Der neue Sonnenwinkel Jubiläumsbox 5 – Familienroman. Michaela Dornberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michaela Dornberg
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Sonnenwinkel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740931940
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sondern nur um der finanziellen Vorteile willen. Das war traurig, aber wahr. Das zu erkennen, erschütterte Peter sehr.

      Das Bistro war keine schlechte Wahl. Es war sehr hübsch eingerichtet. Sie fanden einen Tisch in einer kleinen Nische in Fensternähe, der ein wenig abseits stand, was Peter begrüßte. Sollte Ilka, aus welchem Grund auch immer, eine Szene machen, würde das nicht jeder mitbekommen. Das Bistro war doch recht gut besucht.

      Peter bestellte sich einen doppelten Espresso. Den brauchte er jetzt, denn er hatte vor lauter innerer Anspannung leichte Kopfschmerzen bekommen. Das kam nur sehr selten vor, normalerweise war er ein gefestigter, ausgeglichener Mensch. Wenn Emotionen im Spiel waren, wenn es um unschöne und ungeklärte Situationen ging, blieb niemand unberührt. So etwas nahm jeden mit, auch den stärksten Mann.

      Ilka schien allerdings von allem unberührt. Sie bestellte sich einen doppelten Wodka. Peter verkniff sich eine Bemerkung, auf jeden Fall stellte er fest, dass sie ihre Trinkgewohnheiten sehr geändert hatte, wahrscheinlich unter dem Einfluss dieses Rockers, zu dessen Image es gehörte, harte Drinks zu konsumieren. Während ihrer Ehe hatte Ilka nur mäßig Alkohol getrunken. Schnäpse überhaupt nicht. Als Peter sah, wie sie den Wodka in sich hineinkippte, konnte man annehmen, dass sie es gewohnt war, auch tagsüber harte Drinks zu trinken und nicht erst, wenn die Säufersonne aufging. Sie hatte sich verändert. Das war nicht mehr die Frau, die er geheiratet hatte. Sollte er jetzt dazu eine Bemerkung machen? Nein, es ging ihn nichts mehr an, und es ging ihn auch nichts an, dass sie sich jetzt einen zweiten doppelten Wodka bestellte. Er konnte es sich einfach nicht verkneifen, er bestellte für sie dazu ein Mineralwasser, das trug ihm einen bösen Blick ein. Doch damit konnte er leben. Er war nicht zu seinem Spaß hier, er wollte einiges sagen, und das funktionierte nur, wenn sie nicht betrunken war.

      »Ilka, ich möchte, dass du weißt, dass ich dir Maren und Tim keinesfalls vorenthalten möchte. Du bist ihre Mutter, und ich wünsche mir nichts mehr, als dass wieder ein ­Vertrauensverhältnis zwischen euch herrscht. Das ist derzeit leider überhaupt nicht absehbar. Maren und Tim sind zutiefst verletzt, sie haben das Vertrauen zu dir verloren.«

      »Das hast du bereits einmal gesagt«, wandte sie ein, »also, wiederhole dich nicht.«

      Sie war unglaublich, dennoch sagte Peter nichts, sondern fuhr fort: »Derzeit kommt es einzig und allein darauf an, dass Maren und Tim sich wieder stabilisieren, dass der Schaden in deren Seelen, den du durch dein plötzliches Verschwinden angerichtet hast, verschwindet, und wenn sie dich dann sehen möchten, werde ich ihnen nicht im Wege stehen, denn ich weiß sehr genau …«

      Ilka unterbrach ihn einfach.

      »Peter, du langweilst mich, und erspar dir bitte alle weiteren Worte. Sobald alles klar ist, sobald wir geschieden sind und ich die Kohle auf meinem Konto habe, verschwinde ich von hier. Ich werde nach Ibiza gehen und mir dort ein neues Leben aufbauen, mir wohlgemerkt. Mir, wohlgemerkt. Maren und Tim sind bei dir bestens aufgehoben. Du bist ein guter Mensch, ein guter Vater. Du kannst ihnen alles geben, was sie brauchen. Ehrlich gesagt, wären mir die beiden in meinem neuen Leben nur ein Klotz am Bein.«

      Er blickte sie entgeistert an.

      »Ilka, es ist noch nicht lange her, da wolltest du zu mir zurück, da wolltest du die Kinder haben. Hast du das schon vergessen?«

      Sie kippte den zweiten doppelten Wodka in sich hinein.

      »Meine Güte, wie naiv bist du eigentlich? Es wäre für mich die einzig denkbare Lösung gewesen. Ohne Geld geht nichts, da hätte ich halt in den sauren Apfel gebissen. Wenn ich nun von dir die Kohle bekomme, ohne etwas dazu tun zu müssen, dann wäre ich doch hirnverbrannt, wenn ich dieses großzügige Angebot nicht annehmen würde. Ich kann es tun, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen, Maren und Tim sind bei dir bestens aufgehoben. Du hast dir für die beiden immer schon ein Bein ausgerissen. Kinder sind wohl dein Ding, sonst wärst du ja auch nicht Lehrer geworden. Wie gesagt, mach dir keine Sorgen, ich verschwinde aus eurem Leben. Besser kann es für mich nicht sein.«

      Sie winkte die Bedienung, um sich einen dritten Wodka zu bestellen. Das war für Peter das Zeichen, aufzustehen. Er hatte hier nichts mehr verloren. Er hatte sich den Kopf zerbrochen, er hatte eine Lösung finden wollen, die allen gerecht wurde. Dabei war Ilka wirklich nur an dem Geld interessiert.

