Fürstenkrone Staffel 6 – Adelsroman. Marisa Frank. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marisa Frank
Издательство: Bookwire
Серия: Fürstenkrone
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740951405
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konnte er nicht sehen, ob die Prinzessin auch im Auto saß. Er kniff die Augen zusammen, aber da war der Wagen bereits an der unteren Kurve angelangt und verschwand aus seinem Blickfeld.

      Er hatte gedacht zu stören. Wenn der Graf nun aber weggefahren und Angela zu Hause geblieben war, wenn… Er schob die Wenns zur Seite und begann, den Weg wieder hinaufzusteigen. An der äußeren Schloßmauer kamen ihm jedoch Bedenken. Konnte er Prinzessin Angela noch einmal aufsuchen? Er hatte ihr gesagt, daß er sie vorher anrufen würde. Hier befand sich jedoch nirgends ein Telefon. Stephan schob die Hände in die Hosentaschen und beschloß, vorerst einmal die Burg in einem weiten Bogen zu umgehen.

      Gedankenverloren ging er dem Pfad nach, den Kopf hielt er gesenkt. Wieder einmal formulierte er an den Sätzen, die er Angela sagen wollte. Sein Fuß stieß dabei einzelne Steine zur Seite. So bemerkte er Angela nicht, die aus der anderen Richtung kam und ihn schon längst entdeckt hatte. Sie war stehengeblieben und wartete. Ein kleines Lächeln lag auf ihren Lippen.

      Stephan sah hoch. »Angela! Sie sind also doch hiergeblieben. Ich habe es gehofft.« Er sah ihren erstaunten Blick. »Ich habe das Auto Ihres… des Grafen gesehen. Da bin ich zurückgekommen in der Hoffnung, daß Sie Zeit für mich haben.«

      »Sie haben recht, mein Freund ist weggefahren.« Angela zögerte. Sie wußte, daß sie weitergehen sollte und es bei der Verabredung für morgen belassen müßte.

      »Darf ich Sie begleiten, Angela? Ich möchte natürlich nicht stören. Aber ich glaube, ich habe bereits gestört.«

      »Es war nicht Ihre Schuld. Oliver war unhöflich. Es wäre schön gewesen, wenn wir zusammen etwas unternommen hätten. Sie hätten dann meinen Freund kennenlernen können und mein Freund Sie. Aber lassen wir das!«

      »Sie haben sich meinetwegen gestritten«, stellte Stephan fest. Er konnte nicht heucheln, er war froh, daß der Graf weg war.

      »Ja und nein!« Angela beschloß, ehrlich zu sein. Es war schön, daß Stephan zurückgekommen war. Im Augenblick war er ihr näher als ihr Freund, der einfach davongelaufen war. Es spielte doch keine Rolle, daß sie ihn erst so kurz kannte. Er war da, und sie war nicht mehr allein. »Begleiten Sie mich«, schlug sie vor. »Wir machen eben allein den Spaziergang.«

      »Gern! Angela, wenn ich Ihnen irgendwie helfen kann? Ich werde in Passau bleiben. Ich möchte hierbleiben, denn ich möchte Sie öfter sehen.«

      Angela antwortete nicht. Sie begann zu gehen, immer schneller schritt sie aus, aber sie konnte vor ihren Gefühlen nicht davonlaufen. Stephan beschleunigte ebenfalls seinen Schritt und blieb an ihrer Seite. Unvermittelt blieb Angela wieder stehen.

      »Sie wissen nun, daß ich mit Graf Oliver so gut wie verlobt bin. Da ich das hier erhalten will, habe ich mich völlig zurückgezogen. Langsam aber sicher werde ich zur Einsiedlerin. Oliver hat es mit mir nicht leicht. Ich denke an nichts anderes mehr als an die Burg. Auch ohne Sie hatten wir in der letzten Zeit meistens Streit.«

      Sie quälte sich, das sah er. »Darf ich etwas sagen, Angela?«

      Sie nickte.

      »Ich mag Sie! Daher möchte ich auch nicht, daß Sie so ein unglückliches Gesicht machen. Angela, ich kann Ihren Freund verstehen, Wenn ich an seiner Stelle wäre, würde ich mir auch um Sie Sorgen machen. Sie können doch nicht auf die Dauer hier allein leben.«

      »Nun sprechen Sie genauso wie Oliver.«

      Stephan zuckte die Achseln. »Ich sagte doch, ich kann ihn verstehen. Er liebt Sie, nicht wahr?«

      »Er will mich heiraten. Er hat ein Appartement in München, dort könnten wir leben. Ich kann das hier nur nicht aufgeben. Im Grunde haben Oliver und ich ständig aneinander vorbeigeredet. Er wollte nicht wahrhaben, daß ich nicht verkaufen will. Soll ich irgendeinen Konzern hier einziehen lassen? Ich habe nicht einmal gefragt, was der Konzern mit der Burg will, weiß nicht einmal, wieviel er mir geboten hätte.«

      Angela begann wieder zu gehen. »Angela, ich kann Sie verstehen. Ich würde mich auch nicht von so einem Besitz trennen. Sie wollen auch in Zukunft hier leben?«

      »Ja, solange dies möglich ist. Einige Jahre wird dies auch noch ohne größere Reparaturen möglich sein. Vielleicht hat Oliver recht, und das ganze Gebäude stürzt eines Tages in sich zusammen.« Sie lächelte. Stephan sah das Lächeln, aber er griff es nicht auf.

