Feuerkuss und Flammenseele. Eileen Raven Scott. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Eileen Raven Scott
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783959592727
Скачать книгу
der rötliche Elf sowohl Aruni als auch Ash ans Ufer brachte. Er setzte die beiden vorsichtig ab. Staunend beobachtete Aruni, wie die Flügelflossen der Elfen zuerst zu durchsichtigen Insektenflügeln wurden und dann in ihrer Haut verschwanden. Lediglich blaue Streifen blieben zurück.

      Dann ging der rote Elf zu Ilvio und strich vorsichtig über die Wunden an dessen Bauch. Er sagte etwas zu der Frau. Diese rannte ins Meer und tauchte unter.

      Aruni sank auf den feuchten Sand und versuchte wieder zu Atem zu kommen. Etwas Warmes legte sich schwer auf ihre Schultern. Sie sah zur Seite. Lierd hockte neben ihr und sah zerknirscht auf den verletzten Ilvio. Er sagte nichts, aber Aruni kannte ihn gut genug, um in seinem Gesicht zu lesen, dass es ihm leid tat. Sie zog seine Lederjacke enger um sich und starrte auf Ilvios Brust, die sich nur noch langsam hob und senkte. Verzweifelt nahm sie seine Hand und ließ sie nicht mehr los, bis die leuchtend blaue Frau mit drei anderen ihrer Art aus dem Meer auftauchte und zu Ilvio lief.

      Vielleicht seine Familie, dachte Aruni. Sie werden ihm helfen können.

      Aber ihre Gesichter waren besorgt. Eine der Frauen, die eine ziemlich normale Hautfarbe hatte, drehte sich zu Aruni um. „Was ist passiert?“, fragte sie. Sie sprach mit deutlich weniger Akzent und ihre Flügel verschwanden augenblicklich. Aruni hätte sie für einen Menschen gehalten, wenn sie es nicht besser gewusst hätte.

      „Er wollte mich retten und dann wurde er verletzt“, antwortete Aruni und schielte zu Lierd. Zu ihrem Erstaunen erhob er sich. „Es tut mir leid, wir haben uns gestritten und der Kampf ist eskaliert. Er ist unglücklich gestürzt.“ Er senkte seinen Kopf und setzte sich schuldbewusst wieder in den Sand neben Aruni.

      Die Frau sah ihn ernst an. „Es tut dir leid. Damit ist viel gewonnen.“ Sie suchte eine kleine Muschel aus dem Sand, brach sie in zwei Hälften und drückte sie auf die Haut an ihrem Unterarm. Ein dünner blauer Schnitt bildete sich, in dem Blut aufquoll. Langsam ließ sie sich im Sand neben Ilvio nieder. Aruni beobachtete mit einem dumpfen Gefühl von Ehrfurcht, Ekel und Angst, wie die Frau ein dünnes Rinnsal von blauem Blut über ihre Finger an Ilvios Bauch laufen ließ. Das Blut rann über seine helle Haut und sickerte in die Wunde. Erstaunt sah Aruni, wie sich die Wunde schloss und vor ihren Augen verheilte. Nicht einmal eine Narbe blieb zurück.

      „Mein Neffe“, flüsterte die Frau und beugte sich hinunter zu Ilvios Gesicht. Sie hauchte ihm einen Kuss auf die Stirn. Er bewegte sich noch immer nicht.

      Aruni drückte seine Hand etwas fester und flüsterte seinen Namen. Sie hob seine Finger an ihre Brust und presste sie an ihr Herz.

      Ilvios Tante sah sie mit zusammengekniffenen Augen an. Dann entspannten sich ihre Gesichtszüge. „Du liebst ihn?“, fragte sie. Es war mehr eine Feststellung denn eine Frage. Aruni nickte trotzdem. Erneut kitzelten Tränen ihre Augen und rannen über ihre Wangen. Sehr lange saß sie an Ilvios Seite. Die Sonne ging unter. Mittlerweile klapperten Arunis Zähne wieder so haltlos aufeinander, dass Lierd sie schließlich schnappte und sie trotz Protest zum Wagen trug. Aruni war zu schwach, um sich zu wehren. Die Kälte hatte sie fest im Griff. Sie konnte nur da liegen, auf einem muffigen Rücksitz, die Decke des Autos anstarren und wurde von der wilden Fahrt durchgeschüttelt. Vorne stritten Lierd und Ash, aber Aruni verstand die Worte nicht.

      Kapitel 20

      Zuerst roch Ilvio das Meer. Sein Herz wurde weit, er hatte es vermisst. War er tot? Er konnte sich nur verschwommen erinnern, wie sich der Steinsplitter in seinen Bauch gebohrt und sich der Schmerz kalt und dumpf in seinem Körper ausgebreitet hatte. Und dann hatte er Arunis Wärme gespürt, jemand hatte ihn getragen, zusammen mit zwei anderen. Hierher? Vielleicht lebte er doch noch? Allmählich drangen Stimmen zu ihm durch. Zu seiner Linken murmelte jemand etwas. Tante Yaralia?