      Er legte einen Geldschein auf den Tisch, der noch für ein paar Wodka mehr reichen würde, dann nickte er ihr zu.

      »Dann ist ja alles gesagt, Ilka. Wir machen es so, wie der Notar es vorgeschlagen hat. Ich hoffe, du weißt, was du tust. Kinder sind das Wertvollste, was man auf der Welt haben kann. Ich habe versucht, dir zu erklären, welchen Weg es für euch zueinander geben kann. Du hast mir nicht einmal zugehört. Aber bitte, es ist deine Entscheidung.«

      »Peter, du redest wie ein Pastor. Ich habe genug davon. Für mich ist alles gut, und ich denke für Maren und Tim ebenfalls.

      Mutter zu sein ist nichts, worum man sich reißen muss. Ich hätte ohne Kinder auskommen können, doch für dich gehörten sie ja zu einer Ehe. Ich bin noch jung genug, um so richtig auf den Putz hauen zu können. Und ich werde es krachen lassen, und danach …«, sie zuckte die Achseln. »Ehrlich gesagt, mache ich mir keine Sorgen um meine Zukunft. Männer sind so leicht um den Finger zu wickeln, ich werde wieder jemanden finden, ein Rockmusiker muss es allerdings nicht mehr sein, die sind zu anstrengend und zu unbeständig. Aber ein Normalo wie du … dem kann man einiges vormachen.«

      Ihm wurde schlecht.

      Es musste eine andere Frau sein, die er einmal geheiratet hatte, aus Liebe. Und sie hatten eine gute Ehe geführt, zumindest hatte er das geglaubt. Hatte sie ihm die ganzen Jahre über etwas vorgemacht? Diesen Gedanken wollte er nicht fortsetzen, denn das brachte nichts als Bitterkeit.

      »Ilka, mach es gut«, stieß er hervor, ehe er ging, ohne ihr die Hand zu geben. Das erwartete sie offensichtlich auch überhaupt nicht.

      Er stürmte aus dem Bistro, draußen blieb er stehen, atmete tief durch.

      Wenn man so wollte, dann hatte er sein Ziel erreicht, doch ein Gefühl des Triumphes kam nicht in ihm auf. Er war traurig, zutiefst traurig, ein wenig auch seinetwegen, doch in erster Linie wegen Maren und Tim.

      Ihre Mutter wollte sie überhaupt nicht!

      Die beiden waren für Ilka nur so etwas wie eine Ware gewesen, für die man einen hohen Preis bekam.

      Wie unglaublich war das!

      Noch sprachen seine Kinder nicht über ihre Mutter, doch irgendwann würden sie Fragen stellen, vielleicht ihre Mutter treffen wollen. Peter hatte nicht die geringste Ahnung, was er den Kindern dann sagen sollte. Die Wahrheit würden sie nicht verkraften, die musste er für sich behalten. Ilkas hartherzige Worte waren in seinem Inneren wie eingemeißelt, und dort mussten sie auch bleiben. Es wäre einfach, Maren und Tim zu erzählen, wie deren Mutter drauf war. Damit würde er punkten können und die beiden noch mehr gegen Ilka aufbringen. Er würde aber auch einen noch größeren Schaden anrichten, die Wahrheit würde Maren und Tim den Boden unter den Füßen ganz wegziehen. Und das wollte er nicht, auf keinen Fall. Er wollte, dass sie glücklich und zufrieden waren, und bis dahin lag noch ein weiter Weg vor ihnen.

      Ehe Peter Bredenbrock nach Hause fuhr, kaufte er für Tim das Computerspiel, das er unbedingt haben wollte und für das er eisern sparte.

      Bislang war Peter dagegen gewesen, weil er das Spiel nicht lehrreich fand. Spaß würde Tim auf jeden Fall damit haben, und er würde sich sehr, sehr freuen. Also musste Peter nicht lange überlegen.

      Für Maren kaufte er die Tasche, die eigentlich für überhaupt nichts gut war, für die sich Maren allerdings am Schaufenster sehnsuchtsvoll die Nase platt gedrückt hatte.

      Mit Computerspielen und mit schrecklichen Taschen heilte man keine Seelen, aber man konnte Freude erzeugen, und die würden Maren und Tim haben. Und das war es, was augenblicklich zählte.

      Ihre Mutter wollte sie nicht …

      Das war starker Tobak, und damit musste man erst einmal fertig werden.

      Peter wusste, dass es eine Weile dauern würde, ehe er das verarbeitet