      »Wenn Sie Geld hätten, was würden Sie tun?«

      »Das fragen Sie noch? Jeden Cent würde ich in die Renovierung stecken. Ich habe Ihnen doch gesagt, ich weiß genau, wie die Burg früher ausgesehen hat. Jede einzelne Mauer würde ich wieder aufbauen lassen.«

      »Und wovon würden Sie leben, Angela?«

      »Nun spricht der Geschäftsmann aus Ihnen.« Angela ging auf eine Bank zu, die sich in der Nähe befand. Sie setzte sich, dabei machte sie eine einladende Bewegung. »Aber es ist eine berechtigte Frage. Ich habe darüber auch schon nachgedacht. Wenn es mir gelingen würde, ein wenig von dem alten Glanz zurückzuholen, dann könnte man die Burg zur Besichtigung freigeben. Einige Familien haben dies mit ihren Schlössern getan. Die Burg liegt auch sehr schön. Man könnte eine Aussichtsterrasse bauen, ein Burgrestaurant eröffnen.«

      »Daran habe ich auch gedacht«, entfuhr es Stephan.

      Befremdet sah Angela ihn an, und dann begriff sie. »Natürlich, Sie besitzen eine Restaurantkette.«

      Er kam ihr zuvor, griff nach ihrer Hand. »Bitte, Angela, ziehen Sie jetzt keine voreiligen Schlüsse. Sie müssen mir glauben, ich kam ohne jeglichen Hintergedanken auf die Burg. Ich war einfach begeistert! Ich hatte das Gefühl, hier zu Hause zu sein.« Sie wollte ihm ihre Hand entziehen, er hielt sie fest. »Entschuldigen Sie, ich weiß einfach nicht, wie ich meine Gefühle sonst beschreiben soll. Ich habe Ihnen erzählt, daß ich schon immer nach Deutschland wollte. Der Wunsch, das Land meiner Vorfahren zu sehen, schlummerte tief in mir.«

      Angela wußte, daß Oliver ihm nicht geglaubt hätte. Sie mußte zugeben, daß auch alles sehr eigenartig klang. Doch sie, die in den letzten Jahren sehr mißtrauisch gegenüber jedermann geworden war, glaubte ihm.

      »Sie wollen wirklich in Deutschland bleiben?« fragte sie.

      »Ich denke jedenfalls nicht über eine Rückkehr nach. Was soll ich in New York? Ich telefoniere hin und wieder mit meinem Büro. Ich werde nicht vermißt. Natürlich hatte ich dort Bekannte. Mir war jedoch immer bewußt, daß viele meine Freundschaft suchten, weil sie sich etwas davon versprachen.«

      Sie konnte ihn verstehen, ihr Herz schlug schneller. Sie freute sich, daß er bleiben wollte. Ste­phan bemerkte es nicht. Sein Blick fixierte eine Ameise, die versuchte, den Weg zu überqueren. Er spürte Angelas Nähe. Wann würde er ihr wieder so nahe sein? Er mußte jetzt sprechen. So räusperte er sich.

      »Angela, ich möchte ein neues Leben beginnen.« Er hob den Blick, sah sie voll an. »Ich habe Ihnen von meiner Freundin erzählt. Ich wollte sie heiraten, aber Flora braucht mich nicht. Ich komme mir sehr unnütz vor.« Er stockte. »Es ist nicht mein Verdienst, daß sich mein Vermögen täglich vermehrt. Das ist mir bewußt. Eine Zeitlang habe ich es auch genossen.«

      Er spürte ihren fragenden Blick und unterbrach sich. Er wollte ihr nichts vormachen, wollte, daß sie ihn so sah, wie er wirklich war. So begann er nachdenklich: »Natürlich genieße ich es auch jetzt. Ich bin frei, kann tun und lassen, was ich will, Angela, verstehen Sie mich? Ich möchte etwas Neues beginnen.«

      Angela nickte, sie konnte ihn verstehen. »Lassen Sie sich Zeit damit«, schlug sie vor. »Prüfen Sie, ob Sie im Grunde Ihres Herzens nicht doch bereits Amerikaner sind.«

      »Wahrscheinlich haben Sie recht. Es ist nicht nur die Burg. Der Grund, daß ich in Passau bleiben will, sind auch Sie. Wir kennen uns erst wenige Tage, und trotzdem…« Es fehlte ihm an Worten, daher platzte er schließlich einfach heraus: »Angela, ich möchte Ihnen helfen. Bauen Sie die Burg auf. Es ist genügend Geld vorhanden.«

      Sie rückte etwas zur Seite. An sein Geld hatte sie überhaupt noch nicht gedacht. Er war ihr zum Freund geworden, dem sie sich anvertraut hatte.