      Die Stimmen verstummten. Er spürte einen Druck an seinen Fingern. Eine vertraute Stimme sprach seinen Namen.

      Als er die Augen aufschlug, sah er in das Gesicht seiner Tante. Blendend blauer Himmel umrahmte ihr Gesicht. Neben ihr saßen Titus und Licaria und noch ein paar andere, die er im Gegenlicht nicht erkennen konnte. Wo war Aruni?

      Tante Yaralia sah ihn streng an. „Ilvio d'Amarilla“, sagte sie. „Was machst du für Sachen? Einfach in die Menschenwelt abzuhauen, ohne mir etwas zu sagen! Und dann findest du dort auch noch innerhalb weniger Tage deine große Liebe und nein, keine Elfe, noch nicht einmal eine Menschenfrau, eine Dämonin. Eine Feuerdämonin!“

      „Du hast Aruni gesehen? Wo ist sie?“ Ilvio versuchte sich aufzusetzen.

      „Sie hat dich hergebracht und uns geholt. Eine tapfere Frau. Wir dachten alle, es wäre zu spät. Dein Herz hatte schon aufgehört zu schlagen. Sie ist in die Stadt zurückgekehrt. Sie wollte nicht, aber dieser Dämon, dem du offensichtlich deine Verletzungen verdankst, hat sie in sein Auto gepackt und ist gefahren.“

      „Ich muss zu ihr.“

      Sanft drückte Yaralia ihn wieder in den Sand. „Du musst überhaupt nirgendwo hin, du musst dich erholen. Erst, wenn du wieder bei Kräften bist, kannst du sie suchen gehen.“

      „Sie ist in Schwierigkeiten. Wegen mir!“

      „Was für Schwierigkeiten?“, fragte Yaralia.

      „Dämonen dürfen sich nicht mit anderen Arten mischen. Ihr Fürst wird sie bestrafen, weil sie mich liebt“, flüsterte er.

      Yaralia schnaubte. „Es ist doch immer wieder dasselbe.“

      „Ich muss um sie kämpfen“, sagte Ilvio bestimmt.

      Probehalber richtete er sich ein wenig auf. Jemand reichte ihm eine Hand.

      „Ich bin dabei“, sagte Yaralia. „Aber erst, wenn du wieder kräftig genug bist.“ Die anderen Meereselfen stimmten zu.

      Ilvio drückte ihre Hand.

      Kapitel 21

      Alles um Aruni herum wirkte rabenschwarz. Die Sonne, die Häuser, das Wasser. Nicht mal Ash konnte sie aufmuntern. Je näher sie den Katakomben kam, desto weniger musste Ash sie stützen. Lierds Arm stieß Aruni immer wieder weg. Aruni setzte einfach einen Fuß vor den anderen. Jetzt hatte alles keinen Sinn mehr. Nach allem, was passiert war, konnte Ilvio sie unmöglich noch lieben. Den Angriff ihres Bruders, die unmögliche Art der anderen Dämonen – all das würde er ihr garantiert nicht verzeihen. Und alles nur wegen dieses bescheuerten Gesetzes. Bedrückt folgte sie ihrem Bruder in die Tunnel. Wenn Ilvio überhaupt noch lebte. So lange konnte die Heilung doch nicht dauern? Man hätte doch irgendeine Besserung sehen müssen.

      Niemand sagte ein Wort. Sie waren wieder unter der Erde. Die Luft roch heiß und schwarz. Ein dumpfer Trommelschlag galoppierte durch den Tunnel auf sie zu. Die Musik schwoll an, man hörte nun auch andere Instrumente und die kreischende Stimme des Sängers.

      Mehrere Dämonenpärchen tanzten eng umschlungen in dem großen Raum, Flammen züngelten an den Wänden empor. Aruni spürte, wie die Wärme sie durchdrang und sie endlich wieder ihre Finger und Zehen richtig spürte. Trotzdem blieb in ihrer Brust ein taubes Gefühl. Aruni starrte auf die tanzenden Dämonen. Es war ein leidenschaftlicher Tanz. Sie bewegten sich schnell und flüssig. Immer wieder hielt eins der Paare inne, um sich wild zu küssen.

      Die Musik wurde lauter und lauter, Aruni kannte keinen der Dämonen, die Schlagzeug und Gitarre malträtierten. Aber die Musik rauschte durch ihre Blutbahn.

      Ein rasender Trommelwirbel. Zwei Dämonen betraten den Saal durch die gegenüber liegende Tür. Es waren Fürst Luzius und Malenka. Das taube Gefühl in Arunis Brust vermischte sich jetzt mit Angst und Wut. Trotzig blieb sie stehen und hob das Kinn. Der Ring um ihren Schweif schien enger zu werden.

      Malenka hatte sie entdeckt und riss entsetzt die Augen auf. „Was machst du hier?“, konnte Aruni eine wortlose Frage von ihren Lippen lesen. Aruni gab keine Reaktion zu erkennen.

      Fürst Luzius kam bedrohlich auf sie zu. Seine Augen glühten. „Du kommst, um deine Strafe zu erhalten?“, donnerte er.