, ich würde meine Neugier wohl ebenso zähmen müssen wie die anderen.

      Pünktlich um halb neun waren wir bereit für die Show. Roberta tanzte das erste Mal mit ausgesprochen glücklichen, entspannten Kindern den Kinderclubtanz, und als sie fertig war, tauchte Carlos auf. Er gab sich große Mühe, sich nichts anmerken zu lassen, doch ich wusste sofort, dass etwas im Argen lag.

      Wir zogen unsere Show mit altgewohnter Professionalität durch. Die Gäste kringelten sich vor Lachen und auch uns machte es Spaß. Die Sketche stammten von unserem Programm auf Ibiza und stellten keine große Herausforderung dar.

      Nach der Show kündigte Andy an, dass nun gefeiert wurde und er für die passende Musik sorgte.

      Das ließen sich die Gäste nicht zweimal sagen und strömten begeistert auf die Tanzfläche. Wir warfen uns zufriedene Blicke zu – es schien, als hätten wir die Lage wieder im Griff.

      Wir plauderten und tanzten mit Gästen, die keinen Partner fanden, spendierten Kindern Eis und sorgten für exzellente Stimmung. Es war kurz vor Mitternacht, als wir uns der Reihe nach verabschiedeten. So sehr ich auch suchte, Carlos sah ich nicht. Auch seine Wohnung schien verwaist. Als ich in einer halsbrecherischen Aktion meinen Kopf hinüberstreckte, fand ich die Balkontür geschlossen. Alles war dunkel. Nun ja, vielleicht war er ja tatsächlich noch im Büro. Er würde sich schon melden, falls er mich brauchte. Ich schlüpfte unter meine Decke, ließ die Balkontür einen Spalt offen und schlief ein, sobald mein Kopf das Kissen berührte.

      »Cara, wach auf. Bitte.«

      Etwas in mir weigerte sich beharrlich, wach zu werden, doch der Unterton in der Stimme riss mich schneller aus meinem Traum an die Oberfläche, als mir lieb war.

      »Cara, verzeih, dass ich dich wecke. Bitte, wach endlich auf.«

      »Carlos, ohne Mist, warum kommst du nicht einfach unter die Decke und wir reden zu einer vernünftigen Zeit?«

      Ein Blick auf den Wecker zeigte mir, dass es gerade einmal fünf Uhr war.

      »Ich kann nicht, ich muss raus. Ich kann nicht mehr atmen.«

      Das klang nicht gut. Nun war ich wach.

      »Was ist los?«

      »Komm mit, ich will an den Strand. Bitte, ich habe das Gefühl, ersticken zu müssen. Nimm ein Badetuch mit.«

      »Glaubst du, ich geh um die Zeit und bei der Kälte schwimmen?«

      »Es ist angenehm mild, nun komm schon.«

      Ich arbeitete mich widerstrebend aus meinem warmen Bett, tauschte meinen Schlafanzug gegen ein bodenlanges Shirtkleid, holte ein Badetuch und stand dann, noch immer ein wenig bedröppelt, in meiner Küche.

      »Fertig, auch wenn ich nicht verstehe, warum.«

      Wortlos griff er nach meiner Hand und zog mich mit sich. Gerade noch schnappte ich mir meinen Schlüssel und folgte ihm.

      Da er alle Schlüssel der Zugänge zur Anlage hatte, konnte er problemlos, auch zu dieser frühen Stunde, an den menschenleeren Strand. Es war tatsächlich mild und auch der sonst allgegenwärtige Wind blies nicht über den kühlen Sand.

      Carlos führte mich ans Wasser, wo er Jeans und Shirt auszog und mir dann eine Hand entgegenstreckte. Seufzend entledigte ich mich meines Kleides.

      »Im Ernst, Carlos, wenn es dafür keinen guten Grund gibt, dann gnade dir Gott.«

      »Bitte, komm einfach mit.«

      Also griff ich nach seiner Hand und gemeinsam gingen wir langsam ins Wasser. Es war wirklich wärmer als gedacht. Das Meer lag weitgehend ruhig vor uns und nur kleine Wellen brachen sich am Strand. Plötzlich ließ Carlos meine Hand los und tauchte unter. Prustend kam er wieder an die Oberfläche.

      »Langsam wird es besser.«

      »Was wird besser?«

      »Alles. Komm, schwimmen wir ein wenig, dann wird dir auch warm.«

      Schwimmen, um fünf Uhr am Morgen, im Meer, im Oktober. Murrend ging ich tiefer ins Wasser.

      Was tat man nicht alles für den besten Freund? Nur mit meinem Slip bekleidet tauchte auch ich unter. Mit kräftigen Zügen schwammen wir weit hinaus und ruhten uns auf dem Rücken aus, um dann langsamer zurück zum Strand zu schwimmen. Ich merkte, dass Carlos mir Zeit gab, aufzuholen. Links von uns war eine langgezogene Mole ins Meer gebaut. Jetzt, bei Ebbe, waren die aufragenden Steinquader trocken und man konnte leicht hinaufklettern. Carlos hielt meine Hand, und vor neugierigen Blicken geschützt, legten wir uns auf die unteren Steine.

      »Carlos, das war schon mal wärmer und auch romantischer. Mir ist kalt.«

      Er musterte mich mit einem dermaßen traurigen Blick, dass ich fast bereit war, weiter zu frieren. Das aber ließ er nicht zu. Er setzte sich auf und zog mich auf seinen Schoß. Auch ihn zu umarmen brachte wenig. Er war genauso kalt wie ich. Allerdings sorgte seine Nähe dafür, dass mir rasch wärmer wurde.

      »Kannst du wieder atmen?«

      »Einigermaßen.«

      »Dann kannst du mir jetzt sicher auch sagen, warum ich eine Lungenentzündung riskiere, oder?«

      »Ich habe heute Nachmittag zwei Anrufe erhalten. Zuerst von Jaime, dann von Penny.«

      »Oh.«

      »Oh trifft es nicht im Geringsten.